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Simone Tolle
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Frage von Sabine T. •

Frage an Simone Tolle von Sabine T. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau Tolle,

Sieht Ihre Partei es als Aufgabe an, den Auf- und Ausbau der Öffentlichen Bibliotheken gezielt zu fördern?
Bestehen in Ihrer Partei bereits konkrete Vorstellungen oder Konzeptionen, die in diese Richtung zielen?

Sieht Ihre Partei es als eine Aufgabe des Landes bzw. der Landespolitik an, die Zusammenarbeit von Schulen und Bibliotheken gezielt zu unterstützen und dafür auch finanzielle und personelle Ressourcen bereitzustellen?

Existieren bereits Planungen, um die Zusammenarbeit von Schulen und Bibliotheken auf eine effektive Basis zu stellen bzw. planen Sie solche Programme für die nächste Legislaturperiode?

Wird sich Ihre Partei für ein Bibliotheksgesetz in Bayern einsetzen?
Sieht Ihre Partei alternative Möglichkeiten der rechtlichen
Absicherung der Bibliotheken auf Landesebene? Wenn ja,
welche?

Vielen Dank für eine Antwort!

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Teigelkämper,

über die Rolle der Bibliotheken in Bayern habe ich bereits eine umfangreiche Stellungnahme für den Bibliothekenverband verfasst. Diese gebe ich Ihnen nachfolgend zur Kenntnis.

Mit freundlichen Grüßen
gez. Simone Tolle, MdL

Rechtliche Absicherung der Bibliotheken
Der Spardruck vergangener Jahre hat dazu geführt, dass zahlreiche öffentliche Bibliotheken ihr Angebot einschränken mussten oder vor der Schließung stehen. Dies liegt an der mangelnden Bereitschaft der Staatsregierung, das kulturelle Bildungsangebot und damit die Bibliotheken ihrer herausragenden Bedeutung entsprechend zu fördern. Problematisch ist auch, dass die Bereitstellung von Bibliotheken in Bayern lediglich eine freiwillige Leistung ? nicht jedoch Pflichtaufgabe ? der Kommunen ist. Unter Haushaltsengpässen der Kommunen haben Bibliotheken und ihr Personal deshalb immer mit als erste zu leiden. Dies wollen wir ändern. Dabei haben die ausreichende finanzielle und personelle Ausstattung der Bibliotheken und damit der Erhalt eines flächendeckenden Bibliotheksangebots für uns oberste Priorität. Ein Bibliotheksgesetz, welches ? wie von Ihnen vorgesehen ? unter Wahrung des Konnexitätsprinzips eine gesetzliche Grundlage bietet, die Existenz der Bibliotheken auch in Zeiten kommunaler Sparmaßnahmen zu garantieren, unterstützen wir daher. Die Einführung eines Bibliotheksgesetzes darf jedoch keine isolierte Maßnahme bleiben sondern sie muss Teil eines Maßnahmenpakets sein, welches die Leistungsfähigkeit der bayerischen Bibliothekslandschaft durch eine flächendeckende optimale Ausstattung und eine effiziente Vernetzung der einzelnen Einrichtungen stärkt und somit dazu beiträgt, dass die Bibliotheken - angesichts des Übergangs zur Wissens- und Informationsgesellschaft - ihrer besonderen Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit Bayerns gerecht werden können.

Die Öffentlichen Bibliotheken als unverzichtbarer Bestandteil des Bildungssystems in Bayern
Gerade angesichts der gesellschaftlichen und ökonomischen Dynamik in einer globalisierten Welt ist die Bedeutung von Bildung für die Zukunftsfähigkeit Bayerns nicht hoch genug zu bewerten. Leider müssen wir jedoch feststellen, dass Schlagworte wie "Wissens- und Informationsgesellschaft" oder "Lebenslanges Lernen" oft nur leere Worthülsen bleiben und sich die steigende Bedeutung von Bildung für die Zukunftschancen des Einzelnen, der Gesellschaft und der bayerischen Wirtschaft nicht in den Rahmenbedingungen des Bildungssystems widerspiegelt. Dies gilt in besonderem Maße für die bayerische Bibliothekslandschaft. Vor allem auf dem Land leiden die Bibliotheken unter den Sparzwängen. Um dem zunehmenden Stadt/Land-Gefälle bei der Grundversorgung mit (kulturellen) Bildungsangeboten und damit der ungleichen Verteilung von Bildungs- und Zukunftschancen entgegenzuwirken, brauchen wir flächendeckend ein leistungsfähiges Bibliothekswesen. Der besonderen Bedeutung der Bibliotheken für Bildung, Kultur und Wissenschaft entsprechend müssen wir sie deutlich mehr als bisher in einer bildungspolitischen Gesamtstrategie verankern. Durch die Stärkung und Förderung der Kooperation von Öffentlichen Bibliotheken mit anderen Bildungseinrichtungen wie Kindergärten, Schulen oder auch Einrichtungen der Erwachsenenbildung können wir vielfältige Potenziale und Synergieeffekte nutzen und die Bibliotheken gleichzeitig zu zentralen Agenturen ?lebenslangen Lernens? in Bayern machen. Für diese Aufgaben müssen die öffentlichen Bibliotheken jedoch finanziell besser ausgestattet werden. Dafür haben wir uns im Bayerischen Landtag - nicht nur in den Haushaltsverhandlungen - wiederholt eingesetzt und werden dies auch in Zukunft tun.

Kooperation von Schulen und Bibliotheken
Besonders im Bereich der schulischen Bildung bietet die Kooperation mit öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken vielfältige Chancen. So zeigen PISA-Gewinner wie beispielsweise Finnland wie durch ein hohes Maß an Koordination und Zusammenarbeit zwischen Schulen und Bibliotheken die Leistungsfähigkeit des Schulsystems gestärkt werden kann. Aufgrund der Tatsache, dass im bayerischen Schulsystem derzeit weder der zeitliche Rahmen noch personelle oder finanzielle Mittel für eine vergleichbare Kooperation zur Verfügung stehen und die Bibliotheken größtenteils nicht in einer bildungspolitischen Gesamtstrategie verankert sind, bleiben diese Chancen in Bayern bisher jedoch ungenutzt. Die rhythmisierte Ganztagsschule bietet den Freiraum und die Möglichkeit, in Kooperation mit außerschulischen Akteuren ? in diesem Fall mit den öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken ? ein vielfältiges Bildungsangebot bereitzustellen, welches den SchülerInnen neben sozialen oder kreativen Kompetenzen auch wichtige Schlüsselqualifikationen wie ?Informationskompetenz ? vermittelt. Neben dem zeitlichen Rahmen wollen wir durch entsprechende finanzielle und personelle Ressourcen dafür sorgen, dass der geschaffene Freiraum auch genutzt werden kann. Im Sinne einer effektiven und leistungsfähigen Zusammenarbeit unterstützen wir darüber hinaus Ihren Vorschlag, die Bibliotheken als Bildungspartner in die für die Schulen geltenden Bildungsstandards zu integrieren.

Wissenschaftsstandort Bayern
Der breite und optimale Zugang zu wissenschaftlicher Literatur und weiteren, vor allem digitalen Informationsangeboten zählt zu den entscheidenden Voraussetzungen für eine hochwertige Lehre und optimale Forschungsbedingungen an den Hochschulen in Bayern. Die von Ihnen erwähnte Anhörung im Bayerischen Landtag hat jedoch deutlich gezeigt, dass die staatlichen Bibliotheken diese Aufgabe im Rahmen der bestehenden finanziellen Ausstattung nicht erfüllen können. Gerade angesichts der gestiegenen Bedeutung von Bildung, des hohen Bedarfs an optimal ausgebildeten Fachkräften und der zunehmenden ? auch internationalen ? Konkurrenz um die besten WissenschaftlerInnen brauchen wir personelle, finanzielle und räumliche Rahmenbedingungen, die optimale Lern- und Forschungsbedingungen schaffen und damit dazu beitragen, dass der Wissenschaftsstandort Bayern national und international konkurrenzfähig ist. Die Verbesserung der Ausstattung der wissenschaftlichen Bibliotheken nimmt dabei eine zentrale Rolle ein; sie darf jedoch nicht die einzige Maßnahme zur Verbesserung der Lern- und Arbeitsbedingungen an den bayerischen Hochschulen bleiben. Überfüllte Hörsäle und marode Hochschulgebäude sind nur zwei weitere Beispiele dafür, welche Folgen die personelle und finanzielle Unterversorgung der Hochschullandschaft in Bayern nach sich zieht. Wir wollen deshalb durch ein langfristig angelegtes Hochschulausbauprogramm die Schwerpunkte im Staatshaushalt klar zugunsten der Hochschulen verschieben. Dies bedeutet, den Hochschuletat innerhalb der nächsten Legislaturperiode schrittweise um mindestens 2 Milliarden Euro anzuheben.