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Konrad Schily
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Frage von Nicolas Dr. H. •

Frage an Konrad Schily von Nicolas Dr. H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Schily,
heute wurde in der Londoner Presse berichtet, dass bei den Foltern in Abu Ghraib sogar Vergewaltigungen durchgeführt wurden. Dieses belegen laut Daily Telegraph einige der Bilder, deren Veröffentlichung von Herrn Präsident Obama wegen der besonderer CIA Grausamkeit verboten wurde. Sie hatten das Verbot der Veröffentlichung dieser Bilder, die laut Presse auch verstümmelte Leichen von Folteropfer zeigen sollen, mit einer Begründung begrüßt, die ich leider nicht nachvollziehen kann. Verstehe ich Sie richtig, dass Sie in der Konsequenz Ihrer Argumentation auch die Veröffentlichung von unerfreulichen Bildern aus deutscher Vergangenheit, insbesondere Bilder von Gestapofolter, ablehnen? Oder ist es bei Ihnen ganz einfach nur eine Frage der zeitlichen Distanz, dass wir uns nur mit bereits lange zurückliegenden Menschenrechtsverletzungen bekümmern dürfen, aber derzeitige Grausamkeiten in der Dunkelheit derzeitiger Folterzellen lieber nicht erwähnen sollen dürfen? Aber ist es mit dem Gewissen vereinbar, offensichtliche und übrigens noch nicht einmal von den Tätern bestrittene Folter von Menschen so weit wie möglich zu verschweigen? Und was hilft deutsche Aufarbeitung der Massenmorde an Juden, wenn heutige verstörende Ereignisse im Bereich der Menschenrechte nicht genannt werden dürfen? Ich war bei meinem Besuch im Jüdischen Museum Berlin erschüttert, sehe es aber nicht nur als Historie, sondern als Mahnung für Gegenwart und Zukunft. Niemand darf rechtlos in heimlichen Kellern staatlicher Organisationen gefoltert und ermorden werden, nach meiner Meinung.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Dr. Hepp,

bitte entschuldigen Sie die verzögerte Antwort.

Um eines vorneweg zu sagen: Ich halte Abu Ghraib ethisch und politisch für einen großen Fehler. Alle mit diesem Namen verbundenen Vorkommnisse sollten von einer unabhängigen Kommission untersucht und auf etwaige juristische Konsequenzen überprüft werden. Daneben brauchen wir eine breite Diskussion darüber, wie wir es im Zeitalter der "asymmetrischen Kriege" mit den völker- und kriegsrechtlichen Normen halten wollen. Für die FDP ist ganz klar: Die Achtung der Menschenrechte ist oberstes Prinzip.

Meine ablehnende Haltung gegenüber der Veröffentlichung von "Folterbildern" zielt in eine andere Richtung: Ich glaube nicht, dass diese Bilder - wenn es sie denn gibt - in unserer spektakelbezogenen Medienwelt einen wirklichen Beitrag zur politischen Diskussion leisten würden. Darüber hinaus ist die Fotografie - erinnern Sie sich an die Wehrmachtsausstellung - aufgrund ihres hohen affektiven Potenzials ein schwieriges Medium: Oftmals braucht man sehr sorgfältige Recherchen und ein großes Kontextwissen, um richtig zu deuten, was das vermeintlich so eindeutig vor Augen gestellt wird.

Etwas ganz anderes ist der wissenschaftliche Umgang mit Bildern. Hier glaube ich sehr wohl, dass sie für professionelle Bilderleser - Historiker, Medien- und Politikwissenschaftler - eine wichtige Quelle darstellen können. Gleichwohl gilt auch hier: Letztendlich muss ein Bild sorgfältig eingeordnet werden, damit es uns etwas über die Vergangenheit erzählt (mag diese 12 Monate oder 60 Jahre zurückliegen).

Mit einem Wort: Benennung von Missständen und Straftaten in aller Deutlichkeit. Die Veröffentlichung von Bildern hingegen nur mit größter Sorgfalt und in dem Wissen darum, dass auch ein Folteropfer nach unserem Rechtsverständnis immer das Recht den Schutz der eigenen Persönlichkeit haben muss und nicht einfach in das multimediale Bilderarchiv eingespeist werden darf.

Mit freundlichem Gruß

Dr. Konrad Schily