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Frage von Udo S. •

Frage an Ortwin Runde von Udo S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Runde,

das Finanzamt Hamburg Oberalster hat mir eine gesonderte Feststellung zur Einkommens- und Gewerbesteuer aus 1998 zugestellt. Gegen den Bescheid habe ich geklagt, wobei sich während der mündlichen Verhandlungen mit der, übrigens sehr wohlwollenden und hilfsbereiten, Finanzrichterin herausstellte, dass materiell rechtlich der Bescheid abzuweisen wäre und die monierten Buchungen aufgefunden wurden. Nur habe ich die Frist zur Klage um zehn Stunden versäumt.

In meinem Fall bin ich nun zum Steuerschuldner von 130.000 Euro geworden, welche de facto eigentlich nicht angefallen sind und nur auf ein Fristversäumnis beruhen. Mein Haus ist bereits gepfändet. Der Bescheid hätte auch zurückgenommen werden können. Das Finanzamt Hamburg Oberalster zeigte sich geradezu selbstherrlich und gnadenlos. Ist es üblich und müssen jetzt alle deutschen Bürger damit rechnen, im Ruin zu enden, nur weil Formalfehler begangen werden?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Sabiniewicz,

danke für Ihre E-Mail.. Eine so große steuerliche Nachzahlung, nach Ihrer Schilderung möglicherweise zweifelhaft und dann eine so kleine Fristüberschreitung, wegen der man großer Belastung ausgesetzt sein wird – ist das kein Grund zum Ärgern? Zunächst mag man denken: „Könnte sein.“ Und: „Müsste das Recht da nicht angepasst werden?“ Doch zumindest der zweite Gedanke könnte trügen.

Ich kenne zwar Ihren Einzelfall nicht näher, aber ich möchte zumindest auf einen grundlegenden Aspekt hinweisen: Gegen Steuerbescheide hat man in der Regel eine Einspruchsfrist von einem Monat. Man wird bei einem Steuerbescheid sogar entsprechend darauf hingewiesen. Darf man da – angesichts der enormen steuerlichen Auswirkung, die Sie mit einer Steuerlast von 130.000 Euro beziffern – nicht auch kritisch an Ihre Adresse gerichtet fragen: Gab es über einen Monat keine einzige Minute, in der man fristwahrend beim Finanzamt mit einem Zweizeiler Einspruch einlegen konnte? Gab es da nicht vor dem Ablauf von einem Monat das 130.000 Euro-schwere Interesse, etwas zu unternehmen (wobei man berücksichtigen darf, dass einer Steuerforderung von 130.00 Euro eine beachtliche Gewinnzurechnung zugrundeliegen dürfte)? Oder hätte man nicht zumindest einen Steuer- oder Rechtsberater einschalten müssen?

Die Fristen für einen Einspruch oder für eine Klage gibt es zudem nicht ohne Grund: Nein, es gibt sogar sehr gute Gründe dafür. Jeder soll sich wehren können, wenn er zu Unrecht mit einer Verwaltungsmaßnahme konfrontiert wird. Aber: Um irgendwann auch Klarheit über den Rechtsfrieden haben zu können, muss es eine zeitliche Grenze geben, um zu sagen: Bis dahin ist dann auch Schluss (wobei die Rechtsordnung auch Ausnahmen für unverschuldete Fristversäumnisse kennt – aber die näheren Ausführungen dazu wären Steuer- oder Rechtsberatern vorbehalten, an die ich Sie verweisen muss). Finanzbehörden sollen außerdem effektiv arbeiten können. Dies erwarten wir als Steuerzahler in doppelter Hinsicht: Wir möchten einerseits eine bürgerfreundliche und zügig arbeitende Verwaltung. Und wir möchten, dass ausstehende Steuern schnell beigetrieben werden, damit davon Ausgaben in unser aller Interesse getätigt werden können. Auch deswegen sind Fristen nötig. Ich sehe daher keinen finanz- und rechtspolitischen Handlungsbedarf.

Zur damit noch verbleibenden Frage, ob und eventuell welche Möglichkeiten in Ihrem Einzelfall ansonsten zu prüfen blieben, kann ich nur nochmals darauf verweisen, ggf. die Hilfe einer Steuer- oder Rechtsberatung einzuholen. Derartige Rechtsberatung liegt aus guten Gründen jedenfalls nicht in den Händen von Abgeordneten. Ich hoffe, Sie haben dafür Verständnis.

Mit freundlichen Grüßen

Ortwin Runde