Lars Maximilian Schweizer
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Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Mario B. •

Co-2 reduzieren habe ich verstanden. Kraftwerke, Fernleitungen, Pufferspeicher werden aber zu spät kommen. Welchen Notbehelf nehmen? Erdgas statt Kohle/Öl? Mehr Import (Strom oder H-2)?

Ich finde es immer wieder schade, daß politische Kommunikation im Allgemeinen bleibt ohne konkret zu werden oder über Größenordnungen zu reden. Die dicken Brocken der Energieversorgung sind die Kraftwerke und die Erzeugung von Grundstoffen wie Stahl, Alu und Beton. Dagegen verblassen Heizungen, Verkehr und verarbeitende Industrie. Ich nehme an, daß Wasserstoff so schnell und viel wie möglich in die industriellen Prozesse eingeführt werden sollte, und das nicht nur als Wärmequelle, sondern als Prozessfaktor.
Meine Skepsis kommt von der Länge der bürokratischen Genehmigungen.
Mit freundlichen Grüßen, Mario Behnke

Lars Maximilian Schweizer
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Behnke,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Nach dem Willen der Großen Koalition werden in Deutschland Kohlekraftwerke noch bis 2038 dem Klima und unserer Gesundheit schaden. Das ist mit den Klimazielen von Paris und dem 1,5- Grad-Pfad nicht vereinbar. Wir GRÜNE setzen uns dafür ein, den Kohleausstieg bis 2030 zu vollenden. In diesem Sinne werden wir alle Möglichkeiten – auch auf EU-Ebene – nutzen. Um nicht erneut den Kohlekonzernen Milliarden an Steuergeldern zu schenken, werden wir die massiven Klimaschäden der Kohleverstromung einpreisen. Das gelingt am besten über den EU- Emissionshandel – mit einem lenkenden CO2-Preis. Deswegen müssen wir beim Ausbau der Erneuerbaren Energien schneller vorankommen. 

Klimaneutralität in weniger als 30 Jahren heißt, dass die eine fossile Infrastruktur nicht einfach durch eine andere fossile Infrastruktur ersetzt werden darf. Wir leiten daher den Einstieg in den Ausstieg aus den Fossilen ein: Die Planung unserer Infrastruktur für Strom, Wärme und Wasserstoff braucht ein Update und muss Klimaneutralität in den Mittelpunkt stellen. Neue Gaskraftwerke oder Infrastrukturen, die wir für den Kohleausstieg brauchen, darf es deshalb überhaupt nur geben, wenn sie aktuell zwingend notwendig sind und bereits Wasserstoffready geplant und gebaut werden. Wir werden die rechtlichen Grundlagen dafür schaffen, dass neue Betriebsgenehmigungen zeitlich befristet erteilt werden und den Wechsel von Erdgas zu erneuerbaren Energieträgern enthalten. Denn auch Erdgas ist ein klimaschädlicher Brennstoff, sein Gebrauch muss immer weiter abnehmen. Die extrem klimaschädlichen Emissionen, die bei Erdgasförderung und -transport entstehen, wollen wir schnellstmöglich reduzieren. Neue Hafenterminals zur Anlandung von Flüssigerdgas sollen nicht mehr genehmigt werden. Neue Erdgas-Pipelines wie Nord Stream 2, die nicht auf grünen Wasserstoff ausgerichtet sind, zementieren auf Jahrzehnte Abhängigkeiten von klimaschädlichen Ressourcen, konterkarieren die Energiewende und sollten gestoppt werden.

Wasserstoff aus erneuerbaren Energien, sogenannter grüner Wasserstoff, ist zentral für die Versorgungssicherheit in einer klimaneutralen Welt. Denn Wasserstoff ist gut speicherbar und, wenn er mit Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, auch klimafreundlich. Deutschland ist bei den Technologien zur Erzeugung von Wasserstoff weit vorne. Diese Führungsrolle wollen wir weiter ausbauen und die entsprechende Infrastruktur dafür schaffen. Mit Marktanreizen und einem umfassenden Förderprogramm werden wir die Kapazitäten zur Wasserstoffherstellung in Deutschland schaffen. Auch wenn grüner Wasserstoff prioritär bei uns produziert werden sollte, werden wir zur Bedarfsdeckung Wasserstoff importieren müssen. Die Infrastruktur für Wasserstoffimporte müssen wir jetzt etablieren. Für die Importe werden wir faire Kooperationen mit wind- und sonnenreichen Ländern anstoßen und ausbauen und die Exportländer bei der Energiewende unterstützen. Unser Ziel ist, dass erneuerbare Energien effizient und wirtschaftlich genutzt und Elektrolyseure systemdienlich eingesetzt werden. Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe dürfen nicht Teil einer Verzögerungstaktik sein, sondern sollen aktiv zu Klimaneutralität beitragen. Die direkte Nutzung von Strom über Batterien oder Wärmepumpen ist in der Regel viel effizienter. Es gilt daher, Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe gerade dort zum Einsatz zu bringen, wo sie wirklich gebraucht werden: etwa in der Industrie, in der Schifffahrt oder beim Flugverkehr.

Wir müssen jedoch in allen Bereichen den CO2-Ausstoß verringern. Heruntergebrochen auf Baden-Württemberg war der Verkehrssektor 2018 mit 31 Prozent für fast ein Drittel der Treibhausgasemissionen des Landes verantwortlich. 20 Prozent trug die Stromerzeugung bei, 14 Prozent entfielen auf private Haushalte (Heizungen usw.). Deswegen ist es höchste Zeit, dass alle Neubauten und Bauwerke inklusive der Baustoffe im gesamten Lebenszyklus klimaneutral geplant werden und entsprechend umfassende energetische Sanierungen erfolgen. Und deswegen erfordert der Weg zur Klimaneutralität, unsere Mobilität im 21. Jahrhundert grundlegend neu zu denken.

Mit freundlichen Grüßen

Team Lars Maximilian Schweizer