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Lars Klingbeil
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Frage von Manfred Willi R. •

Frage an Lars Klingbeil von Manfred Willi R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Klingbeil.

Mich würde Ihre persönlich Meinung als mein Bundestagsabgeordneter zum Datenerfassungsskandal der USA und des EU Mitglieds Großbritannien interessieren. Was gedenken sie als Abgeordneter dagegen konkret zu unternehmen? Vielen Dank für eine Antwort.

Mit freundlichrn Grüßen aus ihrem Wahlkreis,

M. W. Reichert

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Sehr geehrter Herr Reichert,

vielen Dank für Ihre Frage, zu der ich sehr gern wie folgt kurz Stellung nehme:

Das Bekanntwerden und insbesondere das Ausmaß des Überwachungsskandals durch amerikanische und britische Nachrichtendienste haben mich sehr erschüttert. Natürlich hat man es immer vermutet hat, eine solche flächendeckende Totalüberwachung allerdings hat wohl kaum jemand für möglich gehalten. Angesichts dieser offensichtlich millionenfachen Grundrechtsbrüche muss die Politik jetzt dringend handeln, zum einen, um das verlorenen gegangenen Vertrauen in die Sicherheitsbehörden zurückzugewinnen, zum anderen aber auch, um das Vertrauen in die digitale Infrastruktur der vernetzten Gesellschaft nicht noch stärker zu beschädigen.

Was wir jetzt tun müssen:

·Zunächst müssen endlich alle Fakten auf den Tisch. Die Bundesregierung und die Europäische Kommission müssen schnellstmöglich für Klarheit sorgen, inwieweit die Berichte so zutreffen und wo und in welchem Umfang eine Kommunikationsüberwachung erfolgt und wo die Verantwortlichkeiten hierfür liegen. Hierzu habe ich bereits zahlreiche Fragen an die Bundesregierung formuliert, deren Beantwortung jedoch mehr Fragen aufwirft, als sie beantwortet.

·Wir drängen, unter anderem in dem für die Geheimdienste zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremium, darauf, schnellst zu klären, wer von diesen Programmen wann Kenntnis hatte und die politische Verantwortung trägt, ob es hier eine Zusammenarbeit mit deutschen Behörden gab und wo und wie auf die Kommunikationsdaten zugegriffen wurde. Bislang stehen die meisten Antworten aber aus.

·Die Bundesregierung und die EU müssen darauf bestehen, dass diese Totalüberwachung sofort gestoppt wird. Die SPD drängt darauf, dass die Bundesregierung endlich die Grundrechte auch gegenüber den USA verteidigen muss.

·Auch die betroffenen Unternehmen müssen endlich glaubhaft darlegen, ob und in welchem Umfang sie amerikanischen, britischen oder auch anderen Behörden sie Zugang zu ihren Systemen gewähren bzw. die Ausleitung gestatten. Anders werden sie das Vertrauen ihrer deutschen und europäischen Nutzer nicht zurückgewinnen.

·Wir brauchen jetzt schnell die Novellierung des europäischen Datenschutzrechtes auf einem hohen Datenschutzniveau. Es muss klare und europaweit einheitliche Regelungen geben, unter welchen rechtlichen Vorgaben personenbezogene Daten verarbeitet und unter welchen Bedingungen amerikanische oder andere Unternehmen Daten im nichteuropäischen Ausland verarbeiten dürfen. Auch muss zwingend klargestellt sein, dass nichteuropäische Diensteanbieter in Europa, beispielsweise Google, Facebook oder Microsoft, zwingend an das europäische Datenschutzrecht gebunden sind.

·Wir brauchen auf EU-Ebene Verträge und auf internationaler Ebene völkerrechtliche Vereinbarungen, die klarstellen, dass das Ausspionieren von EU-Mitgliedsstaaten oder von Partnerländern tabu ist.

·Wir brauchen eine Debatte - und in der SPD führen wir diese sehr intensiv -, ob angesichts der technischen Entwicklung und angesichts der aktuellen Überwachungsskandale die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit noch hinreichend gewährleistet ist oder ob und wo wir diese ggfs. neu justieren müssen. Dazu zählt für mich auch, dass wir die Eingriffsbefugnisse der Ermittlungsbehörden - insbesondere die heimlichen Überwachungsbefugnisse - hinsichtlich ihrer tatsächlichen Notwendigkeit und Angemessenheit überprüfen müssen.

·Wir brauchen dringend eine grundlegende Überarbeitung der europäischen Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, die es den Mitgliedsstaaten erlaubt, von den Vorgaben abzuweichen oder Abstand zu nehmen.

Hierfür setze ich mich und setzt sich die SPD ein.

Abschließend möchte ich noch darauf verweisen, dass ich angesichts dieser massiven Grundrechtseingriffe auch rechtliche Schritte überprüfe, wobei sich dies allerdings angesichts der wenig gesicherten Informationen durchaus als nicht einfach erweist.

Wenn Sie weitere Informationen suchen, so können Sie hier ein Statement von mir finden, welches ich unmittelbar nach Bekanntwerden des Überwachungsskandals für die SPD-Fraktion abgegeben habe:

http://www.spdfraktion.de/themen/wir-brauchen-ein-wirksames-europ%C3%A4isches-datenschutzrecht

Meine Rede in der Debatte des Deutschen Bundestages zu dem Überwachungsskandal können Sie hier abrufen:

http://lars-klingbeil.de/content/117936.php

In einem Beitrag für das Debatten-Magazin The European habe ich mich wie folgt geäußert:

http://www.theeuropean.de/lars-klingbeil/7130-enthuellungen-um-prism-und-tempora

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Und für ZEIT Online habe ich folgenden Gastbeitrag verfasst:

http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2013-07/prism-klingbeil

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Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Lars Klingbeil

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