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Frage von Hermann P. •

Frage an Siegfried Kauder von Hermann P. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

„Seit einer Grundgesetzänderung ’69 ist es verboten, dass der Bund Landes- und die Länder Bundesaufgaben bezahlen.
Die Verträge zur Finanzierung für S21 sind daher null und nichtig“, so der renommierte Verfassungs-rechtler Hans Meyer,
Ex-Prof für Staats-, Verwaltungs- und Finanzrecht und 1996 bis 2000 Präsident der Humboldt-Uni.

Wie sehen Sie das Herr Kauder?

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Sehr geehrter Herr Palmer,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu den Finanzierungsverträgen im Rahmen von „Stuttgart 21“.

Nach Artikel 104a Absatz 1 GG gilt im Verhältnis von Bund und Ländern das sogenannte „Konnexitätsprinzip“ bei der Ausgabenfinanzierung. Der Bund auf der einen Seite und Länder und Kommunen auf der anderen Seite haben eine (teilweise) Ausgabenkompetenz nur für die Aufgaben, für die ihnen nach dem Grundgesetz eine (teilweise) Verwaltungskompetenz zusteht. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine sogenannte „Mischfinanzierung“, das heißt eine Finanzierung von reinen Bundesaufgaben durch Länder und umgekehrt, unzulässig ist.

Aus diesem Verbot der Mischfinanzierung leitet Herr Meyer die Nichtigkeit der Finanzierungsverträge für „Stuttgart 21“ ab. Hierbei ist zunächst festzustellen, dass im Fall des Infrastrukturprojektes „Stuttgart 21“ eine klare Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Ländern nicht möglich ist. Vielmehr überschneiden sich Aufgabenbereiche von Bund und Land im Rahmen eines Einzelprojektes. Der Bund ist gemäß Artikel 87e GG für die Verkehrsverwaltung für Eisenbahnen des Bundes zuständig, während die Länder gemäß Artikel 87e Abs. 4 GG für den Schienenpersonennahverkehr und damit auch für die Mitgestaltung des Schienennetzes sowie gemäß Artikel 30 GG für die regionale Wirtschaftsstruktur zuständig sind. Damit sind beim Bahnprojekt „Stuttgart 21“ sowohl Aufgabenbereiche des Bundes, als auch Aufgabenbereiche des Landes Baden-Württemberg betroffen.

Für diesen Fall von sich überschneidenden Zuständigkeiten steht nach herrschender juristischer Auffassung und nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (vgl. BVerwGE 81, Seite 314) Artikel 104a Abs. 1 GG einer Finanzierung der betroffenen Maßnahme durch zwei Hoheitsträger nach dem Anteil ihrer Zuständigkeiten nicht entgegen.

Aus diesem Grund ist die Ansicht des Verfassungsrechtlers Hans Meyer hinsichtlich der Verträge im Rahmen von Stuttgart 21 nach meiner Auffassung unzutreffend und die Mitfinanzierung des Projektes durch das Land Baden-Württemberg verfassungsrechtlich zulässig.

Mit freundlichen Grüßen

Siegfried Kauder MdB