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Frage von Matthias P. •

Frage an Stefan Rebmann von Matthias P. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Stefan Rebmann,

eine Frage zur Eurorettung:

Nach langen Verhandlungen wird es ein drittes Rettungspaket für Griechenland geben.

Dem Vorausgegangen ist der Bruch wichtiger Grundlagen der Währungsunion (No-Bail-Out Regel, Stabilitätspakt, Verbot der Staatsfinanzierung) und der Aufbau gewaltiger ökonomischer Ungleichgewichte (Target II 719,352 Mrd. Euro, divergierende Zinssätze, divergierende Arbeitslosigkeit). Die Risiken der Krisenstaaten sind zu einem Grossteil sozialisiert worden.

Es ist offensichtlich, dass es im Euroraum keine gleichgerichtete Wirtschafts- und Fiskalpolitik gibt. Auch die von der Bundesregierung genährte Hoffnung, durch vertiefte Integration (Sparkommissar, Fiskalpakt) die Mängel der Währungsunion zu beheben, ist unreal. Seid dem Vertrag von Maastricht hat die EU keine substantiellen Integrationsfortschritte gemacht.

Oft wird darauf hingewiesen, dass Deutschland besonders vom Euro profitiert. Dann frage ich mich, warum sich die deutsche Exportstärke nicht in Lohnzuwächsen niederschlägt, das Defizit auf Bundesebene weiter wächst, die Renten in Deutschland effektiv gekürzt werden und die Sparer aufgrund der EZB-Geldpolitik mit null-Zinsen enteignet werden.

Vor diesem Hintergrund gewinne ich den Eindruck, dass das Projekt Euro wirtschaftlich gescheitert ist und dessen politische Fortsetzung sehr reale Kosten und Risiken für Deutschland und die anderen Staaten der Eurozone hat. Die Rettungspolitik der Bundesregierung ist gescheitert.

Daher meine Fragen:
- Werden Sie für das dritte Hilfspaket für Griechenland stimmen?
- Die strukturellen Schwächen der Währungsunion werden weiter bestehen und machen dauerhafte Transfers nötig. Damit ist eine Transferunion Realität. Unterstützten Sie diese Politik?
- Wie stehen Sie zum Bruch der Bestimmungen des Maastrichter Vertrags? Ist die EU nicht eine Union des Rechts und Deutschland ein Rechtsstaat?

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.

Viele Grüße
Matthias Pintsch

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Pintsch,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage zu meinem Abstimmungsverhalten in der Frage um das sogenannte dritte Rettungspaket für Griechenland.

In der Abstimmung zu Antrag der Bundesregierung habe ich mit Enthaltung gestimmt.
Auf der einen Seite stehe ich dem Vorgehen der Bundesregierung wie auch den vorgelegten Ergebnissen in Teilen sehr kritisch gegenüber. So hat die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag nicht annähernd genug Zeit gegeben, um sich mit dem Antrag in gebührendem Umfang auseinanderzusetzen. Zu dem Zeitpunkt, als Ihre Anfrage bei mir einging, lag noch keine einzige der insgesamt über 190 Seiten Text in meinem Posteingang.
Auf der anderen Seite ist der Schritt weiterer Hilfen für Griechenland auch weiterhin richtig. Denn nach wie vor gilt, dass wir uns eine Insolvenz Griechenlands nicht leisten können. Die Folgen für die gesamte Eurozone und für uns als Exportnation, die einen immensen Teils ihres Wohlstands mit Exporten in die Europäische Union erwirtschaftet, wären unvorhersehbar. Die finanziellen Hilfen sind notwendig und sie sind in unserem eigenen Interesse.
Ebenso richtig bleibt aber, dass wir die einseitigen Sparauflagen der Troika um ein europäisches Wachstumsprogramm erweitern müssen. Griechenland hat heute nicht nur einen Schuldenstand von über 170 Prozent des Bruttoinlandprodukts, es hat seit Beginn der Krise auch 15 Prozent seiner Wirtschaftskraft verloren. Besonders an dieser Stelle müssen wir unsere Anstrengungen fokussieren. Die Bundesregierung bleibt in dieser Frage leider ebenso still wie in der Frage der angekündigten Finanztransaktionssteuer.
Vor dem Hintergrund dieser Unzulänglichkeiten und dem mangelhaften Umgang mit dem Parlament konnte ich nicht ruhigen Gewissens zustimmen.

Der Begriff Transferunion, um auf Ihre zweite Frage einzugehen, soll Ängste schüren, Deutschland müsse entgegen dem eigenen Interesse unnötige Verantwortung übernehmen. In der Tat haben wir aber bereits heute jede Menge Transfers innerhalb der Europäischen Union. Deutschland ist dabei nicht nur der größte Nettozahler, sondern insbesondere als Exportnation auch einer der größten Profiteure der EU.

Sofern Sie in Ihrer letzten Frage auf die Nichtbeistandsklausel in § 125 des Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU-Vertrag) anspielen, muss ich Ihnen widersprechen. Der AEU-Vertrag kennt auch § 122, demzufolge finanzielle Hilfen für Mitgliedsstaaten unter bestimmten Umständen zulässig sind. Die genaue juristische Beurteilung will ich aber den Gerichten überlassen. Und auch, wenn ich mich wiederhole, gilt: Griechenland alleine zu lassen, liegt nicht in unserem Interesse als europäische Exportnation.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Rebmann