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Peter Bleser
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Frage von Tomas W. •

Frage an Peter Bleser von Tomas W. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Bleser,

wie aus verschiedenen Medien zu entnehmen war, hat der Bundestag letzte Woche ein neues Meldegesetz verabschiedet. Darin ist angeblich in § 44 die Möglichkeit enthalten, dass Firmen der Privatwirtschaft Auskunft über gespeichterte Daten enthalten können. Eine Zustimmung des Bürgers ist hierzu nicht notwendig.
Weiterhin können Privatfirmen schon vorhandene Bestandsdaten abgleichen. Das Meldeamt gibt den Firmen Auskunft über die neue Adresse, gegebenenfalls frühere Namen, Geburtsdatum und Geburtsort, Einzugs- und Auszugsdatum.
Ein Widerspruch zur Datenübermittlung greift hier nicht.

Mich würde interessieren:

- Warum wurde entgegen dem Ursprungsentwurf (der eine konkrete Zustimmung zur Datenübermittlung vorsah) die Opt-Out-Variante gewählt, wo der Bürger konkret die Übermittlung untersagen muss?

- Wie kann ich die Weitergabe meiner Daten auch zum "Bestandsdaten-Abgleich" widersprechen, oder ist dies im verabschiedeten Gesetz nicht vorgesehen?

- Wie beurteilen Sie diesen Gesamtumstand als verbrauchspolitische Sprecherin aus Sicht des Datenschutzes?

- Wie haben Sie sich bei der Abstimmung verhalten (sofern Sie das mitteilen möchten) und warum?

- Die Meldeämter dürfen für die Auskunft Gebühren erheben. Wie hoch sind diese oder unterscheiden sich diese von Bundesland zu Bundesland?

Vielen Dank für Ihre Beantwortung.

Mit freundlichen Grüßen

Tomas Wissel

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Wissel,

ich danke Ihnen sehr herzlich für Ihre Nachricht zu der aktuellen Diskussion um das Meldegesetz, was wahrlich viele Gemüter bewegt. Ihre Sorgen kann ich durchaus nachvollziehen und beantworte gerne Ihre Fragen.

Nach dem bisher geltenden Recht kann sowieso jede Person oder Stelle gegen Gebühr eine Auskunft einzelner Einwohner bei der Meldebehörde erhalten, wobei hierfür kein Zweck angegeben werden muss. Unternehmen können somit schon von jeher persönliche Daten beim Amt erfragen und abgleichen, sofern der Betroffene dem nicht widersprochen hat. Diese Widerspruchsmöglichkeit gibt es seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes von 2006 und greift, wenn die Anfrage offensichtlich zu Zwecken der Werbung („Direktwerbung GmbH“ oder "Adresshandel GmbH") erfolgt. Diese Offensichtlichkeit kann in der Regel von den Meldeämtern nicht erkannt werden.

Deshalb wird mit dem neuen Bundesmeldegesetz die Angabe der Zwecke "Werbung" und/oder "Adresshandel" erforderlich, sofern dieser Zweck verfolgt wird. Streitpunkt ist nun, unter welchen Bedingungen die Daten für diesen Zweck rausgegeben werden dürfen. Der Regierungsentwurf sah für die Bereiche Werbung und Adresshandel eine Einwilligungslösung (Opt-in) vor, die dann in einem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen in eine Widerspruchslösung abgewandelt wurde.

Grund dafür war die extrem aufwendige Verfahrensweise, die wegen ihres bürokratischen und finanziellen Aufwandes vor allem von kommunalen Vertretern angemahnt wurde. Deshalb wurde die Widerspruchslösung favorisiert. Der Vorwurf, die Koalition hätte nur die Adresslobby im Blick gehabt, ist nicht haltbar. Vielmehr ist die Koalition den Kommunen entgegengekommen.

Im Übrigen können die Daten von Unternehmen nur abgefragt werden, wenn diese bereits dem Unternehmen vorliegen und demnach bestätigt oder berichtigt werden sollen. Hier ist allerdings kein Widerspruch möglich, zumindest beim Amt. Somit ist der Bürger selbst in der Pflicht mit seinen persönlichen Daten verantwortungsvoll umzugehen. Durch die Teilnahme an Preisausschreiben etc. werden Adressen an Unternehmen gegeben. Der Weiterverwendung für Werbung und Weitergabe an beteiligte Unternehmen, wie Sponsoren der Preise, wird dann zugestimmt und nur selten widersprochen. Da für einen einzelnen Datensatz rund 10 Euro anfallen, ist es doch eher unwahrscheinlich, dass Unternehmer nun massenhaft Datensätze absaugen. Zumal es ihnen vor der Änderung wesentlich leichter möglich war.

Tatsächlich hat die Koalition also das Melderecht verschärft, da bisher die Weitergabe von Adressen viel weiter gefasst war.

Gerade in Zeiten von Facebook & Co. erscheint mir der ganze Aufruhr fragwürdig. Dass es sich bei Profilen in sozialen Netzwerken und in anderen Online-Plattformen um Fundgruben für Marketingabteilungen handelt, sollte jedem klar sein. Je mehr Nutzer von ihrer Privatsphäre freigeben, desto mehr Informationen werden an Marktforschungsunternehmen weitergegeben. Irgendwie müssen sich die oft kostenfreien Angebote auch refinanzieren lassen. Hier sehe ich ein viel größeres Risiko mit personalisierter elektronischer Werbung überschüttet zu werden.

Ich selbst habe an der Abstimmung nicht teilgenommen. Als Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Verbraucherschutz unterstütze ich den Regierungsentwurf mit der Einwilligungslösung. Allerdings erachte ich die Argumente der Koalition als ebenso stichhaltig.

Darüber hinaus habe ich mich bereits als Vorsitzender der Arbeitsgruppe für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gegen den unlauteren Adresshandel stark gemacht. Seit dem 01.09.2009 gilt deshalb ein neues Datenschutzrecht, was die Verwendung personenbezogener Daten zum Zwecke der Werbung regelt und nun grundsätzlich der Einwilligung des Betroffenen bedarf, wobei hiervon verschiedene Ausnahmen, bspw. für gemeinnützige Organisationen bestehen.

Die anstehenden Beratungen werden zeigen, wie die Interessen der Kommunen mit dem Recht auf informelle Selbstbestimmung der Bürger vereinbart werden können.

Ich hoffe, dass Ihnen die Informationen weiterhelfen. Gerne lasse ich Ihnen weitere Hintergrundinformationen zum Melderecht zukommen.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Bleser, MdB

Hintergrundinformationen zum Meldegesetz:

Die Fortentwicklung des Meldegesetzes mit dem Bundesmeldegesetz geht auf die Föderalismusreform I aus dem Jahre 2006 zurück und greift ab 2014. Bisher sieht das Melderechtsrahmengesetz auf Bundesebene keine Einschränkungen bei den Anfragen vor. Auf Länderebene gibt es teilweise ein Widerspruchsrecht. Die in den einzelnen Bundesländern unterschiedlichen Regelungen sollen nun mit dem Bundesmeldegesetz vereinheitlicht werden.

Folgende Daten können u.a. von Unternehmen erfragt werden: Vor- und Familiennamen, Doktorgrad und Anschriften. Daten nach einem Umzug innerhalb einer Gemeinde oder in eine andere Gemeinde können nicht abgefragt werden. Eine Auskunftssperre gibt es gegen die automatisierte Auskunft über das Internet oder in Ausnahmefällen, wie z. B. bei Zeugenschutzprogrammen.

Die Auskunftserteilung an Unternehmen ist in bestimmten Fällen durchaus berechtigt. So zum Beispiel bei Bürgern, die sich ummelden und falsche Adressangaben machen, um sich ihrer Zahlungsverpflichtung offener Forderungen entziehen wollen. Hier ist der wirtschaftliche Schaden höher einzuschätzen, als die Verletzung des Datenschutzes.

Der Bundesrat wird im Herbst über den Gesetzentwurf beraten. Sollten die Oppositionsparteien, wie derzeit angekündigt, das Gesetz stoppen, stehen die Bürger mit der alten Regelung noch schlechter da. Selbstverständlich hat der Bundesrat die Möglichkeit das Gesetz im Vermittlungsausschuss anzupassen.