Portrait von Joachim Pfeiffer
Joachim Pfeiffer
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Joachim Pfeiffer zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Günter T. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Günter T. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Pfeiffer,

Wie stehen Sie zum 3. Rettungspaket für Griechenland, welches eh wieder verpuffen wird. Loyalität zu Frau Merkel hin oder her, können Sie es verantworten, dass sich Deutschland noch weiter in Schulden verstrickt, denn weit über 2.1 Billionen Staatsschulden sollten eigentlich ein Warnschuss sein. Es wäre wünschenswert, wenn Sie sich gegen diese Rettungspaket Entscheiden würden

Portrait von Joachim Pfeiffer
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Trautmann,

gern erläutere ich Ihnen meinen Standpunkt zur gestrigen Abstimmung im Deutschen Bundestag über das dritte Rettungspaket für Griechenland.

In der Politik gibt es selten, wenn überhaupt, Schwarz-Weiß-Entscheidungen. Es gilt immer abzuwägen. So auch hier.

Bei dem ständigen Auf und Ab der letzten Wochen und Monate hat es uns Griechenland mit der Entscheidungsfindung nicht leicht gemacht. Die halbstarken Hasardeure aus Rechts- und Linksradikalen haben sich bis vor kurzem als Verhandlungspartner als unfähig, unwillig und unwürdig erwiesen und viel Vertrauen zerstört. Hätte ich mich allein von meinen Emotionen leiten lassen und mein Mütchen kühlen wollen, dann hätte ich mit Nein gestimmt. Ich sehe meine politische Verantwortung allerdings darin, alle Argumente rational zu wägen und dann zu entscheiden. Eine bloße Ablehnung des von allen Europäern konsentierten Rettungspakets hätte weder die Probleme in Griechenland und Europa gelöst, noch wäre es besser für Deutschland gewesen.

In meiner Entscheidung habe ich insbesondere ökonomische, europa-, außen-, und innenpolitische Überlegungen berücksichtigt.

1. Ökonomische Abwägung

Die bisherige Rettungspolitik in Europa funktioniert grundsätzlich. Das belegen die Beispiele Irland, Portugal, Spanien und Zypern. Auch Griechenland war bis Ende letzten Jahres objektiv auf dem richtigen Weg. Dies hat international u.a. auch die OECD bestätigt. Die jetzige griechische Regierung hat auf unverantwortliche Weise taktiert und versucht, bereits begonnene und zwingend notwendige Reformen zurückzudrehen. Dadurch wurde viel Zeit verloren. Mit dem jetzt erzielten Verhandlungsergebnis wurde nun deutlich mehr erreicht als noch im Juli zu erwarten war. Bereits zurückgedrehte Reformen wurden wieder aufgenommen und darüber hinaus weitere umfangreiche strukturelle Maßnahmen verabredet, die teilweise bereits im griechischen Parlament beschlossen wurden. Dennoch muss sich erst noch zeigen, ob Athen dauerhaft zur Besinnung kommt. Es ist im Interesse aller, dass sich Lerneffekte einstellen und das Rettungspaket konsequent umgesetzt wird.

Volkswirtschaftlich ist eine Zustimmung zum Rettungspaket vorteilhaft, weil Deutschland von Europa und der bisherigen Rettungspolitik am stärksten profitiert. Die deutsche Wirtschaft floriert seit Jahren unter schwierigen Bedingungen. Exporte in die europäischen Partnerländer haben sich deutlich erholt. Aller Unkenrufe zum Trotz ist bisher kein Cent verloren. Das neue Rettungspaket soll dazu beitragen, dass sich dies auch fortsetzt. Die 86 Mrd. Euro für die nächsten 3 Jahre werden mehrheitlich für Zins- und Tilgungszahlungen, für Umschuldungen und zur Bankenrettung verwendet. Ein Großteil der Gelder steht mithin für die Befriedigung von Gläubigern zur Verfügung und sorgt dafür, dass der Laden nicht auseinanderfliegt. Dies ist auch zu unserem Vorteil. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schätzt den bisherigen monetären Vorteil Deutschlands durch die Rettungspolitik – z.B. durch niedrigere Zinsen – auf mehr als 100 Mrd. Euro.

Betriebswirtschaftlich gesehen, heißt das schlicht: Durch das dritte Rettungspaket sichern wir unser Geschäftsmodell für drei weitere Jahre in einem schwierigen wirtschaftlichen und politischen Umfeld ab – und dass zu einer Prämie von deutlich weniger als einem Prozent unseres Bruttoinlandsproduktes. Vor die Wahl gestellt, würde jeder Unternehmer einen solchen Deal sofort abschließen.

2. Europapolitische Abwägung

Das wesentlich von Bundesfinanzminister Schäuble und Bundeskanzlerin Merkel ausgehandelte Ergebnis wird von allen anderen Staaten in Europa ratifiziert. Wenn die CDU/CSU-Bundestagsfraktion dieses jetzt zusammen mit den Stimmen der Linken abgelehnt hätte, hätte sich Deutschland in Europa isoliert. Die Folgen einer solchen Entscheidung will ich mir gar nicht ausmalen.

Es darf aber auch kein einfaches „Weiter so“ geben. Europäisches Recht darf nicht beliebig gedehnt oder ausgelegt werden. Es gilt, dass sich die Europäische Kommission als Hüterin der Europäischen Verträge versteht und dies immer wieder neu und verlässlich beweist. Zusätzlich bedarf es weiterer Schritte, z.B. der Etablierung eines politisch unabhängigen Währungskommissars ähnlich dem des Wettbewerbskommissars. Zudem sollten Staatsanleihenkäufe zukünftig schrittweise mit Eigenkapital unterlegt werden müssen, um eine tragfähige Risikogewichtung zu erreichen.

3. Außen- und sicherheitspolitische Abwägung

Europa ist und bleibt die kritische Betriebsgröße, um in der Welt ökonomisch und politisch erfolgreich zu sein. Mit Griechenland als einem „failed state“ an der Außengrenze Europas wäre dies gefährdet. Damit ist Niemandem geholfen. Die großen politischen und ökonomischen Herausforderungen der Zukunft liegen in den Krisen im Nahen Osten, in Afrika, in der Ukraine und ebenso in den zunehmenden Flüchtlingsströmen hierzulande, nicht aber in Griechenland mit seinen zwei Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Europa. Diese Herausforderungen kann Europa nur gemeinsam meistern.

4. Innenpolitische Abwägung

Ich habe grundsätzlich ein Interesse daran, die eigene Regierung zu stärken und handlungsfähig zu halten – und zwar sowohl nach innen als auch nach außen. Eine Ablehnung des Rettungspaketes hätte genau das Gegenteil bewirkt.

Bei einer rationalen Abwägung dieser Faktoren komme ich zu dem klaren Entschluss, dass ein Ja zum dritten Rettungspaket sowohl für Deutschland als auch Europa besser ist.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Pfeiffer