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Peter Bleser
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Frage von Reinhard K. •

Frage an Peter Bleser von Reinhard K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Abhängigkeit vom Patriarchat?

Sehr geehrter MdB Peter Bleser,

Ist es richtig, dass das was wie eine unglaubliche Geschichte klingt, Heute, im Deutschland des 21. Jahrhunderts Gesetz ist oder werden soll? (Bundestag Drucksache 17/7916 vom 28.11.2011)Wenn z. B. eine Bäuerin und ihr Ehegatte das Rentenalter erreicht haben und wie jeder andere BundesbürgerIn seine/ihre Rente bekommen möchten, müssen sie vorher ihre landwirtschaftlichen Flächen oder ihren Wald bis auf einen kleinen Rest für mindestens 9 Jahre verpachten. Verpachten sie die Flächen nicht, gibt es keine Rente. Will der/die BetriebsleiterIn aber den Betrieb weiter bewirtschaften der Ehegatte aber nicht, bekommt der Ehegatte trotzdem keine Rente. Trennt er sich oder lässt er/sie sich vom Betriebsleiter scheiden wird die Rente gezahlt. Sehr geehrter Herr MdB Peter Bleser wenn Sie die Frage mit ja beantworten, nennen Sie mir bitte einen Beruf oder ein Land in Europa in dem Ehepartner in gleicher diskriminierenden Abhängigkeit leben müssen und sind Politiker/rinnen ebenfalls von solch einer Abhängigkeit betroffen?

Reinhard Koch

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Koch,

ich danke Ihnen für Ihre Nachricht über Abgeordnetenwatch, die ich gerne beantworte. Gleichzeitig bitte ich meine späte Antwort zu entschuldigen.

Die für den Bezug einer Rente aus der Alterssicherung der Landwirte vorausgesetzte Abgabe des Unternehmens (Hofabgabe) verfolgt das wichtige strukturpolitische Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit und damit die Einkommenssituation der landwirtschaftlichen Betriebe zu erhalten und zu verbessern, indem möglichen Hofnachfolgern bereits in relativ jungen Jahren die Verantwortung für den Betrieb übertragen wird. Dies ist auch heute noch zeitgemäß, da besonders in der Landwirtschaft eine Marktorientierung und eine flexible und den aktuellen Gegebenheiten angepasste Ausrichtung der Betriebe erforderlich ist. Hierfür bedarf es in hohem Maße der Qualifikation und Innovationsbereitschaft junger Landwirte. Ein weiterer Aspekt der Hofabgabeklausel ist der Umstand, dass durch diese Regelung der sich fortsetzende Prozess geringer werdender Beitragseinnahmen und steigender Rentenzahlungen in der AdL etwas abgemildert werden kann.

Dennoch werden bereits zum jetzigen Zeitpunkt die Leistungen aus der AdL zu mehr als 70 Prozent aus Bundesmitteln finanziert. Somit wird ein Großteil der gezahlten Renten nicht aus dem Beitragsaufkommen der Landwirte, sondern aus Steuergeldern geleistet. Die überwiegende Finanzierung der AdL aus Bundesmitteln rechtfertigt es, die Hofabgabe als Voraussetzung für einen Rentenbezug beizubehalten, da in diesem eigenständigen Alterssicherungssystem für die Landwirte neben einer sozial- und einkommenspolitischen Zielsetzung auch eine notwendige agrarstrukturpolitische Aufgabe erfüllt wird. Hierin unterscheidet sich die Alterssicherung der Landwirte wesentlich von der gesetzlichen Rentenversicherung.

Das bestehende Recht bietet für die Landwirte vielfältige Möglichkeiten, dem Erfordernis der Hofabgabe gerecht zu werden. So stehen unterschiedliche Abgabeformen zur Verfügung, wie zum Beispiel Veräußerung, Verpachtung, Stilllegung oder Abgabe unter Eheleuten, die auch nebeneinander zum Einsatz kommen können. Sollte trotz dieser vielfältigen Möglichkeiten eine Abgabe nicht gelingen, gilt eine landwirtschaftliche genutzte Fläche, die im Eigentum des Landwirts steht, auch als abgegeben, wenn gegenüber einer nach Landesrecht zuständigen Stelle eine Ermächtigung zur Landveräußerung und Landverpachtung zum ortsüblichen und angemessenen Preis erteilt wird. Bei Abgabe dieser Erklärung kann die Fläche durch den Landwirt bis zur tatsächlichen Veräußerung oder Verpachtung sogar weiterhin genutzt werden. In diesen Fällen wird neben der Weiterführung des Betriebes bereits die Rente in halber Höhe gezahlt. Neben diesen vielfältigen Formen der Hofabgabe können zudem sog. Rückbehaltsflächen abgabeunschädlich weiter bewirtschaftet werden. So genannte Fiktivlandwirte nach § 1 Absatz 3 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) - in der Regel handelt es sich hierbei um Bäuerinnen - unterliegen hinsichtlich der zu erfüllenden Voraussetzungen für den Bezug einer Altersrente dem gleichen Recht wie alle anderen Versicherten. Demnach muss auch der Fiktivlandwirt, um eine Rente aus der AdL beziehen zu können, das Hofabgabeerfordernis erfüllen. Würden Fiktivlandwirte hiervon ausgenommen, bedeutet dies zunächst gegenüber anderen in der AdL Versicherte eine Ungleichbehandlung, die sich durch objektive Sachgründe nicht rechtfertigen lässt.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass jedem Landwirt und Ehegatten eines Landwirts von Beginn ihrer beruflichen Tätigkeit an bewusst sein sollte, dass ein Anspruch auf Rente ohne eine wirksame Unternehmensabgabe nicht besteht, weil die Hofabgabeverpflichtung bereits im Jahr 1957 eingeführt wurde. Es liegt also keine plötzliche und unerwartete Rentenvoraussetzung vor. Es konnte langjährig Vorsorge getroffen werden, mit Erreichen der Altersgrenze alle Rentenvoraussetzungen zu erfüllen.

Die Hofabgabe als eine Voraussetzung für den Bezug einer Altersrente ist wiederholt höchstrichterlich bestätigt worden. Zuletzt hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 25. Februar 2010 - Az. B 10LW 1/09 R - die Vereinbarkeit des Erfordernisses der Hofabgabe mit dem Grundgesetz bestätigt, insbesondere im Zusammenhang mit Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung. Es gebe keinen Zwang, den Beruf als Landwirt aufzugeben, da eine freie Entscheidung getroffen werden kann, ob die Rente in Anspruch genommen werden soll oder nicht. Eine Weiterarbeit sei beispielsweise auch als Angestellter möglich. Ebenso hat das Bundesverfassungsgericht mehrmals entschieden, dass die gesetzliche Voraussetzung der Hofabgabe mit dem Sozialstaatsprinzip, der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes, dem allgemeinen Gleichheitssatz sowie dem Grundrecht der Berufsfreiheit vereinbar ist.

Um den veränderten Bedingungen in der Landwirtschaft Rechnung zu tragen, ist im Rahmen des von Ihnen angesprochen Gesetzes zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-NOG) eine weitere Modifizierung der Hofabgabeverpflichtung vorgesehen. Insbesondere ist beabsichtigt, die Abgabe unter Ehegatten ohne Altersgrenze zu ermöglichen. Bisher ist eine rentenunschädliche Hofabgabe unter Ehegatten nur dann möglich, wenn der die Flächen abgebende Ehegatte aus dem Unternehmen ausgeschieden ist und der übernehmende Ehegatte ein Lebensalter erreicht hat, ab dem er eine Altersrente vorzeitig in Anspruch nehmen kann. Damit ist in der weit überwiegenden Zahl der Fälle eine Hofabgabe unter Ehegatten bereits zum jetzigen Zeitpunkt möglich. Eine Abgabe unter Ehegatten kommt nach dem geltenden Recht allerdings nicht in Betracht, wenn der Altersunterschied zwischen den Ehegatten größer als 10 Jahre ist. Auf dieses Erfordernis soll zukünftig verzichtet werden, so dass eine Abgabe unter Ehegatten dann auch bei einem zwischen den Ehegatten bestehenden Altersunterschied von mehr als 10 Jahren möglich ist. Die jetzige Regelung, dass die Voraussetzung der Abgabe des Unternehmens bei der Abgabe an den Ehegatten nur solange als erfüllt gilt bis auch der übernehmende Ehegatte die Regelaltersgrenze erreicht hat, soll dabei nicht verändert werden.

In der Hoffnung, dass Ihnen die Informationen weiterhelfen, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen,

Peter Bleser, MdB