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Raju Sharma
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Frage von Annika H. •

Frage an Raju Sharma von Annika H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Sharma,

Für ein Schulprojekt im Wirtschaftspolitikunterricht soll ich Menschenbilder einzelner Parteien ausfindig machen.

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir erzählen könnten, welches Menschenbild Die Linke vertritt und an welchen Werten sie sich dabei orientiert.

Hochachtungsvoll, Annika Hock

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Hock,

vielen Dank für Ihre interessante Frage!

Grundlage aller Politik der LINKEN ist die Überzeugung, dass jeder Mensch - unabhängig von Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht oder jeder anderen Gruppenzugehörigkeit oder Eigenschaft - den gleichen Wert hat. Daraus folgt für uns politisch, dass jeder dieselben Chancen haben muss, ein würdiges, seinen Talenten, Bedürfnissen und Wünschen entsprechendes Leben zu führen. Elementar dafür ist in unserer Gesellschaft die Möglichkeit, sich zu bilden, einen Arbeitsplatz zu finden und ein Einkommen zu erzielen.
DIE LINKE setzt sich deshalb dafür ein, Chancengleichheit im Bildungssystem herzustellen und für angemessen bezahlte Arbeitsplätze zu sorgen - was derzeit leider in beiden Bereichen nicht der Fall ist.

Wenn der LINKEN in diesem Sinne "Gleichheit" also sehr wichtig ist, bedeutet das nicht, dass wir die Gleichheit aller Menschen in jeder Hinsicht anstreben - im Gegenteil halten wir es für genau so elementar, die Vielfalt und Buntheit des Lebens zu schützen und zu unterstützen. Denn dass Menschen unterschiedliche Bedürfnisse, Talente und Lebensvorstellungen haben, steht für uns außer Frage.

DIE LINKE ist auch überzeugt, dass der Mensch - so eigenständig er als einzelnes Selbst auch sein mag - immer auch Teil der Gesellschaft ist, in der er lebt, und von dieser geformt wird und von ihr abhängig ist. Wenn die schwarz-gelbe Koalition also - frei nach Margaret Thatchers Motto, dass es keine Gesellschaft, sondern nur Individuen gäbe - immer wieder die Eigenverantwortung des Einzelnen beschwört, halten wir LINKE dies für ein Ablenkungsmanöver von eigenem politischem Versagen: Wenn die Zahl der Erwerbslosen die Zahl der offenen Stellen auf dem Arbeitsmarkt um ein Vielfaches übersteigt, wenn die Sozialversicherungskassen leer sind, weil sich die Vermögenden an der Solidargemeinschaft nicht beteiligen müssen, wenn Menschen in Armut leben, weil es keine Mindestlöhne gibt, dann lässt sich wohl schwerlich sagen, an ihrer verzweifelten Situation seien die betroffenen Menschen ganz allein selbst schuld.

Von mancher Seite mag argumentiert werden, dass eine gerechte und solidarische Gesellschaft am Egoismus der Menschen scheitern müsse, dass Konkurrenz und Ellenbogenmentalität der menschlichen Natur eher entsprächen als Rücksichtnahme und Solidarität. Ich glaube das nicht. Das heißt nicht, dass ich den Menschen nicht auch für egoistisch und manchmal auch aggressiv, missgünstig oder gierig halte. Ich halte ihn aber ebenso für liebesfähig und -bedürftig, für mitfühlend und solidarisch. Und ich glaube, dass es von der Beschaffenheit und den Grundwerten einer Gesellschaft abhängt, welche Eigenschaften zum Vorschein kommen.

Freundliche Grüße

Raju Sharma
Mitglied des Bundestages