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Frage von Karl P. •

Frage an Martin Schulz von Karl P.

Wann kommt ein für ganz Europa gültiges Einwanderungsgesetz und vieviele Flüchlinge sollen noch nach Europa kommen - alle können nunmal nicht zu uns - und was gedenkt die EU in den Flüchtlingsländern zu unternehmen das diese nicht noch mehr ausbluten und ihre Bevölkerung in ihrer Heimat verbleiben kann.

Danke für ihre Antwort und ihr freundliches Bemühen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr P.,

für Ihre Fragen zum immer wichtiger werdenden Thema "Immigration und Flüchtlinge" danke ich Ihnen sehr.

Viele machen "die EU" für den Tod von Flüchtlingen verantwortlich. Aber es gibt überhaupt keine echte EU-Asyl- und Migrationspolitik. Es gibt einen Flickenteppich aus 28 verschiedenen einzelstaatlichen Systemen. Über die Migrationspolitik wird nicht in Brüssel entschieden. Die Entscheidungen, ob ein Land Flüchtlinge aus einem Kriegsgebiet aufnimmt, ob Asyl gewährt, eine Rückführung angeordnet oder eine Rettungsmission entsandt wird, fallen in London, Berlin, Paris, Rom, Riga oder Lissabon. Weil in den vergangenen 20 Jahren die Innenminister Ihrer Länder nicht in der Lage oder nicht willens waren, ein europäisches System zu entwickeln.

Gemeinsam müssen wir nun einen humanen und zugleich realistischen Weg finden, wie wir mit Migration umgehen. Unser gemeinsames europäisches Handeln muss im Geiste der Solidarität stehen, und die Verantwortung muss fair auf alle Staaten der EU verteilt werden.

Wir müssen die Verantwortung im Geiste der europäischen Solidarität fair teilen. Denn es ist einfach nicht gerecht, die Mittelmeeranrainerstaaten mit der Migrationsfrage alleine zu lassen. Das Management der EU-Außengrenzen ist eine gemeinsame europäische Aufgabe und nicht Sache Maltas, Griechenlands, Zyperns, Spaniens oder Italiens. Es ist auch nicht fair, dass eine kleine Zahl von Ländern in Mittel- und Nordeuropa die Mehrheit der Flüchtlinge aufnimmt. Wir brauchen ein System, um die Flüchtlinge gerechter zu verteilen.

In diesem Sinne hat das Europäische Parlament am 29. April 2015 mit großer Mehrheit (449 befürwortende Stimmen) eine Entschließung zur Migrations- und Asylpolitik der Europäischen Union angenommen. Darin fordert das Europäische Parlament "die Kommission auf, eine verbindliche Quote für die Aufteilung von Asylbewerbern auf alle Mitgliedstaaten festzulegen", und "betont, dass politische Maßnahmen zur freiwilligen Rückkehr zu unterstützen sind, wobei der Schutz der Rechte aller Migranten gewährleistet und der sichere und legale Zugang zum EU-Asylsystem unter Beachtung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung sichergestellt werden muss".

Die Europäische Kommission hat als Reaktion auf die Forderungen des Parlaments und des Rates am 13. Mai 2015 eine Europäische Migrationsagenda vorgelegt. Am 27. Mai 2015 hat sie die ersten Vorschläge für konkrete Maßnahmen zur Bewältigung der derzeitigen Herausforderungen im Bereich Migration angenommen.

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder haben diese Vorschläge bei ihrer Tagung Mitte Juni aufgegriffen und sich dabei auf drei zentrale Dimensionen - Umsiedlung/ Neuansiedlung, Rückkehr bzw. Rückführung/ Rückübernahme/ Wiedereingliederung und Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern - konzentriert. Weitere Details sind in den Schlussfolgerungen vom 25. und 26. Juni 2015 des Europäischen Rates zusammengefasst.

Ausführlichere Informationen sind auf der Webseite der Generaldirektion Migration und Inneres der Europäischen Kommission auf der Webseite "Priorität der Kommission - Migration - Auf dem Weg zu einer Europäischen Migrationsagenda" sowie auf der Webseite der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex verfügbar.

Das Europäische Parlament wird die Entwicklungen in diesem Bereich auch weiterhin kritisch beobachten und konstruktiv begleiten.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Schulz
Präsident des Europäischen Parlaments