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Kerstin Westphal
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Frage von Johann L. •

Frage an Kerstin Westphal von Johann L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Fr. Westphal!

Die Europawahl´2014 steht kurz bevor und dennoch haben wir Bürger darüber noch viel zu wenig Information. Erfreulicherweise gibt es in den vergangenen Wochen Veröffentlichungen (z.B. Südd.Zeitg vom 2014-04-11) über die gewachsene Bedeutung des Europaparlamentes and damit auch die Bedeutung der bevorstehenden Wahl. Es fehlt noch an Information zur Entscheidung für die eine oder andere Partei. Manche Partei hat inzwischen ein Wahlprogramm im Internet veröffentlicht, doch damit werden sicher nur wenige Bürger erreicht, abgesehen davon, dass die dortigen Aussagen viel zu abstrakt und allgemein gehalten sind (ich habe z.B. das Programm der GRÜNEN gesichtet; die anderen Parteien hatten zu dem Zeitpunkt noch kein verabschiedetes Programm.)

Ich will zur Europawahl gehen und will wissen, was mich erwartet, wenn ich meine Stimme z.B. ihrer Partei gebe. Deshalb bitte ich um Antwort auf folgende Fragen:

Frage 1:

Welches sind aus der Sicht ihrer Partei heute die 3 wichtigsten bzw dringendsten Fragen in der Europapolitik und welche Initiativen wird ihre Partei dazu ergreifen?

Frage 2:
Welche Erfolge bei der Lösung jener 3 Fragen kann ihre Partei für die abgelaufene Wahlperiode vorweisen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Lemke,

zunächst einmal bedanke ich für Ihre Anfrage und begrüße Ihren Entschluss in jedem Fall zur Europawahl zu gehen sehr.

Warum sollten Sie der SPD bei der Europawahl ihre Stimme geben? Dazu will ich nachfolgend Ihre Fragen beantworten:

Zu 1.: Die SPD will Europa anders machen.

a.) Wir wollen ein gerechteres Europa. Eines, in dem seine gewählten Politiker und nicht die Finanzmärkte die Richtung vorgeben. Eines, in dem Banken selber haften, und nicht die Steuerzahler. Eines in dem nicht private Schulden in öffentliche Schulden umgewandelt werden und Volkswirtschaften zerstören.

(1) Deshalb brauchen wir einen europaweiten Fonds, aus dem Banken notfalls gerettet werden können. Aber in diesen Bankenfonds zahlen nicht die Bürgerinnen und Bürger ein, sondern die Banken selbst.

(2) Wir wollen außerdem die Finanztransaktionssteuer, weil es nicht sein kann, dass auf jedes Brötchen Steuer bezahlt wird, auf Aktienpakete aber nicht.

(3) Wir wollen Spekulationen mit Rohstoffen und Nahrungsmitteln verhindern. Wir wollen Finanzprodukte von einem Finanz-TÜV prüfen lassen, um die Verbraucher zu schützen.

(4) Wir wollen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug entschieden bekämpfen, denn nur so ist ein gutes Gemeinwesen finanzierbar.

b.) Wir wollen Wachstum schaffen. Wachstum entsteht durch Nachfrage. Und zwar nicht in der Finanzwirtschaft, sondern in der Realwirtschaft. Europa hat kein Wettbewerbs-Problem, sondern ein Nachfrage-Problem. Dabei war Europa jahrzehntelang der innovativste Standort weltweit, mit den besten Ideen und den besten Köpfen.

(1) Wir wollen eine langfristige europäische Strategie für Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit.

(2) Wir wollen die europäischen Schlüsselindustrien weiter stärken, und dort, wo der industrielle Wandel Schwierigkeiten verursacht, mit EU-Geldern helfen. Moderne Infrastruktur, ressourcenschonende Produktion, mehr Geld für Forschung, und Unterstützung für die Ausbildung von gut qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

c) Wir wollen ein Europa das demokratisch und nicht bürokratisch ist. Die Bürokratisierung Europas ist nicht nur etwas, was sich in einem Zuviel an detailreichen Regelungen ausdrückt, sondern es ist ein Trend gewesen, der vor allem seit Ausbruch der Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise gepflegt wurde, der "in" war und ist. Ich meine, die dauerhaften EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs, ich meine die Hinterzimmer-Entscheidungen über Staatsschulden und die Zukunft Europas. Und ich meine Verhandlungen über internationale Abkommen, wie gerade beim Freihandelsabkommen mit den USA. Das darf nicht im Hinterzimmer geschehen. Es geht um die Entscheidungen über das wirtschaftliche Gedeihen Europas. Das sind keine Kleinigkeiten. Die sind für uns alle so allumfassend und für jeden Einzelnen von uns so bedeutsam und so wichtig. Man kann doch dann nicht allein 28 Menschen über das Wohl und Wehe von 500 Millionen Europäerinnen und Europäern entscheiden lassen. Das gehört in die Hände der gewählten Volksvertreter.

Zu 2.: (nur in aller Kürze - eine genauere Übersicht finden Sie auch hier http://www.socialistsanddemocrats.eu/sites/default/files/SD-ActivityREPORT_2014_02%20-%20EN_1.pdf )

a.) Die Finanzmarkregulierung in dieser Legislatur haben wir nicht nur mitgestaltet, sondern aktiv angeschoben. Zu unseren Erfolgen zählen die Regulierung der Ratingagenturen, Obergrenzen für Bankerboni, höhere Kapital- und Stabilitätsanforderungen für Banken, die Schaffung neuer europäischer Aufsichtsbehörden und Verbote oder Kontrollen für einige der riskantesten Spekulationspraktiken.

Im Mai 2013 nahm das Europäische Parlament unsere Vorschläge für ein Durchgreifen gegen Steuerhinterziehung, Steuerflucht und Steueroasen an, die den Steuerbetrug bis 2020 halbieren sollen.

b.) Bei dem Langzeitprogramm Horizont 2020, das den Rahmen für die EU-Forschungsausgaben festlegt, hat die Sozialdemokratische Fraktion für ein starkes Siebenjahresprogramm gekämpft, um Forschung und Entwicklung abzusichern.

c.) Die Sozialdemokratische Fraktion war führend bei der Ablehnung von ACTA (das umstrittene Handelsabkommen gegen Marken- und Produktpiraterie), weil es unausgeglichen war und möglicherweise den Zugang zu generischen Medikamenten eingeschränkt hätte.

Ich hoffe, dass diese Informationen Ihnen bei Ihrer Wahlentscheidung dienlich sind.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Westphal