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Frage von Sebastian H. •

Frage an Sebastian Edathy von Sebastian H. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Edathy,

ist es richtig, daß Sie im Zusammenhang mit dem Mordversuch an Polizeichef Alois Mannichl in Passau folgendes gesagt haben:

„Bei Körperverletzungen mit rechtsextremer Motivation darf es grundsätzlich keine Bewährungsstrafen mehr geben."

Falls Sie das gesagt haben, würde interessieren, wie Sie diese Aussage vor dem Hintergrund von Art. 3, Abs. 1 & 3 GG (Gleichheitsgrundsatz & Diskriminierungsverbot) rechtfertigen können.

Wenn Sie gestatten, hätte ich noch eine Zusatzfrage:
Was hielten Sie davon, wenn ein CSU-Politiker das gleiche für linksextremistisch motivierte Körperverletzungen forderte?

Mit freundlichen Grüßen,

Sebastian Hild

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Hild,

vielen Dank für Ihre Fragen vom 15. Dezember 2008. Sie kritisieren die von mir aufgestellte Forderung nach einem Ausschluss von Bewährungsstrafen bei rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten.

Lassen Sie mich zunächst betonen, dass selbstverständlich vor dem Gesetz alle Menschen gleich sind.

Kein Zweifel besteht zudem daran, dass alle Straftaten effektiv geahndet werden müssen.

Dennoch ist es nach meinem Dafürhalten falsch, jede Form der Gewalt, unabhängig von der ihr jeweils zu Grunde liegenden Motivlage, undifferenziert zu bewerten und die besondere Gefahr, die rechtsextremistisch motivierte Gewalt für die Demokratie in unserem Land darstellt, zu relativieren. Ich halte daher den Ausschluss von Bewährungsstrafen bei Körperverletzungen, die mit rechtsextremer Motivation begangen werden, für ein notwendiges Mittel, um dieser Gefahr zu begegnen, denn die Beweggründe der rechtsextremen Täter sind – selbst gegenüber anderen Gewaltstraftaten – als besonders verwerflich anzusehen.

Rechtsextreme und ausländerfeindliche Straftaten, die so genannte Hasskriminalität, sind deshalb besonders gefährlich, weil sie die Basis unseres zwischenmenschlichen Zusammenlebens angreifen: die Universalität der Menschenwürde. Die Täter wählen ihre Opfer meist zufällig aus, ohne dass eine direkte oder persönliche Beziehung besteht. Die Opfer werden stellvertretend für eine den Tätern verhasste Minderheitengruppe allein aufgrund ihrer z.B. Hautfarbe, Nationalität, Religion, Behinderung oder einfach ihres Lebensstils zu Opfern. Besonders dramatisch: Die Betroffenen können nichts daran ändern. Ihre „Merkmale“, weshalb sie Opfer von brutalen Gewaltattacken geworden sind, sind von ihnen nicht beeinflussbar. Sie werden symbolisch für eine gesamte Gruppe erniedrigt. Andere Gewalttaten sind dagegen in der Regel Beziehungsstraftaten.

Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass mein Vorschlag nach Strafverschärfung von „Hate-Crimes“ und nach Nichtaussetzung zur Bewährung in solchen Fällen nicht neu ist: So hatten die Länder Brandenburg und Sachsen-Anhalt bereits im Jahr 2007 eine Gesetzesinitiative im Bundesrat zur entsprechenden Verschärfung des Strafrechts bei „Hasskriminalität“ vorgelegt (Bundesrats-Drucksache 572/07). Der Bundesrat hat diese am 13. August 2008 in leicht abgeänderter Form als Gesetzentwurf beschlossen (Bundestags-Drucksache 16/10123). Ebenfalls hat bereits im Jahr 2002 die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz gegenüber der Bundesrepublik gefordert, rassistische Beweggründe bei allen Straftaten als strafverschärfend zu bewerten. Hinzukommend ist während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 einstimmig ein Rahmenbeschluss ergangen, in dem die Justizminister der EU fordern, rassistische und fremdenfeindliche Beweggründe bei Gewalttaten als strafverschärfend zu berücksichtigen. In Großbritannien, Schweden, Spanien und Italien sind die entsprechenden Rechtsnormen bereits vor geraumer Zeit entsprechend verändert worden.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB