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Kerstin Andreae
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Frage von Thomas S. •

Frage an Kerstin Andreae von Thomas S. bezüglich Gesundheit

Guten Tag Frau Andreae,

Zur Dieselproblematik vertreten Sie folgende Position:

“ Wir wollen die Luft rasch sauberer machen und die Gesundheit der Menschen schützen. Wir fordern deshalb eine schnelle und wirksame Nachrüstung der schmutzigen Diesel. Fahrverbote können nur das letzte Mittel sein, wenn das nicht wirkt. "

https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/kerstin-andreae

Mir erscheint Ihre Aussage als zu unverbindlich.

Am 18.09.2015 wurde öffentlich, dass VW eine illegale Abschalteinrichtung in der Motorsteuerung seiner Diesel-Fahrzeuge verwendete um US-amerikanische Abgasnormen zu umgehen.

"Die etwa 2,6 Millionen in Deutschland verkauften VW-Fahrzeuge mit Abschalteinrichtung verursachten zwischen 2008 und 2015 etwa 1200 vorzeitige Todesfälle mit einem Gesamtverlust von ca. 13.000 Lebensjahren. Sollten bis Ende 2017 alle betroffenen Fahrzeuge so umgerüstet werden, dass sie die Abgas-Grenzwerte einhalten, könnten weitere Todesfälle mit zusammen ca. 29.000 verlorenen Lebensjahren vermieden werden."

https://de.wikipedia.org/wiki/Abgasskandal

1. Wie werten Sie den Zusammenhang
zwischen der Überschreitung der Abgasgrenzwerte und vorzeitigen Todesfällen?

2. Was wollen Sie konkret politisch unternehmen um eine schnelle und wirksame Nachrüstung der schmutzigen Diesel zu bezwecken?

3. Wer soll diese Nachrüstung finanzieren?

4. Welche Terminsetzung für diese Nachrüstung halten Sie für sinnvoll?

4. Provoziert die politisch bis dato tolerierte Verletzung der Abgasgrenzwerte nicht ohnehin Fahrverbote?

5. Was halten Sie von preiswerteren Tarifen bei Bus und Bahn, die zudem auch wenig begüterten Menschen ohne Auto zugute kommen würden?

Viele Grüße, T. S.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

es geht ja nicht nur um die manipulierten Dieselfahrzeuge. 490.000 Tonnen Stickoxide werden in Deutschland jährlich durch den Verkehr ausgestoßen. Das ist fast doppelt so viel, wie vom gesamten Energiesektor. 10.000 Menschen sterben jedes Jahr vorzeitig durch die Stickoxid-Emissionen des Straßenverkehrs. Nachdem bekannt wurde, dass Fahrzeuge mit Dieselmotoren auf der Straße deutlich mehr Schadstoffe ausstoßen als unter Testbedingungen, haben wir Grüne im Bundestag einen Untersuchungsausschuss durchgesetzt. Ergebnis: Organisiertes Staatsversagen ermöglichte den millionenfachen Abgasbetrug. Mit dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, zahlreichen Initiativen und Kleinen Anfragen setzen wir uns für die Aufklärung des Abgas-Skandals ein. Es geht um Verbraucherschutz, die Gesundheit aller BürgerInnen und die Zukunft der Autoindustrie.

Der Skandal, für den die Bundesregierung durch wissentliches Wegsehen erst die Voraussetzungen schuf, betrifft aber die gesamte Automobilindustrie. Die Bundesregierung war zu keinem Zeitpunkt an den Gründen für überhöhte Abgaswerte von Dieselfahrzeugen im echten Straßenverkehr interessiert, sie sorgte nach dem Abgasskandal nicht für Aufklärung und hat bis heute keine ernsthaften Konsequenzen gezogen.
Wir Grünen fordern die Einhaltung der gesetzlichen Abgasgrenzwerte im Straßenverkehr, die Einführung wirksamer Feldüberwachung der Emissionen von Fahrzeugen auf der Straße, die von einer unabhängigen Einrichtung durchgeführt wird und eine Typgenehmigung nur noch für Fahrzeuge, die die Abgasgrenzwerte einhalten. Der Ausstieg aus dem klimafeindlichen und gesundheitsschädlichen Verbrennungsmotor ist technisch machbar, er ist klimapolitisch unerlässlich und ist industriepolitisch enorm wichtig für Deutschland. Wir wollen dafür in der kommenden Legislatur die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Dazu gehört unter anderem das feste Ziel, ab 2030 keine Autos mit fossilen Verbrennungsmotoren neu zuzulassen. Wie wir zu einer emissionsfreien Mobilität kommen haben wir in einem Antrag dargelegt (http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/129/1812948.pdf) .

Geschädigte VerbraucherInnen müssen von den Verursachern entschädigt werden. Das geht meist nur über den Klageweg. Derzeit bedeutet das aber, dass jede und jeder Betroffene einzeln vor Gericht ziehen muss, um seine Ansprüche geltend zu machen. Oder aber er tritt seine Ansprüche an einen Rechtsdienstleister ab, der die Ansprüche gegen hohe Provision für ihn durchsetzt. Was fehlt, ist eine Möglichkeit, sich zu Gruppen zusammenzuschließen und gemeinsam die Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Diesen Vorschlag hatten wir bereits 2014 mit unserem Gesetzentwurf gemacht (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/134/1813426.pdf) .

Wir brauchen ein Umdenken in der Verkehrspolitik und eine neue, grüne Mobilität. Immer mehr Menschen nutzen im Alltag Fahrrad, Bus und Bahnen und kombinieren verschiedene Verkehrsmittel – flexibel und je nach Bedarf. Diesen Trend müssen wir konsequent fördern, um den Energieverbrauch zu vermindern und unsere Städte vom Autoverkehr zu entlasten. Klimafreundliche Mobilität muss für alle bequem und einfach werden. Konkret fordern wird eine einfache und bequeme Nutzung von Bussen, Bahnen, Carsharing und Leihrädern in ganz Deutschland über eine Karte oder App – von der Buchung bis zum Ziel. Wir nennen das den „Grüne MobilPass“. Der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs muss mit einem „Zukunftsprogramm Nahverkehr“ gefördert und die Investitionen in eine moderne und barrierefreie Infrastruktur deutlich erhöht werden. Wir wollen aber auch die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilhersteller stärken und wertvolle Industriearbeitsplätze erhalten. Dabei spielt die Elektromobilität die zentrale Rolle. Das Ziel muss sein: Weniger Verkehr mit Abgasen, Lärm und Staus und stattdessen grüne Mobilität.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Andreae