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Frage von Stefan D. •

Frage an Michael Frieser von Stefan D. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Frieser,

in einem Interview fordert der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes und Direktor des Amtsgerichts Regensburg, Dr. Clemens Prokop, aufgrund der aktuellen Enthüllungen zu Dopingmissbräuchen längere Verjährungsfristen für Doping-Vergehen. ( http://www.mittelbayerische.de/index.cfm?pid=10089&pk=942738#942738 )

Hierbei äußert er sich, dass

"Eine verlängerte Verjährungsfrist würde für eine deutlich erhöhte Verunsicherung im Lager der gedopten Athleten sorgen. Sportbetrüger könnten sich sehr, sehr lange Zeit nicht mehr sicher sein, dass sie nicht doch dank verfeinerter Analysemethoden entdeckt werden."

Diese Ausführungen eines hochrangigen bayer. Justizbediensteten geben mir Anlaß nachzufragen, wie Sie zu den schwerwiegenden Ausführungen des Anwaltes Dr. Strate hinsichtlich der (teilweise schon verjährten) Rechtsbeugungen im Fall Mollath stehen.
http://www.strate.net/de/dokumentation/Mollath-Klagerzwingung-2013-08-15.pdf

Wäre es im Vergleich zu Dopingvergehen zur Wahrung eines Rechtsstaates nicht viel wichtiger, notwendiger und konsequenter, dass für Vergehen der Rechtsbeugung ebenfalls längere Verjährungsfristen eingefordert werden und sich die Legislative sich dieser Problematik annimmt? Würden Sie dies unterstützen?

Denn eine verlängerte Verjährungsfrist würde für eine deutlich erhöhte Verunsicherung im Lager der unredlichen Richterschaft sorgen. Rechtsbeuger könnten sich sehr, sehr lange Zeit nicht mehr sicher sein, dass sie nicht doch dank neu gewonnener Sachverhaltserkenntnisse entdeckt werden.

Hierbei erinnere ich an das Zitat des Königs Friedrich II vom 11.12.1779:

Daß ein Justizcollegium,
daß Ungerechtigkeiten ausübt,
weit gefährlicher und schlimmer ist, wie eine Diebesbande,
vor die kann man sich schützen,
aber vor Schelme, die den Mantel der Justiz gebrauchen,
um ihre üble Paßiones auszuführen,
vor diese kann sich kein Mensch hüten,
die sind ärger wie die größten Spitzbuben, die in der Welt sind.

MfG
S. Dittrich

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Sehr geehrter Herr Dittrich,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 19. August.

Im deutschen Strafrecht gibt es keine Bestimmung, die für jeden Straftatbestand eine Verjährungsfrist für die Strafverfolgung konkret regelt.

Vielmehr handelt es um ein in sich stimmiges, abstraktes System der Strafverfolgungsverjährung, die sich nach der jeweiligen Strafandrohung für eine bestimmte Tat richtet. Die einschlägigen Vorschriften finden sich in §§ 78 ff. StGB. Da § 339 StGB eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr und eine Höchststrafe von fünf Jahren für Rechtsbeugung androht, beträgt die Frist für die Strafverfolgungsverjährung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB fünf Jahre.

Diese fünf Jahre sind jedoch nicht fest determiniert, denn die Verjährungsfrist kann infolge bestimmter Umstände bzw. durch Ermittlungshandlungen ruhen oder unterbrochen werden (§ 78b StGB, § 78c StGB) und sich auf diese Weise erheblich verlängern, und zwar auf bis zu 10 Jahre. Wollte der Gesetzgeber die Verjährungsfrist für Rechtsbeugung trotzdem verlängern, müsste er also entweder die Strafandrohung für Rechtsbeugung erhöhen oder das Verjährungssystem des § 78 StGB für diesen Einzelfall aushebeln.

Letzteres kann aber nicht zur Debatte stehen, denn dies würde zu systematischen Ungereimtheiten im Strafrecht führen. Aber auch eine höherer Strafrahmen für die Rechtsbeugung ist nicht angezeigt, denn die Strafandrohung ist bereits jetzt hoch angesiedelt.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit Ihre Darstellung insofern berichtigen, als dass Rechtsbeugung nicht bloß ein Vergehen ist, sondern vom Gesetzgeber als Verbrechen ausgestaltet, welches mit einer Mindeststrafe von 1 Jahr geahndet wird.

Falls eine Rechtsbeugung so gravierend ist, dass sie zu einer Freiheitsberaubung führt (z.B. infolge einer „rechtsbeugenden" Entscheidung eines Richters kommt jemand in Haft bzw. in die Unterbringung), so kann überdies die Tat - als Freiheitsberaubung - auch dann noch verfolgt werden, wenn die tateinheitlich verwirklichte Rechtsbeugung schon verjährt ist. Denn Freiheitsberaubung, die länger als eine Woche andauert, ist gemäß § 239 Abs. 3 Nr. 1 StGB mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bedroht und verjährt deshalb nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB erst in zehn Jahren Auch hier geht dies mit der Möglichkeit des Ruhens oder der Unterbrechung der Verjährung einher, durch die eine Verlängerung der Verjährungsfrist auf bis zu 20 Jahre in Betracht kommt.

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass eine Strafverfolgung im Bereich der Rechtsbeugung durch die geltenden, in sich stimmigen Verjährungsvorschriften - je nach Tatkonsequenzen meines Erachtens in ausreichender Weise gesichert ist.

Ob es im Falle von Herrn Mollath zu einer Rechtsbeugung bzw. einer Freiheitsberaubung gekommen ist, ist Gegenstand laufender Ermittlungen in Folge von Strafanzeigen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Standpunkte verständlich machen und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Michael Frieser, MdB

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