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Norwich Rüße
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Frage von Johannes H. •

Frage an Norwich Rüße von Johannes H. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Rüße,

das Jagdgesetz soll überarbeitet werden. Meines Erachtens ist es kein "Jagdgesetz" mehr, sondern ein Antijagdgesetz. Von vorne bis hinten ist der Entwurf mit Gängelungen uns Schikanen gespickt. Ich kann gar nicht alles ansprechen, da hier nur 2000 Zeichen zur Verfügung stehen. Daher habe ich mir nur zwei Sachen herausgepikt.

Sie planen, dass künftig ein Schießnachweis erbracht werden soll. Schon das allein erscheint mir sehr skuril. Noch skuriler ist die Begründung: Es habe ein "Wertewandel in der Gesellschaft" stattgefnden, der dies rechtfertige.

http://www1.wdr.de/themen/infokompakt/nachrichten/nrwkompakt/archiv/nrwkompakt32984.html

Können Sie mir das bitte erläutern? Was hat ein (angeblicher) Wertewandel mit meiner Jägerei zu tun? Weil irgendwer seine Meinung zur Jagd ändert habe auch ich mich zu ändern? Oder wie ist das gemeint?

Zudem soll die Jagdsteuer wieder eingeführt werden.

http://www.nw-news.de/owl/3930918_Streit_um_Wiedereinfuehrung_der_Jagdsteuer.html

Meiner Meinung nach sollen nur die Kosten in die Höhe getrieben werden. Aus reiner Schikane sollen wier zahlen.Warum soll das aus Ihrer Sicht geschehen? Welche sachlichen Argumente sprechen dafür? Wie hoch sollte sie Ihrer Meinung nach sein?

Mit freundlichen Grüßen
Johannes Hüster

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Sehr geehrter Herr Hüster,

vielen Dank für Ihre Mail. In der Tat bin ich fest davon überzeugt, dass die Jagd und damit auch die jagdlichen Vorschriften sich an den aktuellen Werten und Vorstellungen der gesamten Gesellschaft zu orientieren und diesen zu entsprechen haben. Dies gilt im Übrigen sogar für unser wichtigstes Gesetz, dem Grundgesetz. Auch hier finden entsprechende Anpassungen, Ergänzungen und Überarbeitungen von Zeit zu Zeit statt, um genau diesem gesellschaftlichen Wandel zu entsprechen. Ein Beispiel dafür ist die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsbestimmungsziel in das Grundgesetz. Damit entsprach der Gesetzgeber - also der Deutsche Bundestag - der veränderten gesellschaftlichen Auffassung, dass Tiere ein besseren Schutz bedürfen und der Staat sich darum verstärkt zu kümmern hat.
Gerade aus dieser Grundgesetzänderung heraus ergeben sich Ansprüche verschiedenster Art, z.B. an den Schlachtvorgang auf Schlachthöfen (Minimierung von Leiden). Genauso verändert der Artikel 20a GG die Jagd, auch hier ist der Gesetzgeber gefordert, dieser Neuerung Rechnung zu tragen.

Grundsätzlich kann und sollte sich Jagd aber auch aus eigenem Interesse nicht von der Gesellschaft abkoppeln, sondern im Einklang mit den allgemeinen gesellschaftlichen Vorstellungen sein. Insofern ist der Gesetzentwurf, der gerade dem Tierschutzaspekt einen höheren Stellenwert einräumt, auch im Interesse der Jägerschaft und eine Chance für die Jagd.

Die beiden konkret von Ihnen genannten Punkte spreche ich auch gerne an:

1. Der jährliche Schießnachweis ist nach meiner Auffassung deshalb sinnvoll, weil er alle Jäger darin unterstützt, die für die Jagd notwendige Schießwertigkeit auch tatsächlich zu haben. Hier ist auch der Sicherheitsaspekt zu erwähnen, selbstverständlich bedeutet dies aber auch einen tierschutzmäßigen Fortschritt, weil geübte Schützen treffsicher sind und unnötiges Leid der Tiere so vermieden wird. Im Übrigen möchte ich auf den Verband der Berufsjäger verweisen, der in einer Stellungnahme obligatorische Schießübungen auch befürwortet, sich allerdings eine bundeseinheitliche Lösung wünscht.

2. Die Jagdsteuer soll im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nicht eingeführt werden. Allerdings wird den kreisfreien Städten und den Kreisen ermöglicht, auf eigenen Wunsch hin diese Steuer wieder einzuführen. Gerade aus deren Reihen kam der Wunsch diese Möglichkeit wieder zu erhalten, weil die Einnahmen für die betroffenen Kreise unter Umständen schon beträchtliche Summen ausgemacht haben. So haben die Kreise Steinfurt und der Hochsauerland vor der Abschaffung der Jagdsteuer hier immerhin ungefähr 500.000 bzw. 800.000 € eingenommen und wie viele andere Kreise auch, gegen die Abschaffung protestiert. Mit dem Gesetzentwurf wird dem Ansinnen der Kreise und Kommunen Rechnung getragen, diese Steuer wieder erheben zu können.

Mit freundlichen Grüßen,
Norwich Rüße

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