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Judith Skudelny
FDP
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Frage von Kristina P. •

Frage an Judith Skudelny von Kristina P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Skudelny,

Gegenstand meiner Fragen an Sie, als Bundestagsabgeordnete, sind Femizide.

Im Jahr 2017 gab es in der BRD laut PKS insgesamt 564 versuchte, davon 351 vollendete Tötungsdelikte gegen Mädchen/Frauen. Von den 351 vollendeten Tötungsdelikten an Frauen sind 147 durch sogenannte „Partnerschaftsgewalt“ erfasst (für 2018, bzw. 2019 liegen diese Auswertungen noch nicht vor).

Femizide sind sowohl politisch, kulturell, religiös als auch geschlechtsbedingt motiviert und stellen in ihrer Häufigkeit zwischenzeitlich einen systemisch bedingten Angriff auf große Teile der Bevölkerung, die Mädchen und Frauen, dar.

Im Grundgesetz der BRD ist in Art.2 (2) das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit als Grundrecht verankert.

Die Bundesregierung Deutschland hat zudem die, seit 1. Februar 2018 in Kraft getretenen, Istanbul-Konventionen ratifiziert.

Die BRD hat darüber hinaus die UN Menschenrechts-Charta und damit das unter Artikel 3 verankerte Grundrecht auf Leben ratifiziert.

Dennoch fanden und finden im Rechts- und Sozialstaat Deutschland, einer der reichsten Industrienationen weltweit, an jedem 2. bis 3. Tag Femizide statt:

Wie ist es zu erklären, dass die zuständigen Ministerien (BMFSFJ & BMJV) die steigende Anzahl an Femiziden in der BRD ohne nennenswertes Engagement billigend hinnehmen?

Wie erklärt sich, bei einem Gesamtetat des BMFSFJ von 10,45 Milliarden, das Almosen-Budget von 6,1 Millionen (<0,06%) für Maßnahmen gegen Gewalt gegen Frauen?

Wie ist zu rechtfertigen, dass Frauen damit der gesetzlich verankerte Schutz vor sexualisierten Verbrechen und der Zugang zu Recht, den die Ministerinnen laut nationaler und internationaler Gesetze gewährleisten müssen, verwehrt wird?

MfG
Kristina Wolff

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Professorin Wolff,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Sie haben völlig Recht, Gewalt gegen Frauen ist auch in Deutschland kein Randphänomen. Laut einer Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte hat jede dritte Frau in der EU körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt. In Deutschland gaben sogar 35 Prozent der befragten Frauen an, schon mal Opfer einer Gewalttat geworden zu sein. Das verdeutlicht den dringenden Handlungsbedarf.

Wenn wir Frauen besser vor Übergriffen schützen wollen, müssen wir die Menschen in Deutschland stärker für das Problem sensibilisieren. Dafür bedarf es Aufklärung, Prävention und Hilfsangebote. Die Istanbul-Konvention kann dabei helfen. Ich begrüße die Ratifizierung der Istanbul-Konvention ausdrücklich, auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass sie schneller erfolgt wäre. Sie schafft wichtige rechtliche Rahmenbedingungen für die Bekämpfung geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt. Jetzt gilt es, sie schnell und wirkungsvoll umzusetzen. Daran hapert es noch.

Seit September 2018 tagt der Runde Tisch "Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen" von Bund, Ländern und Kommunen. Leider gibt es seither außer einer Forderung der Familienministerin nach mehr Frauenhäusern keine Fortschritte zu vermelden. Es ist schwer zu sagen, womit der Runde Tisch sich bislang beschäftigt hat. Ich erwarte bei dem Thema von der Bundesregierung mehr Transparenz und Tempo. Wenn Gewalt gegen Frauen endlich aktiv bekämpft werden soll, muss der Runde Tisch konkrete Maßnahmen beraten und auch für deren Umsetzung und Finanzierung sorgen können.

Vor allem die aktuelle Situation der Beratungs- und Schutzeinrichtungen ist nämlich alles andere als zufriedenstellend. Damit wir Frauen besser vor Gewalt schützen können, braucht es eine bessere, flächendeckende und bedarfsorientierte Versorgung mit Frauenhäusern und Beratungsstellen mit einer vernünftigen Ausstattung. Ein Ampelsystem im Internet, das über verfügbare Plätze Auskunft gibt, wäre als Unterstützung denkbar. Es werden außerdem praktikable Lösungen für Frauen mit schulpflichtigen Kindern und bei der Anschlussbetreuung benötigt.

Ich hoffe, dass wir schnelle Fortschritte verbuchen können und wünsche Ihnen für Ihre Arbeit alles Gute!

Mit freundlichen Grüßen

Judith Skudelny

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