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Martina Stamm-Fibich
SPD
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Frage von Klaus D. •

Frage an Martina Stamm-Fibich von Klaus D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Frau Stamm - Fibich,
in ca. zwei Wochen stellen Sie und Ihre Partei sich zur Wahl.
Können Sie mir Gründe nennen warum ich Sie und die SPD wählen sollte?
Betrachten wir die vergangenen Jahre als die SPD an und mit an der Regierung war.

Besteuerung der Renten und Abschmelzen der Renten
Besteuerung und Sozialabgaben auf privat angesparte (von ihrer Partei geforderter) Altersvorsorge
Abwendung vom Solitaritätsprinzip im Gesundheitswesen.
Hartz 4 Reformen wo gefordert aber wenig gefördert wird.
Politik gegen den Bürger aber für die Wirtschaft.
Zustimmung zu Handelsabkommen wie CETA, TTIP,TESA und JAFTA; hier tut sich ja gerade ihr Partei- vorsitzender hervor.
Mehrwertsteuererhöhung auf 19%
Langsames Auflösen des Solitaritätszuschlages (war einmal für ein Jahr angekündigt).
Ausbau der Leiharbeit und der 450 Eurojobs.

Das wollen die Sozialdemokraten zum Teil ändern.
Gerechtigkeit ist das Schlagwort von Herrn Schulz.
Warum haben sie das eigentlich eingeführt wenn sie es jetzt wieder ändern wollen.
Vielleicht können Sie mir diese Frage ja beantworten.

Ach ja, ein positives AHA Ergebnis gab es ja die vergangene Legislaturperiode den Mindestlohn.
Führt zwar auch in die Altersarmut aber die Leute sind wenigstens beschäftigt.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr D.,

vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Interesse an der Politik der SPD.

Vor Antritt meines Bundestagsmandats im Jahr 2013 war ich viele Jahre freigestellte Betriebsrätin bei Siemens. In dieser Zeit habe ich mich immer für die Belange der Beschäftigten eingesetzt und für eine gerechte Bezahlung und eine sichere Altersvorsorge gekämpft. Sie können sicher sein, dass ich dies auch heute und in Zukunft noch mit vollem Einsatz tue. 2013 erreichte die SPD bei der Bundestagswahl 25,7 Prozent der Stimmen, die Unionsparteien 41,5 Prozent. Trotz dieses deutlichen Unterschieds ist es uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gelungen viele unserer wichtigsten Projekte aus dem damaligen Wahlprogramm im Koalitionsvertrag mit den Unionsparteien festzuschreiben.

SPD-Erfolge in der Koalition

In den darauf folgenden Jahren war die SPD der politische Motor der Koalition: Den allergrößten Teil unserer Wahlversprechen haben wir trotz teilweise massiven Widerstands aus der Union umgesetzt. Ich gebe zu, vergnügungssteuerpflichtig war das oft nicht. Der Mindestlohn, die Frauenquote für Aufsichtsräte, mehr Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit dem ElterngeldPlus, das Bundesteilhabegesetz, die Unterstützung der Kommunen bei der Integration von Flüchtlingen, die Einschränkung von Leiharbeit und Werkverträgen, die Ehe für alle – das sind noch nicht einmal alle sozialdemokratischen Erfolge in dieser Legislatur. Gerade der Mindestlohn und die Einschränkung von Leiharbeit und Werkverträgen waren wichtige Schritte um endlich den negativen Auswirkungen der Agenda-Reformen entgegenzuwirken. Denn ich gebe Ihnen Recht, dass im Rahmen der Agenda 2010 auch manche schwierigen und falschen Entscheidungen getroffen wurden. Für uns ist die Agenda nicht in Stein gemeißelt. Wo Missstände sichtbar sind, versuchen wir diese negativen Auswirkungen der Agenda zu beseitigen. Vom Mindestlohn profitieren rund vier Millionen Beschäftige. Fast zwei Drittel davon sind Frauen, die besonders häufig von Altersarmut bedroht sind. Wir haben klargestellt, dass Leiharbeitnehmer nicht als Streikbrecher missbraucht werden dürfen und bei den Schwellenwerten zur Unternehmensmitbestimmung mitzählen. Wir haben auch erreicht, dass Leiharbeitsverträge nicht mehr risikolos als Werkverträge deklariert werden können. Missbrauch kann jetzt endlich sanktioniert werden und wir haben die Informationsrechte von Betriebsräten gestärkt.

Gegenwärtige Herausforderungen – mehr Gerechtigkeit

Aber Sie haben Recht, es ist längst nicht alles gut. Wir dürfen uns nicht auf unseren Erfolgen ausruhen. Da wo wir in der Koalition Kompromisse eingehen mussten – zum Beispiel bei den Ausnahmen vom Mindestlohn - müssen wir in der nächsten Legislatur nachsteuern. Und in manchen Punkten hat unser Koalitionspartner leider überhaupt keinen Willen zur Einigung gezeigt. Prominente Beispiele sind das eigentlich im Koalitionsvertrag vereinbarte Rückkehrrecht von Teil- in Vollzeit und das Entgeltgleichheitsgesetz für Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern. Die zunehmende Ungleichheit in unserer Gesellschaft ist ein Problem, das wir lösen müssen.

Das hat auch unser Parteivorsitzender und Kanzlerkandidat Martin Schulz erkannt, mit dem wir unseren Bundestagswahlkampf unter den Leitsatz „Zeit für mehr Gerechtigkeit“ gestellt haben. Deutschland geht es insgesamt gut. Aber nicht alle Menschen haben am Aufschwung der letzten Jahre teil – manchen geht es heute sogar schlechter als vor einigen Jahren. Leider ist es Realität, dass die wirtschaftliche, soziale und politische Ungleichheiten auch in unserer Gesellschaft bestehen und zunehmen. Wir wissen aus dem fünften Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, dass 50 Prozent des gesamten Nettovermögens in den Händen von nur 10 Prozent der Bevölkerung liegen. Die unteren 50 Prozent besitzen zusammen nur ein Prozent des Vermögens. Das ist ungerecht: Denn wer reicher ist, hat nicht nur mehr Chancen, Einfluss und Teilhabemöglichkeiten. Sondern er lebt auch gesünder, länger und bleibt dabei länger gesund. Wenn die Bundesregierung in diesem außerdem feststellt, dass die Reallöhne der unteren 40 Prozent der Beschäftigten seit Mitte der 1990er Jahre stagnieren oder sogar sinken und nur die oberen 60 Prozent zugelegt haben, ist das ein Problem. Diese Entwicklung spaltet unsere Gesellschaft. Da müssen wir gemeinsam mit den Gewerkschaften und auch den Arbeitgebern ran, deshalb fordern wir einen Pakt für anständige Löhne und mehr Tarifbindung. Sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze sind das beste Mittel gegen Altersarmut.

Gute Arbeit und gute Rente – unser Rentenkonzept

Klar ist aber auch, dass wir in der Koalition mit den Unionsparteien an vielen Stellen an die Grenzen des mit konservativen Koalitionspartner Machbaren gestoßen sind. Daher kämpfen wir für eine andere Mehrheit, um unser Land in Zukunft sozialer und gerechter zu machen. Als Grundlage für eine gerechtere Gesellschaft sehen wir auch in Zukunft mehr Gerechtigkeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir brauchen mehr Tarifbindung, gute Löhne, gleiche Bezahlung für Männer und Frauen und das Rückkehrrecht von Teil- in Vollzeit. Zudem haben wir ein Rentenkonzept vorgelegt, mit dem wir einen neuen Generationenvertrag begründen wollen und dass Altersarmut verhindern soll. Wir wollen daher die Sicherung des jahrzehntelang erarbeiteten und verdienten Lebensstandards, keine weitere Anhebung der Regelaltersgrenze, die Verhinderung von Altersarmut und eine gerechte Finanzierung der Rente. Die Beitragszahlerinnen und -zahler wollen wir hierbei nicht überfordern. Wir planen eine doppelte Haltelinie: Zum einen wollen wir das Rentenniveau gesetzlich bei mindestens 48 Prozent festlegen und bis 2030 garantieren. Zum anderen wollen wir, um die jüngere Generation nicht zu überfordern, den paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gezahlten Beitrag nicht über 22 Prozent steigen lassen. Um dies zu ermöglichen führen wir einen steuerfinanzierten Demografiezuschuss ein. Dieses Konzept wollen wir um eine Solidarrente ergänzen. Wer 35 Jahre oder länger Beiträge oder Zeiten für Kindererziehung oder Pflege angerechnet bekommt, soll einen Anspruch auf eine gesetzliche Solidarrente haben. Diese soll zehn Prozent über dem durchschnittlichen Grundsicherungsanspruch am Wohnort liegen. So werden auch regional unterschiedliche Wohn- und Lebenshaltungskosten berücksichtigt.

Mehr Unterstützung bei der Suche nach Arbeit

Sie sprechen an, dass Arbeitslose derzeit oft nicht die Unterstützung bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz oder der dafür notwendigen Qualifizierung erhalten, die sie bräuchten. In unserem Wahlprogramm haben wir deshalb klar formuliert, dass wir das Konzept des Arbeitslosengelds Q (für Qualifizierung) und ein Recht auf Weiterbildung einführen sowie die Bundesagentur für Arbeit in eine Bundesagentur für Arbeit und Weiterbildung umbauen möchten. Auch hier findet also ein Umsteuern statt – sofern wir von den Wählerinnen und Wählern die dafür nötigen Stimmen erhalten.

Solidarität im Gesundheitssystem – Einführung der paritätischen Bürgerversicherung

Als Gesundheitspolitikerin trete ich vehement für die Einführung der paritätisch finanzierten Bürgerversicherung in Gesundheit und Pflege ein. Ich stimme Ihnen zu: Die einseitige Mehrbelastung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der gesetzlichen Krankenversicherung ist ungerecht. Das Ziel der SPD ist die bestmögliche medizinische Versorgung für alle, unabhängig von Einkommen und Wohnort. Komplexe Systeme wie Krankenversicherungen lassen sich aber nicht schlagartig verändern. Aus diesem Grund hat die SPD in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) die folgenden fünf Elemente zur schrittweisen Einführung einer paritätischen Bürgerversicherung erarbeitet. Es umfasst im Wesentlichen die folgenden Punkte:

• Paritätische Finanzierung: Mit der Bürgerversicherung kommt die Rückkehr zur gleichverteilten Finanzierung. Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen den gleichen Anteil des Versicherungsbeitrages.

• Gerechte Beiträge: In der Bürgerversicherung wird die Beitragsberechnung auf weitere Einkommensarten erweitert. Derzeit erfolgt eine rein lohnabhängige Beitragserhebung. Einkommen aus Kapitalerträgen und Miete werden nicht beachtet. Das derzeitige Verfahren belastet demnach kleine und mittlere Einkommen unverhältnismäßig stark.

• Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze: Mit der Bürgerversicherung kommt die gerechte Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze auf das Niveau der Rentenversicherung. Dies wird zu einer Entlastung unterer und mittlerer Einkommen führen.

• Zusammenführung ärztlicher Honorare: Ein wichtiges Element der Bürgerversicherung ist die Einführung eines einheitlichen Vergütungssystems. Damit wird das bisherige System der unterschiedlichen Bezahlung von Ärzten für die Behandlung von gesetzlich- und privatversicherten Patienten abgeschafft.

• Echte Wahlfreiheit: Die Bürgerversicherung schafft Wahlfreiheit. Für Beamte wird ein beihilfefähiger Tarif in der GKV eingeführt. Die Bemessung der Beiträge für Selbstständige in der GKV wird einkommensabhängig gestaltet. Bisher Privatversicherte können wählen, ob sie in die Bürgerversicherung wechseln möchten.

Mehr Steuergerechtigkeit – unser Steuerkonzept

Sie sprechen die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes auf 19 Prozent an. An der Entscheidung der damaligen Koalition war ich persönlich nicht beteiligt. Ich heiße sie aber auch nicht gut. Generell halte ich Verbrauchssteuern wie die Mehrwertsteuer nicht für geeignet Steuergerechtigkeit – unser großes steuerpolitisches Ziel – herzustellen. Denn Verbrauchssteuern wirken gerade für kleine und mittlere Einkommen viel stärker belastend als für hohe und sehr hohe Einkommen. Eine allgemeine Absenkung des derzeitigen Mehrwertsteuersatzes halte ich aber ebenfalls für falsch. Sie würde lediglich dazu führen, dass die Gewinnspannen von Unternehmen wachsen während die Verbraucherpreise vermutlich nicht sinken würden weil die Steuersenkung eben nicht an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben würde.

Wir haben allerdings ein umfassendes Steuerkonzept beschlossen, mit dem wir zur Bundestagswahl antreten. Im Mittelpunkt dieses Konzepts steht unser Ziel mehr Steuergerechtigkeit zu erreichen. Steuergerechtigkeit heißt für uns: Starke Schultern tragen mehr als schwache. Wir wollen Familien, Alleinerziehende sowie kleine und mittlere Einkommen gezielt entlasten und den sogenannten „Mittelstandsbauch“ abbauen. Wie das gehen kann, haben wir seriös durchgerechnet.

Wir schaffen den Soli für kleine und mittlere Einkommen sofort ab, in einem zweiten Schritt für alle übrigen Steuerzahler. Das bringt den Bürgerinnen und Bürgern eine Entlastung von zehn Milliarden Euro. Entlastung für Familien und Alleinerziehenden mit kleinen und mittleren Einkommen erreichen wir aber gerade auch durch gebührenfreie Bildung und Ausbildung. Bei der Einkommensteuer wollen wir einen Familientarif und einen Kinderbonus zusätzlich zum Ehegattensplitting einführen. Ehepaare sollen zwischen Ehegattensplitting und Familientarif mit Kinderbonus frei wählen können. Und wir wollen ein erweitertes Kindergeld für einkommensschwache Familien, für die Kindergeld und Kinderzuschlag zusammengefasst werden sollen. Davon können bis zu einer Million Kinder profitieren.

Wir wollen eine gerechtere Einkommensteuer. Dazu soll der Spitzensteuersatz nicht mehr wie bisher ab 54.000 Euro Jahreseinkommen greifen, sondern erst ab 60.000 Euro. Damit entlasten wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer um ca. 2 Mrd. Euro. Den Spitzensteuersatz wollen wir linear-progressiv auf 45% anheben. Dieser Satz soll ab 76.200 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen bei Singles greifen, bei Ehepaaren ab 154.000 Euro. Bei anhaltend guter Wirtschaftslage soll die Anhebung des Grundfreibetrags über die jährliche Anpassung aufgrund der Ergebnisse des Existenzminimumsberichts hinaus regelmäßig geprüft werden. Und wir wollen die sogenannte „Reichensteuer“ in Höhe von 3% auf den Spitzensteuersatz zukünftig ab einem zu versteuernden Einkommen für Ledige von 250.000 Euro fix erheben.

Gleichzeitig werden wir zielgerichtet investieren: 30 Milliarden Euro für Bildung, Digitalisierung, Forschung und Infrastruktur. Deshalb werden wir zur Gegenfinanzierung auch die Reichensteuer erhalten und die Abgeltungssteuer abschaffen. Sie haben Recht, dass Kapital und Arbeit wieder gleich besteuert werden müssen.

Bei der Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben müssen wir eine gerechte Beteiligung aller sicherstellen. Auch um den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu stärken, ist die angemessene Beteiligung der oberen Einkommens- und Vermögensbezieherinnen und -bezieher an der Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben wichtig. Je weniger der eigene Reichtum mit eigener Leistung zusammenhängt, desto mehr stellt sich die Frage nach einem steuerlichen Ausgleich. Deshalb werden wir auch eine neuerliche Reform der Erbschaftsteuer angehen. Denn hier war mit der Union nur ein Minimalkonsens zu erreichen.

Es kann auch nicht sein, dass es immer noch keine Umsatzsteuer auf Finanztransaktionen gibt und gleichzeitig beim Kauf von Babynahrung 19 Prozent Mehrwertsteuer anfallen. Deshalb halten wir an unserer Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer fest. Ich halte es für skandalös, dass Herr Dr. Schäuble als Finanzminister die Finanztransaktionssteuer zugunsten von Zockern und Spekulanten und entgegen anderer Aussagen blockiert.

Auch der Kampf gegen Steuerhinterziehung, Steuerbetrug und schädliche Steuervermeidung von Unternehmen sind ein wichtiger Bestandteil unseres Konzepts für mehr Steuergerechtigkeit.

Handelspolitik und Wirtschaft

Der teilweise völlige Ausschluss der Öffentlichkeit von der Verhandlungen zu den Handelsabkommen der Europäischen Union mit den Vereinigten Staaten von Amerika (TTIP) und Kanada (CETA) war falsch. Der beste Rahmen für solche Verhandlungen sind die Vereinten Nationen mit ihren Organisationen für Arbeit (ILO), Handel (UNCDAT) und Entwicklung (UNIDO), sowie die Welthandelsorganisation (WTO).

Grundsätzlich befürworte ich Handel – er muss jedoch fair gestaltet sein. Wenn Handelsabkommen jedoch so umgesetzt werden, dass er zu Lasten von kleinen und mittleren Unternehmen, Umwelt- und Sozialstandards oder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geht, lehne ich ihn ab. Deshalb sehe ich beispielsweise auch Handelsabkommen der Europäischen Union mit afrikanischen Staaten kritisch. Es darf auch keinerlei Sondergremien geben, die Handelsverträge ohne demokratische Kontrolle interpretieren und fortschreiben können. Plumper Protektionismus, wie ihn derzeit die Trump-Regierung in den Vereinigten Staaten von Amerika betreibt, nützt langfristig niemandem, schadet dafür aber uns allen. Mit der Wahl von Herrn Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika ist TTIP praktisch tot.

Unser Anspruch muss es sein, den weltweiten Handel gerecht zu gestalten. Wir sollten zum Beispiel auch die Handelsabkommen mit den afrikanischen Staaten neu diskutieren, damit wir dort nicht die regionale Entwicklung zerstören. Es ist ein riesiger Fehler die dortige Landwirtschaft nicht besser zu schützen und mit europäisch subventionierten Billig-Exporten die lokale Wirtschaft in die Knie zu zwingen. Wenn wir auf europäischer Ebene solche Handelspolitik betreiben, brauchen wir uns nicht über die vielen zu Menschen wundern, die in ihrer Heimat keine Perspektive mehr sehen und zu uns fliehen.

Der Beschluss des SPD-Konvents vom 19.09.2016 enthält eine inhaltlich gute Bewertung des damals vorliegenden CETA-Vertragsentwurfes. Die SPD hat deutlich gemacht, dass die damals vorliegende Fassung des Vertrags wichtige von uns formulierte rote Linien reißt und CETA so für uns nicht zustimmungsfähig ist.

Wie Sie vermutlich wissen, habe ich am 22.09.2016 dem Antrag der Koalitionsfraktionen zugestimmt, mit dem wir die Bundesregierung aufgefordert haben, den Bundestag weiterhin über die Verhandlungen mit Kanada zu informieren und im Rat der Europäischen Union das Ratifizierungsabkommen zu eröffnen. Dieser Beschluss ist keine Zustimmung zu CETA in der damals vorliegenden Fassung gewesen. Mir ging es vor allem darum, die Verhandlungen weiter zu führen und Verbesserungen zu erreichen. Denn wer nicht verhandelt, hat schon verloren.
Grundsätzlich finde ich es sehr wichtig, dass die Verbindungen zwischen Politik und Wirtschaft offen dargelegt werden.

Transparenz ist wichtig für unsere Demokratie. Für mehr Transparenz brauchen wir ein verpflichtendes Lobbyregister im Deutschen Bundestag. Die SPD will es per Gesetz einrichten. Die Öffentlichkeit soll so Auskunft darüber erhalten, welche Interessenvertretung mit welchem Budget für wen tätig ist. Bereits im Regierungsprogramm 2013 hatte die SPD ein verbindliches Lobbyregister gefordert: „Damit Entscheidungsprozesse nachvollziehbar werden, wollen wir ein Lobbyregister beim Deutschen Bundestag einrichten.“

Leider hat unser Koalitionspartner CDU/CSU einen entsprechenden Beschluss des Deutschen Bundestages in dieser Legislatur verhindert. Wie wichtig solche Transparenz-Regelungen aber sind, zeigen auch die aktuellen Enthüllungen zum Diesel-Skandal und der engen personellen Verflechtung zwischen Automobilwirtschaft und CDU/CSU als Regierungsparteien. Vor dem Hintergrund dieses Skandals wird die vehemente Ablehnung zusätzlicher Transparenz auch im Deutschen Bundestag durch die Unionsparteien nachvollziehbarer – und noch erschreckender. Denn dieser Skandal offenbart den Grund für die ablehnende Haltung der Unionsparteien zu deutlich mehr Transparenz. Ich werde mich weiterhin für ein verpflichtendes Lobbyregister einsetzen.

Ich hoffe Ihnen mit meiner Stellungnahme Ihre Entscheidung bei der Bundestagswahl am 24.09. erleichtert zu haben. Ich lade Sie herzlich dazu ein im Wahlkampf auch mit mir persönlich ins Gespräch zu kommen. Die Termine meiner Wahlkampfveranstaltungen finden Sie auf meiner Facebook-Seite unter: https://www.facebook.com/martina.stammfibich/

Mit freundlichen Grüßen

Martina Stamm-Fibich

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