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Pascal Kober
FDP
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Frage von Andreas J. •

Frage an Pascal Kober von Andreas J. bezüglich Wirtschaft

Lieber Pascal Kober,

Atomenergie ist in den letzten 40 Jahren zu einem tödlichen Irrweg geworden,
allein der Uranabbau ist eine so starke Umwelt- und Menschenverseuchung, daß wir über die Nutzung der Kernenergie gar nicht reden brauchen.
1. Frage:
Haben Sie sich jemals über die Gewinnung von Uran informiert?

"Atomenergie ist für den Verbraucher im Vergleich zu Energiegewinnung aus Öl und Gas nur deshalb billiger, weil diese mit gewaltigen Subventionen gestützt wurde und immer noch gefördert wird. So haben Atomkraftwerke heute noch das Privileg, dass sie keine risikogerechte Haftpflichtversicherung abschließen müssen und - im Gegensatz zu Mineralöl und Erdgas - der Brennstoff Uran nicht besteuert ist."
Quelle:
http://umweltinstitut.org/fragen--antworten/radioaktivitat/radioaktivitat-35.html
2.Frage:
Was werden Sie tun, um die fehlenden Haftpflichtversicherungen einzufordern, oder ist es gut, wenn der Steuerzahler diese Kosten im Katastrophenfall trägt?

3.Frage:
Atommüll strahlt gut 1 Million Jahre.
Im Atomgesetz war die Betriebserlaubnis von ASKWs an den Nachweis eines Endlagers geknüpft, über 10 Jahre wurde dagegen verstoßen, bis heute gibt es noch kein Endlager, sogar weltweit.
Welche finanziellen Kosten wird der auch von Ihnen zugestimmte steigende Atommüllberg für eine sichere Endlagerung mit Schutz vor Austritt von Radioaktivität, vor terroristischen Anschlägen oder Diebstahl und bei geologischen Verschiebungen verursachen und wer trägt diese Kosten?

Ich bin auf Ihre Antwort gespannt
und grüße Sie herzlich aus TRAILFINGEN
Andreas Jannek

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Jannek,

vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch vom 18. März, die ich Ihnen beantworten möchte.

In Bezug auf Kernenergie müssen die Sicherheit und der Schutz der Menschen stets die höchste Priorität haben.

Die Sicherheit der Kernkraftwerke hat für die FDP-Bundestagsfraktion absoluten Vorrang vor allen anderen Erwägungen. Reaktoren, die einem ggf. neu festgelegten Sicherheitsniveau nicht entsprechen, müssen nachgerüstet oder abgeschaltet werden. Die Anordnung eines erhöhten Sicherheitsniveaus soll entschädigungslos erfolgen. Dies hat der Bericht der Reaktorsicherheitskommission deutlich gemacht.

Die FDP wird den Bericht der Reaktorsicherheitskommission sehr genau prüfen und dann die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen. Dies ist Aufgabe der kommenden Wochen.

Das Thema Laufzeitverlängerung habe ich sehr umfassend betrachtet, und auch die Berichte zum Uranabbau habe ich gesehen und mich damit auseinandergesetzt.

Heute wird im Uranabbau zu allererst darauf geachtet, Technologien zu verwenden, bei denen möglichst geringe Mengen von Schadstoffen anfallen. Die jeweilig verwendeten Technologien sind heute wesentliche Auswahlkriterien bei der Wahl der Uranlieferanten. Hauptlieferantenländer für die deutschen Kernkraftwerke sind Kanada und Australien.

Bei verschiedenen Technologien müssen sog. Absetzbecken verwendet werden, in denen sich der Urananteil vom Erdreich trennt. Hierbei wird darauf geachtet, dass aus den Absetzbecken, in denen die Reststoffe gelagert werden, nur kontrolliert Wasser abgeführt wird. Diese Kontrolle beinhaltet auch, dass keine unzulässigen Inhaltsstoffe in die Umwelt gelangen. Die getrockneten Rückstände anschließend umweltsicher aufzubewahren ist Aufgabe der Uranproduzenten. An den Möglichkeiten, Uran umwelt- und menschengerecht abzubauen, hapert es nicht. Problematisch ist vielmehr, dass die Länder selbst dieses nicht verlangen und viele Abnehmer darauf nicht achten. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass weltweit viele Uranminen von Chinesen aufgekauft wurden.

Wir sollten uns dringend darauf konzentrieren, die Abbaubedingungen zu verbessern. Schon deswegen, weil diese Bedingungen nicht allein durch einen deutschen Verzicht auf Atomkraft besser werden, ist der simple Ausstieg aus der Atomenergie nicht gleichzusetzen mit einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen und des Umweltschutzes. Nach meiner vollsten Überzeugung kann ein System nur wirksam von innen heraus geändert werden.

In deutschen Kernkraftwerken gibt es eine sehr scharfe Meldepflicht für Störungen im täglichen Betriebsablauf. Sämtliche deutschen Kernkraftwerke befinden sich in der Spitzengruppe der Bruttoerzeuger aller Kernkraftwerke weltweit, was das Sicherheitsniveau der Anlagen belegt, denn ausschließlich bei tadelloser Sicherheit dürfen die Kernkraftwerke Strom erzeugen.

Die Frage bezüglich der Haftpflichtversicherung ist tatsächlich die schwierigste im Zusammenhang mit der Kernkraft. Die Kernkraft wurde in den 70er Jahren eingeführt, um den Energiebedarf in Deutschland zu decken. Von diesen Grundlagen profitieren wir mit einer stabilen Wirtschaft noch heute. Bereits damals wurde entschieden, dass die Gewinne aus der Kernkraft weit höher sind als nur die der Betreiber. Die gesamte Gesellschaft profitierte von dem Wirtschaftswachstum – ermöglicht auch durch die Atomenergie. Daher wurde es als verantwortbar angesehen, dass auch die gesamte Gesellschaft (die weit breiter ist als nur der Steuerzahler) die Risiken trägt.

Jetzt eine Versicherung einzuführen ist nicht möglich. Es gibt keine Versicherung, die das Risiko tragen kann. Der Fehler hierfür wurde jedoch – wie dargestellt – vor Jahren gelegt. Anders würde die Situation vielleicht aussehen, wenn diese Entscheidung anders getroffen worden wäre und die Betreiber bereits seit 40 Jahren Beiträge leisteten. Nur für die Restlaufzeit wären Beiträge tatsächlich nicht wirtschaftlich. Zudem müssen Sie auch beachten, dass auch andere Großprojekte wie beispielsweise Staudämme nicht in dem Maße haftpflichtversichert sind, wie es versicherungsmathematisch geboten wäre. Auch hier wären für den Fall eines Schadens am Damm die finanziellen Folgen so groß, dass die Schäden nicht durch den Betreiber haftpflichtversichert sind.

Die Zeit kann dennoch nicht zurückgedreht werden. Unser Energie- und Wirtschaftssystem basiert zu einem noch immer nicht unerheblichen Teil auf der Kernkraft. Das merken wir insbesondere jetzt, da wir nach "Abschalten" der 8 Reaktoren Strom (und insbesondere Kernenergie) importieren müssen.

Die Antwort mag für Sie nicht befriedigend sein, sie spiegelt dennoch die aktuelle Situation wider. Zudem hat auch vor dem Erdbeben in Japan keine politische Kraft in Deutschland den sofortigen Atomausstieg gefordert, und auch jetzt fordern beispielsweise die Grünen einen Ausstieg ab dem Jahr 2017. Sie sehen also, dass keine politische Kraft die Möglichkeit zu einem sofortigen Ausstieg sah und sieht. Auch die eingesetzte Ethikkommission sieht einen Ausstieg erst im Jahr 2017 für machbar an.

Der Bund wird zur Erforschung innovativer Technologien bei der Erzeugung, Speicherung, Verteilung und Nutzung von Energie zusätzliche Mittel im Rahmen des Energiekonzepts bereitstellen. Damit und mit Hilfe der Abgabe der Kernkraftwerksbetreiber wird das größte staatliche Programm von ca. 15 Milliarden Euro für erneuerbare Energien und Energieeffizienz finanziert, das jemals in Deutschland aufgelegt wurde. Das war stets ein Ziel der FDP. Die Kernkraft war und ist für uns eine zeitlich befristete Brückentechnologie.

Somit unterstützt die Kernenergie einen realistischen Zeitplan für den Übergang in das regenerative Zeitalter, stellt durch die Abschöpfung von Gewinnen durch die Laufzeitverlängerung erhebliche Finanzmittel bereit und wirkt stabilisierend auf den Strompreis. Zusätzlich wird der Neubaubedarf von Kohle- und Gaskraftwerken reduziert. Dadurch können die angestrebten CO2-Senkungsziele schneller und günstiger realisiert werden. Im Jahr 2011 wird die Bundesregierung zusätzlich 500 Mio. Euro, die ab 2013 auf über 2,5 Mrd. Euro aufwachsen können, für erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Speichertechnologien, Forschung in diesen Bereichen, nationalen Klimaschutz sowie weitere Handlungsfelder des Energiekonzepts einsetzen. Wir beraten aktuell im Rahmen des Moratoriums auch über eine Erhöhung der Förderung von Erneuerbaren Energien und Vereinfachung in Planungsverfahren für den Bau von Stromtrassen. Leider gibt es dabei jedoch auch vor Ort Widerstände gegen die Trassen oder auch gegen Windräder in unmittelbarer Umgebung. Wenn wir jedoch mittelfristig die Grundlast durch erneuerbare Energien decken wollen, muss neben Forschung auch die Bereitschaft in der Bevölkerung da sein, dass dies etwas kostet, sowohl finanziell wie auch die Aufgabe von Widerständen.

Unabhängig von den Plänen, aus der Atomenergie auszusteigen und alle Kernkraftwerke generell vom Netz zu nehmen, stehen wir vor der Problematik der Endlagerung. Die Erforschung und Erkundung von geeigneten Endlagern muss weitergeführt werden. Gorleben hat meiner Meinung nach großes Potenzial, als Endlager dienen zu können. Um dies jedoch mit Gewissheit sagen zu können, muss das Gebiet weiter untersucht und getestet werden.

Doch nicht nur die Forschung im Bereich Endlagerung sollte meiner Meinung nach fortgeführt werde. Auch die Möglichkeiten, die die wissenschaftliche Forschung bietet, die Dauer der Strahlung von Atommüll deutlich zu reduzieren, sollte gefördert werden. Erste Erfolge auf diesem Gebiet konnten bereits in den 90er Jahren nachgewiesen werden. So gelang es Forschern durch Transmutation die Strahlung geringer Mengen an Atommüll von Millionen von Jahren auf 500 Jahre zu reduzieren.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Stellungnahme verdeutlicht zu haben, dass es mir sowohl ein persönliches, als auch ein Anliegen der FDP ist, einen sinnvollen und realisierbaren Ausstieg aus der Atomkraft zu schaffen.

Mit freundlichen Grüßen

Pascal Kober MdB

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