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Frage von Helmut R. •

Frage an Siegfried Kauder von Helmut R. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr.Kauder, Berlin,23.01,2013

seit geraumer Zeit treibt mich die Frage nach dem gesetzlichen Status der Deutschen Hauptstadt um.Das hat seine Ursache,da mir schon vor Jahren von einer Behörde gesagt wurde Berlin wäre rechtlich "Altbundesland".Dem widerspricht nicht nur die Realität in meiner Stadt, sondern Berliner Abgeordnete des Bundestages (Juristen von FDP,SPD,Grüne und Linke),die ich darauf angesprochen habe geben mir bislang keine Antwort;lediglich Dr.Gysi gibt mir eine unbfriedigende Antwort vom 21.01.2013(in"Abgeordnetenwatch" nachzulesen).Nun wende ich mich an Sie, Herr Dr.Kauder,als kompetenten Vertreter der Bundesregierung und als Juristen.Stimmt es,was Dr. Gysi behauptet,daß es keine gesetzliche Regelung zum RECHTSTATUS BERLINS gibt und das in "Eizelgesetzen" "von Fall zu Fall "geregelt" wird? Derartige Rechtsunsicherheit ist für mich als gebürtigem "Reichsdeutschen (geb.1934)",der in der ehemaligen DDR gelebt hat,sich aber nicht als "DDR-Bürger"gefühlt und geautet hat,nicht nachvollziehbar.Nach meinem Kenntnisstand gehörte Ostberlin völkerrechtlich zur DDR,nicht jedoch Westberlin zur Bundesrepublik Deutschland.In der 1.Zwischenantwort zu meiner eindeutigen Frage hat mir das Büro von Dr.Gysi in einer "Wischiwaschiantwort" geschrieben,daß zur Zeit der Wiedervereinigung die Mehrheit der Berliner Bevölkerung Westberliner gewesen wären...
(auch nachzulesen in "Abgeordnetenwatch").Ich bitte Sie,verehrter Herr Dr. Kauder meine Frage zum
RECHTSSTATUS der DEUTSCHEN HAUPTSTADT konkret und ohne Umschweife zu beantworten.
Für Ihre Antwort bedanke ich mich schon im voraus
Helmut Richter

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Sehr geehrter Herr Richter,

Art. 23 a.F des Grundgesetz sowie Art. 1 Absatz 2 der Berliner Verfassung von 1950 weisen Berlin bzw. Groß-Berlin als Land der Bundesrepublik Deutschland aus. Aufgrund des in Berlin geltenden Viermächte-Status wurde jedoch von den West-Alliierten Ende August 1950 angeordnet, dass die Art. 1 und 2 der Berliner Verfassung zurückgestellt werden. Berlin sollte keine Eigenschaften eines Bundeslandes besitzen.

Das Bundesverfassungsgericht entschied 1957 trotz des herrschenden Viermächte-Status, dass die Bundesrepublik aus den in Art. 23 a.F. GG genannten Ländern einschließlich Groß-Berlin, d. h. Ost-und Westberlin besteht. Der Status des Bundeslandes Berlins sei lediglich durch den sog. Vorbehalt der Vertreter der Westmächte, der bis ins Jahr 1990 galt, gemindert bzw. belastet. De facto bezog sich der Einflussbereich der Bundesrepublik nur auf Westberlin.

Allerdings hatten die West-Alliierten weder West - noch Ostberlin je als Bestandteil der Bundesrepublik oder der DDR anerkannt, sondern Berlin als besetztes Gebiet behandelt. Berlin war für sie kein Bestandteil der Bundesrepublik. Das Viermächte-abkommen über Berlin vom 03.09.1971 bestätigte den Viermächte-Status Berlins. Es stellte aber auch fest, dass zwischen der Bundesrepublik und Westberlin besondere Bindungen bestehen. So wurden in der Regel die meisten Gesetze der Bundesrepublik in Westberlin übernommen.

Für die Sowjetunion handelte es sich bei Westberlin um ein eigenständiges politisches Gebilde, das für sie kein Teil der Bundesrepublik war. Ostberlin wurde da-gegen als Teil der DDR angesehen und entsprechend eingegliedert. Dies stellte aus Sicht der West-Alliierten einen Verstoß gegen den Viermächte-Status dar, der sich für sie auf ganz Berlin und nur auf Westberlin erstreckte.

In Art.1 Absatz 1 des Einigungsvertrags zwischen der Bundesrepublik und der DDR vom 31.08.1990 werden lediglich die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen als „neue“ Länder der Bundesrepublik bezeichnet. Berlin hingegen wird nicht erwähnt. Absatz 2 erklärt lediglich, dass die 23 Bezirke Berlins das Bundesland Berlin bilden.

Mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag vom 12.09.1990 wurden alle Rechte und Verant-wortlichkeiten aufgegeben, die den Alliierten bezüglich Berlin und Deutschland als Ganzes zustanden. Damit hatte das vereinte Deutschland wieder die volle Souveränität über seine Angelegenheiten.

Unter dem Begriff „Beitrittsgebiet“ ist dasjenige Gebiet zu verstehen, in dem noch abweichende bundesrechtliche Regelungen galten. Bis zum 02.10.1990 galt das Grundgesetz der BRD nicht in Ostberlin. Daher ist die Gleichsetzung des Begriffs „Beitrittsgebiet“ mit dem Begriff „neue Bundesländer“ ungenau. Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Siegfried Kauder MdB