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Kathrin Vogler
DIE LINKE
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Frage von Gerhard R. •

Frage an Kathrin Vogler von Gerhard R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Vogler,

in meinem Bekanntenkreis wird folgender Friedensplan für die Ukraine diskutiert:

Wird Die Linke das Folgende in die öffentliche Diskussion bringen?

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth

1. Die Ukraine erklärt ihre Immerwährende Neutralität nach dem Muster Österreichs und der Schweiz. Die Ukraine wird in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitreten und die Errichtung neuer militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf ihrem Gebiet nicht zulassen. Das Verbot der Stationierung fremder Truppen wird um eine Sonderbestimmung betreffend die Stationierung der russischen Schwarzmeerflotte ergänzt.

2. Russland, die USA und die EU erklären, dass sie die Neutralität der Ukraine respektieren werden.

3. Russland, die USA und die EU garantieren durch einen Staatsvertrag, dass sie die Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit der Ukraine achten werden.

4. Die Ukraine verpflichtet sich mit Staatsvertrag zur Wahrung der Menschenrechte und der Rechte von Minderheiten.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Reth,

vielen Dank für ihren konstruktiven Vorschlag. In der heutigen Situation braucht es gerade und immer wieder neue Ideen und Impulse, um aus der gefährlichen Eskalationsdynamik wieder auszusteigen. Meine Fraktion und ich sind zutiefst besorgt über die derzeitige Entwicklung.

Ein Friedensplan umfasst immer zwei Aspekte, das Ziel und den Weg dorthin. Ihr Vorschlag einer neutralen Ukraine wäre auch meiner Auffassung nach ein gutes Ziel. Als LINKE haben wir immer gefordert, dass die Ukraine nicht zum Zankapfel zwischen Ost und West werden darf, sondern nur als Brücke zwischen der Europäischen Union und Russland eine stabile Zukunft haben kann. Leider haben wir dafür nie eine Mehrheit gefunden. Weder bei der Europäischen Union, deren Assoziierungsabkommen zu wenig Rücksicht auf die Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland genommen hat, noch in Russland, dass stattdessen an seiner eigenen Blockbildung arbeitete, noch in der Ukraine, deren politische Landschaft zwischen diesen beiden Polen zerrissen war.

Doch „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“ (Hölderlin) Die Krise in der Ukraine ist insofern auch eine Chance, wenn es der Ukraine gelingt die Trennung zwischen Ost und West ebenso zu überwinden wie die nationalistischen Töne. Dafür gibt es ermutigende Zeichen, es wird dennoch Zeit und Ruhe brauchen, weshalb jetzt alle Seiten die Situation deeskalieren sollten. Aktuell bedeutet die "Sanktonsspirale" des Westes ein erhebliches Eskalationspotenzial, zudem werden die Sanktionen eher die Haltung Russlands verschärfen als eine Tür für Verhandlungen zu öffnen.

Langfristig wird es dann auch meiner Meinung nach auf eine neutrale Ukraine hinauslaufen. Doch aus meiner Erfahrung mit dem Israel-Palästina Konflikt weiß ich leider auch, dass die seit Jahren offensichtliche (Zwei-Staaten) Lösung nicht zu Frieden führt, solange die Konfliktparteien und ihre Untergruppen ihre eigenen Machtinteressen auf dem Rücken der Bevölkerungsmehrheit austragen und alle Versuche einer Konfliktlösung sabotieren können.

Gerade deshalb verurteilen wir den rechtswidrigen Anschluss der Krim an Russland, weil dadurch Fakten geschaffen wurden, die für Russland nicht mehr ohne Gesichtsverlust verhandelbar sind. Während auf der anderen Seite die Ukraine die Loslösung der Krim nicht akzeptieren kann und sie wie auch die anderen osteuropäischen Staaten nun umso mehr in den vermeintlichen Schutz durch den Westen inklusive der NATO-Mitgliedschaft drängt.

In dieser Situation stimmt mich zumindest ein wenig optimistisch, dass im Unterschied zu allen anderen „eingefrorenen Konflikten“ auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion oder etwa im Nahen Osten, bisher (21.März) erst sehr wenig Blut geflossen ist und die Bevölkerung in der Ukraine den Versuchen einer Ethnisierung zwischen „Ukrainern“ und „Russen“ bisher weitestgehend widerstanden hat. Diese Tendenzen müssen gestärkt werden, auch gegen die extreme Rechte in der Ukraine. Das eröffnet dann zumindest eine Chance, dass sich die Situation wieder deeskalieren lässt und so vielleicht sogar mittelfristig Lösungen erreichbar sind.

Ich möchte ihren Vorschlag dergestalt aufnehmen, dass ich meiner Fraktion vorschlagen werde, neben Maßnahmen zur unverzüglichen Deeskalation auch die Idee einer erneuten Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit zur Erarbeitung von Lösungsperspektiven in die Diskussion einzubringen. Einen erneuten Ost-West-Konflikt dürfen wir nicht zulassen.

Mit freundlichen Grüßen
Kathrin Vogler

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