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Norbert Lins
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Frage von Anna S. •

Frage an Norbert Lins von Anna S. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Lins,

Sie schreiben, prinzipiell finden Sie mehr finanzielle Mittel für Agrarumweltmaßnahmen begrüßenswert. Gleichzeitig verweisen Sie darauf, dass die Nutzung der zweiten Säule von den einzelnen Staaten abhängt und es deswegen aufgrund des innereuropäischen Wettbewerbs problematisch ist, diese zweite Säule an Umweltkriterien zu knüpfen.
Mir fallen dazu zwei Ansätze ein, wie man diesen Konflikt auflösen könnte: Zum einen könnte man das Geld der zweiten Säule auf die erste Säule umverlagern und synchron dazu die verbindlichen Kriterien im Allgemeinen anziehen. Zum anderen könnte man die zweite Säule wie bisher an zusätzliche Bedingungen knüpfen, die allerdings schon auf EU-Ebene festgelegt werden.
Letztlich läuft es in meinen Augen darauf hinaus, bereits auf EU-Ebene einen gemeinsamen Weg zu gehen und Kompromisse auszuhandeln.
Dass genau das in der politischen Praxis schwer fällt, ist mir durchaus bewusst. Nötig ist des dennoch.

Teilen Sie diese Ansicht?
Was ist der Weg, den Sie verfolgen, um die Lücke zwischen dem Wunsch nach mehr Klimaschutz und den nationalen Alleingängen zu schließen?

Vielen Dank schon einmal im Voraus für die Zeit, die Sie sich nehmen.

Mit freundlichen Grüßen,
A. S.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Schmitt,

herzlichen Dank für Ihre Nachricht.

Korrektur:
Zunächst einmal eine kurze Korrektur zu Ihrer Aussage, "dass die Nutzung der zweiten Säule von den einzelnen Staaten abhängt und es deswegen aufgrund des innereuropäischen Wettbewerbs problematisch ist, diese zweite Säule an Umweltkriterien zu knüpfen." Die zweite Säule ist die klassische Säule für Agrarumweltmaßnahmen. Sollte dies irgendwo anders geschrieben sein, wäre dies falsch.

Hintergrund:
Die Europäische Kommission hat Anfang Juni 2018 ihre Vorschläge zur Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2020 vorgestellt. Die neue Reform soll für den Förderzeitraum 2021-2027 gelten. Der Agrarausschuss des Europäischen Parlaments hat Mitte April 2019 über seine Änderungsanträge zu dem Kommissionsvorschlag abgestimmt, d.h. einen vorläufigen Standpunkt beschlossen. Durch die Neubesetzung des Parlaments seit der letzten Wahl wollen wir aber auch neuen Abgeordneten die Chance geben, Ideen einzubringen, weshalb wir den Parlamentsstandpunkt momentan punktuell öffnen und neu beschließen wollen.

Ihre Anfrage:

Mittelverschiebung zwischen den Säulen
Ihre Vorschläge gehen in die Richtung, die wir auch als deutsche Agrarier der CDU hier im Europaparlament eingeschlagen hatten. Wir hatten bei den Verhandlungen letztes Jahr Änderungsanträge eingebracht, die es ermöglicht hätten, freiwillig einen gewissen Prozentsatz von der ersten in die zweite Säule überführen zu können, selbst wenn Mitgliedstaaten diesen Satz nicht kofinanzieren müssten. Damit hatten wir aber, auch fraktionsübergreifend, keinen Erfolg. Das Argument mancher Abgeordnetenkollegen ist sehr wahrscheinlich, dass in anderen Ländern die Gelder in der zweiten Säule nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für die ländliche Entwicklung genutzt werden und damit weniger bei der Landwirtschaft verbleiben würde. Selbst dem wollten wir vorbeugen und hatten mindestens 50% Mittelbindung in der 2. Säule an Agrarumweltmaßnahmen gefordert. Auch dies hatte keinen Erfolg.

Menü:
Der Vorschlag der Europäische Kommission ist das sogenannte "Umsetzungsmodell". Dieses gäbe mehr Kompetenzen in der Landwirtschaftspolitik an die Nationalstaaten zurück. Ich befürchte bei diesem Modell eine Renationalisierung der GAP. Auch hier teile ich Ihre Ansicht: Besser wäre es, ein europäisch vorgegebenes „Menü“ anzubieten, aus dem sich die Mitgliedstaaten bzw. die zuständigen Regionen die für sie passenden Praktiken herausziehen könnten. Wir haben bisher schon regionale Besonderheiten zugelassen, dies aber innerhalb eines klar festgelegten europäischen Rahmens. Das sollte auch weiterhin möglich sein, ansonsten droht hier weitere Wettbewerbsverzerrung zwischen den Mitgliedstaaten. Das Thema muss bei den aktuell laufenden Verhandlungen nochmals aufgegriffen werden.

Zur Aufteilung der 1. und 2. Säule:
Schon allein aus Bürokratiegründen sollten wir bei der Aufteilung "Erste Säule – Direktzahlungen (hier sind durch das Einführen des Greenings bei der letzten Reform schon gewisse Umweltmaßnahmen vorgegeben)" sowie "Zweite Säule – Agrarumweltmaßnahmen (inkl. Ökolandbau, Tierwohl etc.) und Investitionsförderung" bleiben.
Die Vermischung von Agrarumweltmaßnahmen in der ersten und zweiten Säule, erweitert um Programme zum Thema Tierwohl und Tierschutz, sind für manche Regionen, die jetzt schon Vorreiter sind, problematisch. Die Einteilung gewisser Maßnahmen in die erste Säule, welche bisher in der zweiten Säule verankert waren, wird zu Verwirrung führen. Manche Regionen haben hier sehr gut funktionierende Strukturen, diese gilt es auszubauen. Wenn wir eine faire, vereinfachte und entbürokratisierte Agrarpolitik wollen, müssen wir daher meines Erachtens die zwei Säulen konsequenter aufteilen: die erste Säule für Direktzahlungen, die zweite Säule für Agrarumwelt- und Tierwohlmaßnahmen sowie Investitionsförderung. Dann würden wir für mehr Übersichtlichkeit, leichtere Kontrollierbarkeit und weniger Bürokratie für unsere Landwirte sorgen. Wie oben beschrieben: gerne auch mit mehr Geld als bisher für die besagte zweite Säule unter gleichzeitiger angemessener Einkommenssicherung der Landwirte in der ersten Säule.

Abschließend noch ein Wort zu den kleinen Familienbetrieben:
Ich setze mich für die Erweiterung des Modells der stärkeren Förderung der ersten Hektare ein. Momentan wird dies in Deutschland auch schon so geregelt. Nach einer bestimmten Hektaranzahl, in Deutschland bemisst sich dies anhand der Durchschnittsgröße der landwirtschaftlichen Betriebe, wäre die Förderung für alle Betriebe gleich. Für eine kleinstrukturierte Landwirtschaft und die familiengeführten Betriebe wäre eine sehr großzügige Erweiterung dieses Modells der bessere Weg. Dieses System will ich ausbauen. Ein entsprechender Antrag dazu hatte bei den letzten Verhandlungen Erfolg. Ich werde mich dafür stark machen, dass dies auch bei den aktuell laufenden Verhandlungen Berücksichtigung findet.

Ich hoffe, Ich konnte Ihnen damit einige meiner Standpunkte genauer darlegen.

Mit freundlichen Grüßen

Norbert LINS

 

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