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Rudolf Henke
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Frage von Klaus D. •

Frage an Rudolf Henke von Klaus D. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Henke,

mit der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes wird mit dem neuen Paragraphen 28a eine Möglichkeit geschaffen viele durch das Grundgesetz garantierte Freiheitsrechte ohne weitere Mitwirkung durch die Parlamente einzuschränken. Bedenken zu diesem Gesetzentwurf äußerten auch verschiedene Rechtsexperten. So kritisiert die Juristin Dr. Andrea Kießling von der Ruhr Universität Bochum die geplanten Änderungen im Infektionsschutzgesetz. Der neue Paragraf 28a genüge den Vorgaben von Parlamentsvorbehalt und Bestimmtheitsgrundsatz nicht. Die Vorschrift lasse keinerlei Abwägung der grundrechtlich betroffenen Interessen erkennen. Gerichte würden die Vorschrift höchstwahrscheinlich nicht als Rechtsgrundlage akzeptieren.

Bitte teilen Sie mir mit, wie Sie diese Bedenken beurteilen und wie und mit welcher Begründung Sie dem Gesetzentwurf zustimmen oder diesen ablehnen werden.

Vielen Dank im Voraus.
Dr. Klaus Zöltzer

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Dr. Zöltzer,
vielen Dank für Ihre Nachricht aus Hessen vom 15. November. Sie gehen darin auf den Entwurf der Koalitionsfraktionen vom 3. November für ein „Drittes Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ (Drucksache 19/23944) ein, den der Deutsche Bundestag am 18. November mit zahlreichen Änderungen aus dem parlamentarischen Verfahren beschlossen hat (Drucksache 19/24334). Wie Sie inzwischen vielleicht bereits in Erfahrungen bringen konnten, habe ich wie weitere 412 Kolleginnen und Kollegen dem Gesetz in der geänderten Fassung in namentlicher Abstimmung zugestimmt.

Ihnen geht es vor allem um den neuen Paragrafen 28a des Infektionsschutzgesetzes, der im Beratungsverfahren des federführenden Gesundheitsausschusses besonders viele Änderungen erfahren hat. Paragraf 28a nennt seit dem Inkrafttreten am 19. November die besonderen Schutzmaßnahmen, die die Bundesländer in Verbindung mit Paragraf 32 zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 über Rechtsverordnungen selbstständig umsetzen dürfen – solange die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Absatz 1 Satz 1 durch den Deutschen Bundestag vorliegt. Die neue Rechtslage schränkt die Möglichkeiten des Staates sowohl im Vergleich zum Bundes-Seuchengesetz von 1961 als auch im Vergleich zum Infektionsschutzgesetz von 2001 ein. Entgegen Ihrer Darstellung hat das 3. Bevölkerungsschutzgesetz somit nicht die Möglichkeit geschaffen, „viele durch das Grundgesetz garantierte Freiheitsrechte ohne weitere Mitwirkung durch die Parlamente einzuschränken“. In meinen Augen hat der Deutsche Bundestag vielmehr sowohl seine eigenen Rechte als auch die aller Bürgerinnen und Bürger verteidigt, indem er die seit 2001 geltende Generalklausel in Paragraf 28 des Infektionsschutzgesetzes für die derzeitige Corona-Pandemie deutlich enger gefasst hat. Genau so hatten es in den vorangegangenen Wochen auch Gerichte und wissenschaftliche Expertisen im Sinne der Rechtssicherheit nahegelegt. Die Befugnisse der seit jeher ausführenden Bundesländer sind nun konkret benannt, zudem stehen sie unter einem expliziten Parlamentsvorbehalt von Bundesseite.

Die erneute Nennung von Grundrechten im 3. Bevölkerungsschutzgesetz folgt dem sogenannten Zitiergebot des Grundgesetzes. Nach dessen Artikel 19 Absatz 1 Satz 2 sind von einem Gesetz berührte Grundrechte auch bei einer reinen Konkretisierung von Maßnahmen zu nennen, wie dies jetzt wie gesagt im neuen Paragrafen 28a des Infektionsschutzgesetzes allein für die derzeitige Corona-Pandemie geschehen ist. Die im Gesetz genannten Eingriffe müssen immer gerechtfertigt werden durch den Schutz von Leben und Gesundheit und durch das Aufrechterhalten der Leistungskraft des Gesundheitswesens. Besonders empfindliche Grundrechte, wie das Versammlungsrecht, die Religionsfreiheit und der soziale Kontakt zum Beispiel zu Bewohnern von Altenheimen wurden unter besonderen Schutz gestellt. Der Plenarbeschluss vom 18. November umfasst auch einen Änderungsantrag zu Paragraf 28a des Infektionsschutzgesetzes, wonach Rechtsverordnungen der Länder zu diesen Zwecken nun in ihrer Gültigkeit von vorneherein grundsätzlich auf vier Wochen befristet sind und mit einer Begründung zu versehen sind. Im Übrigen steht es dem Deutschen Bundestag bzw. allen Landesparlamenten jederzeit frei, jede Rechtsverordnung der Bundesregierung bzw. der jeweiligen Landesregierung einzeln wieder außer Kraft zu setzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rudolf Henke MdB