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Klaus Ernst
BSW
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Frage von Klaus G. •

Frage an Klaus Ernst von Klaus G. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Ernst,

Medien und Politiker warnen vor den hohen Rentenbelastungen für die nächsten Generationen.
Um diese Belastungen einzudämmen, wird die Rentenanpassungsformel kontinuierlich mit neuen, zusätzlichen Kürzungsfaktoren, wie Lohn-, Beitrags-, Nachhaltigkeits- und Nachholfaktor aufgebläht.
Die kommenden hohen Versorgungslasten für die Pensionen bei Bund, Ländern und Kommunen dagegen werden totgeschwiegen, obwohl die jährlichen Versorgungsausgaben bis zum Jahre 2050 auf über 140 Milliarden ansteigen werden. Mit geringen Abstrichen folgen die Pensionen der Einkommensentwicklung der aktiven Beamten. So wurden in diesem Jahr die Pensionen um 2,8 % erhöht während die Rentner mal wieder eine Nullrunde drehen.
Die Schere zwischen Pensionen und Renten öffnet sich laut Erhebungen des statistischen Bundesamtes, Fachserie 14, R 6.1, immer mehr, wenn nicht alle Pensionserhöhungen 1:1 und zeitnah auf die Renten übertragen werden. Für alle Rentner und Pensionäre muss die gleiche Anpassungsformel gelten.
Was werden Sie unternehmen um die Schere zwischen Renten und Pensionen zu schliessen, d.h. die Renten den Pensionen anzupassen?

Mit freundlichem Gruß

Klaus Gregorius

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Sehr geehrter Herr Gregorius,

Ab dem 1. Januar 2009 wurde zudem, wie sie richtig schreiben, die Besoldung um 2,8 Prozent erhöht. Hinzu kam eine Einmalzahlung von 225 Euro. Gleichzeitig wurde der Tarifabschluss vom Februar 2010 für die Tarifbeschäftigten bei Bund und Kommunen auch Anfang Mai für die Beamten des Bundes und für Versorgungsempfänger übernommen. Die Bundesregierung hat am 3. Mai 2010 den von Bundesinnenminister Thomas de Maizière vorgelegten Gesetzentwurf eines Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 2010/2011 (BBVAnpG 2010/2011) beschlossen. Das Gesetz selbst wurde bisher nicht in 2. und 3. Lesung und damit abschließend vom Deutschen Bundestag beschlossen.

Der Entwurf sieht die Übernahme des Ergebnisses der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst im Bund vom 27. Februar 2010 auf die Bezügeempfängerinnen und Bezügeempfänger des Bundes vor. Demnach werden die Bezüge und Pensionen in drei Schritten um insgesamt 2,1 Prozent erhöht. Rückwirkend zum 1. Januar erhalten die Beamten und Pensionäre 1,2 Prozent mehr, zum 1. Januar 2011 weitere 0,6 Prozent und am 1. August 2011 nochmals 0,3 Prozent.

Gleichzeitig wurden aber Sonderzahlungen (früher Weihnachtsgeld) in Höhe von rund 2,5 Prozent der Jahresbezüge als Solidarbeitrag zur Stabilisierung des Haushaltes einbehalten. Diese eigentlich bis 2010 begrenzte Maßnahme soll aber (laut Vorankündigungen der CDU im Innenausschuss zur Haushaltsdebatte) 2011 weitergeführt werden.

Die 2,8 Prozent Steigerung in 2009 sowie die Tarif- und Besoldungserhöhung für 2010 und 2011 resultierten also aus der Übertragung der Tarifverhandlungen des Öffentlichen Dienstes auf die Beamten/Pensionäre. Sie unterliegen damit einem völlig anderen Mechanismus als die jährliche Rentenanpassung zum 1. Juli. Diese werden maßgeblich an Hand der Bruttolohn- und Gehaltsentwicklung des vergangenen Jahres per Verordnung der Bundesregierung beschlossen. Wegen dieser völlig unterschiedlichen „Entstehungsweisen“ und Berechnungsgrundlagen sind Rente und Pensionen nur schwer vergleichbar. Beispielsweise gibt es für Beamte eine Mindestversorgung im Gegensatz zur gesetzlichen Rente.

Um tragfähige Vergleiche anstellen zu können, müsse beispielsweise der Anteil von Akademikern im Beamtenverhältnis berücksichtigt werden, ebenso wie eine Differenzierung nach Beamten und Angestellten mit ähnlichen Aufgaben und vergleichbarer Verantwortung. Dann würde deutlich werden, dass sowohl Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der Privatwirtschaft mit betrieblicher Altersversorgung als auch Angestellte im öffentlichen Dienst mit ihrem Alterssicherungsvermögen ähnliche Ansprüche haben wie Beamtinnen und Beamte.

Beeinflusst wird die Rentenanpassung zudem durch zahlreiche Kürzungsfaktoren in der Rentenanpassungsformel. Bis 2030 wird das Rentenniveau auf Grund dieser Faktoren um ca. ein Viertel niedriger ausfallen, als zu Beginn des Reformmarathons im Jahr 1999 unter Gerhard Schröder. Ein Durchschnittsverdiener muss dann 34 Jahre lang in die Rentenkasse einzahlen, um wenigstens das Grundsicherungsniveau zu erreichen. Heute sind es 28 Jahre. Die große Koalition aus Union und SPD hat diesen Kurs nahtlos fortgesetzt. Die von ihr beschlossene Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre wird die Situation noch verschärfen, denn viele Beschäftigte können nicht so lange arbeiten und müssen dann mit noch höheren Abschlägen in Rente gehen.

Wir haben also nicht das Problem zu Hoher Versorgungsansprüche der Beamten und Beamtinnen sondern eine politisch gewollte zu niedrige gesetzliche Rente. Deshalb würde ich es auch falsch finden, Beamte und Rentner gegeneinander auszuspielen. Natürlich haben beide Gruppen ein Interesse daran, ihren Lebensstandard im Alter zu halten.

DIE LINKE fordert deshalb einen grundlegenden Kurswechsel in der Rentenpolitik. Die gesetzliche Rente muss wieder zum Zentrum der Alterssicherungspolitik werden und den Lebensstandard im Alter sichern. Menschen mit einem durchschnittlichen Einkommen müssen wieder Renten erhalten, die einen deutlichen Abstand zur Grundsicherung aufweisen. Dazu müssen sämtliche Kürzungen aus der Rentenformel gestrichen werden. Die Anhebung des Renteneintrittsalters auf über 67 Jahre lehnen wir ab, weil sie für die meisten zu hohen Abschlägen führen wird und deswegen nichts außer einer weiteren Kürzung der Renten bewirkt Stattdessen wollen wir flexible Übergänge in die Rente vor dem 65. Lebensjahr ermöglichen und die gesetzliche Rente sozial gerecht zukunftsfest machen: Sie soll in Zukunft alle Erwerbstätigen erfassen. Auch Selbständige, Beamte und Politiker/innen sollen in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Die Beitragsbemessungsgrenze wollen wir aufheben und die hohen Rentenansprüche abflachen. Dadurch wird mehr Geld in die Rentenkasse eingezahlt, das dann gerechter verteilt werden kann. Dieser Solidarausgleich soll erweitert werden, damit Phasen der Erwerbslosigkeit oder Kinderbetreuung und niedrige Löhne nicht in die Altersarmut führen. Insbesondere sollen für Arbeitslosengeld II-Beziehende höhere Beiträge zur Rentenkasse geleistet und die Rentenansprüche von Geringverdienenden aufgewertet werden. Ungerechte Berechnungsgrundlagen in der Rente zwischen Ost und West müssen 20 Jahre nach der deutschen Einheit endlich beseitig werden. Kein Mensch soll im Alter weniger als 800 Euro aus der Rente oder Grundsicherung haben. All dies muss von einer Politik für gute Arbeit und gute Löhne flankiert werden. Unter dem folgendem Link finden Sie zudem ausführlich unsere rentenpolitischen Forderungen: http://www.klaus-ernst-mdb.de/aktuell/positionen/detail/browse/2/zurueck/rente/artikel/beschluss-parteivorstand-die-linke-verabschiedet-rentenprogramm/

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Ernst

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