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Nezahat Baradari
SPD
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Frage von Birgit G. •

Was gedenkt die SPD gegen die Privatisierung von Arztpraxen zu unternehmen, die nur mit Hilfe einer Gesetzeslücke stattfinden kann.

Sehr geehrte Frau Baradari,
In der Vergangenheit wurden Arztpraxen in großem Stil von Investoren aufgekauft. Bei den Augenärzten findet man inzwischen kaum noch welche, die nicht privatisiert wurden. Weitere ärztliche Fachgebiete folgen. Die Rendite der Investoren ist beachtlich, denn die angestellten Ärzte handeln nach wirtschaftlichen Erwägungen weil sie dazu angehalten, ja genötigt werden, während wenig lukrative Kranke abgewimmelt werden. Für einen Patienten ist nicht erkennbar, ob die Praxis einem Arzt oder Investor gehört. Unnötige Behandlungen sind dort Tagesordnung.
Die Marktmacht dieser Investoren ist inzwischen so groß, dass diese Entwicklung nur noch sofort gestoppt werden kann. Ansonsten bleiben Kranke auf der Strecke und Kosten explodieren, während Investoren Traumrediten von 20% aus dem Gesundheitsystem beziehen.
Wann wird diese Gesetzeslücke geschlossen und die Praxen rückabgewickelt.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau G.,

vielen Dank für Ihre Nachricht, in der Sie eine bemerkenswerte Entwicklung ansprechen. Als niedergelassene Ärztin gehöre auch ich zu den vielen Kolleginnen und Kollegen, die diesen Trend ebenfalls sehr kritisch sehen. Insbesondere junge und unerfahrene Kolleginnen und Kollegen werden so von Investoren gelockt und landen dann in einer gewissen Abhängigkeitsfalle. Diese Entwicklung ist ein Kahlschlag der guten und vertrauensvollen hausärztlichen Versorgung für Patientinnen und Patienten aber auch der selbständigen Ärzte. Leider kann dies gesetzgeberisch nicht verboten werden, da wir in einer Marktwirtschaft leben. Daher sollte jede Person selber schauen, diese Informationen im Vorfeld einzuholen - in den allermeisten Fällen ist es gut erkenntlich, ob eine niedergelassene Ärztin/Arzt für ein Konzern arbeitet oder selbständige Sprechstunden anbietet.
Hinzu kommt, daß gerade solche Arztpraxen wie Augenärzte, Zahnärzte, Radiologen etc. eine immens teuer apparative Ausstattung brauchen und sich immer weniger Ärztinnen diese massiven Schulden bzw. Kredite aufbürden möchten bzw. können. Ursächlich dafür sind u.a. auch zunehmende Budgetkürzungen bzw. fehlende Budgetanpassung im Bereich der ambulanten ärztlichen Versorgung.

Ich gebe Ihnen aber recht, daß ein sog. Wildwuchs in diesem Bereich gestoppt werden müßte, da es beim Aufkauf von Praxen schlichtweg um Gewinnoptimierung und Personaleinsparung gibt. Daher müßten diese MVZ von einem Arzt geführt werden und die Beteiligung von Investoren sollte prozentual begrenzt werden. Hier sind wir als Gesetzgeber in der Pflicht, mehr gegen ein Heuschreckenkapitalismus in der (ambulanten) Medizin zu tun.

Mit freundlichen Grüßen

Nezahat Baradari MdB

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