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Sabine Bätzing-Lichtenthäler
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Frage von Michael S. •

Frage an Sabine Bätzing-Lichtenthäler von Michael S. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Bätzing,

im Januar 2003 erklärte das BVerfG den § 1626a BGB, der unverheirateten Müttern die elterliche Alleinsorge zugesteht, für verfassungskonform und verwies die Regelung zur Prüfung an den Gesetzgeber weiter.
Im Namen der überregional tätigen Kreisgruppe Siegen-Wittgenstein des Väteraufbruch für Kinder e. V., und der überregionalen Siegener Selbsthilfegruppe für Opfer von Familientrennung möchte ich nachfragen, wie der Stand der Prüfung ist und welche Meinung Sie zum prinzipiell geteilten Sorgerecht für beide Eltern, unabhängig von Trauschein oder Trennung, haben.
Ist ferner angedacht, die Einordnung lediger Eltern und Geschiedener, die nicht mit ihren Kindern in einem Haushalt leben, in die Steuerklasse 1, die die Unterhaltspflicht nicht berücksichtigt, zu ändern?

Mit freundlichen Grüßen,

Michael Siebel

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Siebel,

vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich möchte zunächst kurz den zu erwartenden Ablauf des vom Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber überlassenen Prüfauftrages skizzieren.

Das Bundesministerium der Justiz hat einen Forschungsauftrag zur Prüfung der Frage, ob bei unverheirateten Elternteilen ein gemeinsames Sorgerecht bestehen soll, ausgeschrieben. Bewerbungen zu diesem Auftrag sind noch bis zum 25.11.2008 möglich. Aus diesem Zeitplan erscheint es wahrscheinlich, dass ein eventueller Ergebnisbericht nicht vor der neuen Legislaturperiode zu einer Umsetzung führen kann. Dies mag man bedauern, es wird sich jedoch um einen realistischen Zeitplan handeln.

Die Frage, was dabei herauskommen wird, lässt sich natürlich noch nicht beantworten. Einen kleinen Hinweis könnte die Anhörung des Rechtsausschusses aus dem Jahre 2004 zu dieser Thematik geben. Damals gab es eine Tendenz dahingehend, dass zumindest beim Zusammenleben der unverheirateten Eltern das Recht der Mutter, die gemeinsame elterliche Sorge zu gewähren durch eine originäre gemeinsame elterliche Sorge abgelöst wird.

Was meine eigene Auffassung angeht, so bin ich zunächst der Meinung, dass im Verhältnis zwischen den Eltern untereinander der Gleichheitsgrundsatz eigentlich eine gleiche Behandlung gebieten würde. Dies würde für ein gemeinsames Sorgerecht sprechen, unabhängig davon, ob die Eltern zusammenleben, das wollen oder nicht wollen.

Auch dass manche Väter das Sorgerecht vielleicht gar nicht wollen, halte ich nicht für ein Argument. Wer ein Kind zeugt, trägt dafür die Verantwortung, nicht nur finanzieller Natur und müsste das Sorgerecht auch annehmen.

Ich muss jedoch gegen das Väterinteresse an einem originären gemeinsamen Sorgerecht das Kindeswohl abwägen und auch praktische Überlegungen anstellen. Hier gibt es viele Faktoren zu bedenken. Es könnte zunächst sein, dass die Kindesmutter gar keinen Vater angibt (dieser muss nicht einmal in jedem Fall von seiner Vatereigenschaft wissen) oder ihn gar nicht kennt. Wie soll die Frage in diesem Fall geregelt werden? Soll es beim alleinigen Sorgerecht bleiben? Wie soll verfahren werden, wenn der Vater sich später meldet, wird dann aus dem alleinigen sorgerecht ein Gemeinsames? Auch könnte die Behauptung der Mutter, der wahre Vater sei gar nicht der Vater, zu einer deutlich erhöhten Anzahl an Vaterschaftsfeststellungsverfahren führen. Sorgerechtsprozesse würden möglicherweise ebenfalls zunehmen, da ein Paar, welches nicht mehr zusammenlebt, dennoch das gemeinsame Sorgerecht hätte, dies führt aber bei ehemals verheirateten Paaren sehr häufig zu Prozessen. Diese Überlegung stützt auch den Vorschlag, nur bei zusammenlebenden Paaren ein gemeinsames Sorgerecht einzuführen, wobei es hierbei natürlich zu Streitigkeiten darüber kommen kann, wann man noch zusammenlebte.

Es ist anerkannt, dass es dem Kindeswohl entspricht, wenn es nicht zu solchen gerichtlichen Streitigkeiten kommt.

Schließlich ergäbe sich möglicherweise eine andere Ungleichbehandlung, denn aufgrund der Regelungen des Familienrechtes gilt der Ehemann der Mutter als Kindesvater. Ein anderer Mann, der tatsächlich der Vater des Kindes ist, müsste durchs Anfechtungsverfahren. Ist die Mutter nicht verheiratet würde das nicht gelten.

Bei zufriedenstellender Beantwortung dieser Fragen kann ich mir sehr gut vorstellen, dass es zu einem grundsätzlich gemeinsamen Sorgerecht kommt. Über den Zeitplan habe ich mich bereits oben geäußert.

Pläne, die Einordnung in die Lohnsteuerklasse zu ändern, sind mir nicht bekannt. Mir ist auch nicht ganz klar, welche Einordnung sie stattdessen begehren. Eine Steuerklasse, die eine Unterhaltspflicht berücksichtigt, gibt es nicht. Lohnsteuerklassen sind zudem immer Ausdruck eines Vorteils (beziehungsweise) Nachteils auf eine später zu berechnende Einkommenssteuer. Die Lohnsteuer ist ja lediglich ein Vorschuss auf diese Steuer. Die Einordnung in die Klassen III, IV und V ist keine, die von der Eigenschaft als Elternteil abhängt. Hier geht es um den Ausdruck des Ehegattensplittings, das, jedenfalls so lange es aufrechterhalten wird, die Ehe, nicht die Elterneigenschaft schützt.

Mithin käme nur eine Einordnung in die Klasse II in Frage, in der sich ansonsten die Alleinerziehenden befinden. Diese Lohnsteuerklasse ist aber geschaffen worden, um der besonderen Belastung des/der Alleinerziehenden zu begegnen, die eben nicht nur finanzieller Natur ist, also nicht nur aus dem Naturalunterhalt bestehen, sondern weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass das alleinige Erziehen eines Kindes an sich eine besondere Belastung darstellt.

Kindesunterhalt (sowohl Naturalunterhalt, als auch finanzieller Unterhalt) kann im Regelfall auch nicht steuermindernd bei der Einkommenssteuer geltend gemacht werden, da hier als Ausgleich für Belastungen das Kindergeld, beziehungsweise der Kinderfreibetrag zuerkannt werden. Die Unterhaltsleistung gestattet daher gerade keine Steuererleichterung.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Äußerungen gedient zu haben, auch wenn es sich nicht gerade um mein Fachgebiet handelt.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Bätzing, MdB

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