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Karl Bär
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Frage von Stephanie L. •

Frage an Karl Bär von Stephanie L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Welche Positionen vertreten Sie zu Frontex und zu Rüstungsexporten der BRD?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Loeben-Sprengel,

vielen Dank für Ihre Frage. Wenn ich die beiden Dinge in der einen kurzen Frage ebenso kurz in einem Satz beantworten müsste, würde ich schreiben: Beides mag ich nicht. Ich kann hier etwas mehr ins Detail gehen.

Zu FONTEX:
Ich sehe bei Frontex, der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, mehrere Probleme:
a) Selbst wenn ich keine grundsätzlicheren Bedenken gegen eine restriktive Grenzpolitik mit High-Tech-Polizei hätte, müsste sich Frontex und die BeamtInnen im Einsatz an die Regeln des Rechtsstaats und die Grundsätze der Menschenrechte halten. Es ist hinlänglich bekannt, dass sie das nicht immer tun.
b) In den letzten Jahren konnten wir eine Aufrüstung an den Außengrenzen der EU beobachten, die so immer militärischer geworden ist und zugleich mit neuster Überwachungstechnologie ausgestattet ist. Da verschwimmt die wichtige Grenze zwischen Polizei und Militär. Außerdem sind die immensen Kosten für die Grenzsicherung der EU direkt neben dem Elend von Flüchtlingen auf Lampedusa oder rund um Ceuta ein Skandal.
c) Ich habe ein grundsätzliche Problem mit einer Grenzpolitik, die nur darauf abzielt, zu verhindern, dass andere Menschen in die EU kommen. Das Menschenrecht auf Asyl für Leute, die verfolgt werden, gibt es in der EU fast nicht mehr. In Folge dieser Politik ertrinken jedes Jahr tausende Menschen im Mittelmeer und an der Atlantikküste.
d) Das führt ein wenig weg vom operativen Geschäft von Frontex, gehört aber in den selben Sinnzusammenhang: Die EU hat in den vergangenen Jahren verstärkt auf Zusammenarbeit mit den Staaten in Nordafrika gesetzt, um Migration in die EU zu verhindern. Das bedeutet aber nicht, dass das Engagement für Demokratie und gegen Armut verstärkt wurde, sondern eine Zusammenarbeit zur Bekämpfung von Migration mit polizeilich-militärischen Maßnahmen schon südlich vom Mittelmeer. Dabei wurde auch die Zusammenarbeit mit Diktaturen wie den inzwischen gestürzten Machthabern in Libyen und Tunesien nicht gescheut und auf die Menschenrechte keine Rücksicht genommen.

Insgesamt halte ich die Grenzpolitik der EU gerade für menschenfeindlich und wünsche mir einen radikalen Richtungswechsel.

Zu RÜSTUNGSEXPORTEN:
Ich möchte, dass Rüstungsexporte so restriktiv wie möglich gehandhabt werden, dass es starken internationalen Druck gegen Waffenhandel gibt und von jeder restriktiveren Position der nächste Schritt noch restriktiver wird, bis es so etwas irgendwann gar nicht mehr gibt.

Die Bundesregierung unter Angela Merkel hat es durch Genehmigungen für die Exporte von Panzern in Länder wie Saudi-Arabien und Indonesien zu Skandalen gebracht. Ich habe die Hoffnung, dass vor diesem Hintergrund eine mögliche rot-grüne Bundesregierung mehr gegen Rüstungsexporte tun kann und wird als es die Regierung Schröder-Fischer geschafft hat.

Das wichtigste dabei wäre, die Kriterien für den Export von Rüstungsgütern, die es bereits gibt, nicht wie die aktuelle Regierung großzügig, sondern möglichst restriktiv anzuwenden.

Außerdem liegen eine große Menge detailreicher und wirksamer Vorschläge zur restriktiveren Handhabung von Rüstungsexporten längst in der Schublade. Zum Beispiel sollte die Vergabe von Lizenzen für die Produktion von Waffen wie der Export dieser Waffen behandelt werden und es sollte nicht mehr das Wirtschaftsministerium, sondern das Außenministerium für Rüstungsexporte zuständig sein. Diese Sache mit den Lizenzen hört sich vielleicht nach einer Kleinigkeit an, ist aber gerade bei Kleinwaffen wichtig, die insgesamt den größten Schaden anrichten.

Neben solchen Vorschlägen ist es wichtig, dass Rüstungsexporte vor dem Vollzug nicht nur in geheimen Gremien, sondern öffentlich, am besten im Parlament, diskutiert werden. Eine wirklich restriktive Politik gegen Rüstungsexporte wird sich gegen die Interessen der Rüstungsindustrie und gegen deren perfides Aufrechnen von Arbeitsplätzen in Bayern und Baden-Württemberg gegen die Menschenrechte von irgendwelchen Leuten in anderen Teilen der Welt nur durchsetzen lassen, wenn großer öffentlicher Druck herrscht.

Schöne Grüße,
Karl Bär

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