Martina Michels
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DIE LINKE
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Frage von Frauke I. •

Frage an Martina Michels von Frauke I. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Michels,

wie halten Sie es mit einer zukunftsfördernden Mobilitätsprämie für alle statt einer Abwrackprämie, die letztendlich wieder die Umwelt belasten würde?

Mit freundlichen Grüßen,
Frauke Isbruch

Martina Michels
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Isbruch,

vielen Dank für Ihre Frage zu einem dauerhaft aktuellen Thema. Eine Prämie für alle für den Umstieg auf umweltschonende Verkehrsmittel kann ein Weg sein. Ein anderer Vorschlag wäre: Die Bahncard 50 würde in Form einer Mobilitätsprämie oder auf anderem Wege für alle kostenlos. Wir setzen uns nicht erst seit heute für kostenlosen ÖPNV ein, dazu gibt es eine Reihe Pilotprojekte und für Schülerinnen und Schüler haben wir es beispielsweise in Berlin seit 2019 ein kostenloses Ticket eingeführt. Der Umstieg auf Rad und Lastenrad sollte gefördert werden. Auch Unternehmen sollten sie nachhaltige Mobilität Ihrer Mitarbeiter*innen fördern, z. B. durch die Übernahme eines Teils der Kosten für ÖPNV-Jahrestickets oder Bereitstellung von Dienstfahrrädern oder Car-Sharing Plattformen.

Damit der Umstieg funktioniert, muss es aber vor allem öffentliche Investitionen den Ausbau des Schienen- und Fahrradwegenetzes, saubere Fahrzeuge, einschließlich im ÖPNV, in Züge und Nachtzüge, und entsprechende Infrastruktur nachhaltiger erneuerbarer Energien geben. Das schafft auch ökologisch sinnvolle Arbeitsplätze und kann Beschäftigten in der Mobilitäts-, Energie- und Produktionsbranche eine Perspektive in der nötigen Verkehrs- und Energiewende bieten.

Die Autoindustrie spielt eine zentrale Rolle für den Arbeitsmarkt und für die Klimapolitik. Wer die Klimakatastrophe aufhalten will, wird in Zukunft nicht auf Verbrennungsmotoren setzen können. Mit der Umstellung auf nachhaltige Mobilitätsmodelle und Energien und stärkerem Fokus auf öffentlichen Personennah- und Fernverkehr wird sich auch die Produktion und die Ansprüche an Zulieferer ganz grundlegend verändern. In der Corona-Krise hat sich gezeigt, dass die Umstellung der Produktion zum Beispiel von Autoteilen auf Schutzmasken möglich ist, warum dann nicht auch auf modernere nachhaltige Materialien, Energien und Produkte.

Eine so genannte Abwrackprämie für die Autoindustrie wäre sozial, ökologisch und wirtschaftlich der falsche Schritt. Wenn der Staat mit viel Geld in die Automobilindustrie eingreift, dann muss er das mit Weitsicht tun. Rettungspakete für den Erhalt von Arbeitsplätzen auch für Automobilhersteller und Zulieferer, die Stützung von Industrie und Handel durch Kurzarbeitsmodelle sind leider in der Corona-Krise weiterhin nötig, damit Menschen in Lohn und Brot bleiben. Doch mit politischem Mut kann und muss damit auch der sowieso anstehende Strukturwandel angestoßen und bestärkt werden. Was dabei nicht erfolgen darf, sind Verschiebung von öffentlichen Fördermitteln an private Aktionäre und Boni der Manager: keine Dividenden in der Krise. Alle Fördermittel, ob nun für den Kohleausstieg, Kurzarbeitergeld, Umbau der Automobil- oder anderer Industrien müssen in moderne und gute Arbeits- und Ausbildungsplätze, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Infrastruktur vor Ort und nachhaltige erneuerbare Energien gesteckt werden. Keine Abwrackprämie für Geschäftsmodelle und Mobilität von gestern. Staatshilfen müssen den Umbau der Produktion auf umweltfreundliche Mobilitätsformen stützen. Ein elektrobetriebener SUV gehört meiner Meinung nach nicht dazu.

Um den Strukturwandel inklusiv zu gestalten, ist es auch erforderlich, die betrieblichen und gesellschaftlichen Mitbestimmungsmodelle weiterzuentwickeln. Veränderung klappt dann am besten, wenn alle mitmachen.

Schließlich ist zu fragen, ob wirklich jeder Weg nötig ist. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass Homeoffice, Videokonferenzen und digitale Zusammenarbeit in einer Reihe von Berufen möglich ist. Ein Recht auf zeitweise Telearbeit in dafür geeigneten Berufen verbunden mit Zuschüssen für die Ausstattung eines gesunden und sicheren Arbeitsplatzes zu Hause hielte ich für richtig.

All diese Diskussionspunkte spielen unter anderem auch im Rahmen meiner Arbeit im Ausschuss für Regionale Entwicklung im Europaparlament eine wichtige Rolle. Ich möchte Sie einladen, sich über diese und andere Tätigkeiten der Delegation der LINKEN. im Europaparlament auf https://www.dielinke-europa.eu/ zu informieren.

Mit freundlichen Grüßen,

Martina Michels

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