Frage an Niels Annen von Cristina G. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Annen,
die industrielle Landwirtschaft zeigt weltweit in ökonomischer, ökologischer, finanzieller und gesellschaftlicher Hinsicht ihre negativen Folgen. Klimawandel, Ausbeutung von Arbeiter*innen und die Abhängigkeit der Entwicklungsländer von der Weltmarktorientierung sind ein paar Faktoren, die meiner Meinung nach stark mit der industrialisierten Landwirtschaft zusammenhängen.
Auf der anderen Seite setzen Bewegungen wie solidarische Landwirtschaft, Gemeinschaftsgärten, Urban Gardening und mietbare Ackerflächen erfolgreichen gegen das Konzept der industriellen Landwirtschaft an.
Wie stufen Sie persönlich sie Entwicklung in diesem Bereich ein? Und welche Maßnahmen kann und wird die Politik zur Unterstützung von Inititativen lokaler Selbstversorgung von Bürger*innen umsetzen?
Mit freundlichen Grüßen,
C. G.
Sehr geehrte Frau G.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Genau wie Sie betrachte ich die Entwicklungen in der Lebensmittelproduktion, insbesondere der industriellen Landwirtschaft, mit großer Sorge. Aktuell wird das Bundesministerium für Landwirtschaft von Christian Schmidt (CSU) geführt. Nachhaltige Landwirtschaft und die Förderung von Alternativen zur industriellen Landwirtschaft liegen nicht im Fokus von Christian Schmidt, was deutlich an der Politik in den letzten Jahren ersichtlich ist. Ich halte ein Umsteuern für dringend notwendig. Die intensive Bewirtschaftung von Flächen und die intensive Tierhaltung führen zu Akzeptanzverlust bei der Bevölkerung, belasten die Umwelt und die Tiere und untergraben die wirtschaftliche Basis der landwirtschaftlichen Betriebe. Kein anderer Wirtschaftszweig ist so abhängig von staatlicher Förderung wie der Agrarsektor. Jedes Jahr fließen 5 Mrd. € direkt als Einkommenshilfen in die Betriebe. Trotzdem geben Jahr für Jahr fast 2 Prozent der Betriebe auf.
Die ökologische Landwirtschaft in Deutschland bewirtschaftet derzeit ca. 6,5 Prozent der Fläche. Der Biomarkt wächst zweistellig und die Erzeugerpreise sind im Gegensatz zu konventioneller
Ware stabil. Das würde auch so bleiben, wenn das Ausbauziel von 20 Prozent Ökolandbau in Deutschland erreicht wäre - das ist allerdings nicht der Fall. Schmidt hat es versäumt, den Landwirten in diesem Segment eine klare Entwicklungsperspektive zu geben.
Die SPD möchte diese Fehlentwicklungen stoppen. In unserem Regierungsprogramm (https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Regierungsprogramm/SPD_Regierungsprogramm_BTW_2017_A5_RZ_WEB.pdf) finden Sie ab Seite 65 unsere ausführlichen Positionen zum Thema Landwirtschaft. Sie werden sehen, dass wir die Position der Landwirtinnen und Landwirte in der Wertschöpfungs- und Vermarktungskette ihrer Produkte stärken wollen. Regionalvermarktungsinitiativen wie etwa die Solidarische Landwirtschaft sollen Unterstützung erfahren, unter anderem durch ein Bundesprogramm Regionalvermarktung. Dadurch verbleibt ein größerer Anteil der Wertschöpfung in der Region. Ein fairer Preis für Lebensmittel trägt dazu bei, die Existenz landwirtschaftlicher Betriebe dauerhaft zu sichern.
Davon abgesehen wollen wir der Konzentration von Agrarland in der Hand landwirtschaftlicher Großkonzerne oder außerlandwirtschaftlicher Investoren wirkungsvoll entgegentreten.
Auch die Exportpolitik der Nahrungsmittelindustrie muss im Einklang mit der Nachhaltigkeit in Deutschland und den Exportmärkten stehen. Wir lehnen eine landwirtschaftliche Produktion ab, die sich lediglich am Export auf den Weltmarkt ausrichtet. In Deutschland erzeugte landwirtschaftliche Produkte dürfen nicht zu Lasten der Entwicklungs- und Schwellenländer produziert und exportiert werden. Wir werden eine nationale Strategie gegen Lebensmittelverschwendung umsetzen, damit landwirtschaftliche Produkte wieder mehr Wertschätzung erfahren. Zielmarken für die unterschiedlichen Branchen sowie verstärkte Informationskampagnen sollen ein Umdenken bewirken.
Mit freundlichen Grüßen
Niels Annen