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Hubertus Heil
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Frage von Frank H. •

Muss nicht das BetrVG aufgrund der Rechte (+ Pflichten) der Schwerbehindertenvertretung so klar angepasst werden, dass Einsichtsrechte der SBV in Unterlagen des Betriebsrates nicht mehr strittig sind?

Bisher wird vorherrschend (in Betrieben und bei Fachanwälten) die Rechtsauffassung vertreten, die Regelung des §34 (3) BetrVG sei abschließend auf Mitglieder des Betriebsrates beschränkt. Daher wird das Recht zur Protokolleinsicht oder in zugrunde liegende Unterlagen oft verweigert.

Diese Rechtsauffassung missachtet jedoch die Rechte der SBV aus §§ 178 Abs. 4 und 5 SGB IX oder hölt sie im wesentlichen Umfang aus. Diese Rechte umfassen zum einen die Aussetzung von Beschlüssen des BR (ohne einforderbares Recht zur Kenntnisnahme derselben schlicht unmöglich) sowie das mittlerweile nicht nur als blosses Anwesenheitsecht sondern als Recht zur umfassenden Beratung in allen Sitzungen und Ausschüssen des BR verstanden wird. Zudem fehlt eine effektive Kontrollgrundlage für die SBV um zu prüfen, ob die Vorschriften des § 178 Abs. 2 SGB IX (unverzügliche und umfassende Unterrichtung / Anhörung vor Entscheidung) arbeitgeberseitig eingehalten werden.

Die Situation ist für SBV'en oft entmutigend.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr H.,

vielen Dank für ihre Nachricht.

Zurecht weisen Sie darauf hin, dass das in § 34 Abs. 3 BetrVG normierte Einsichtsrecht nach allgemeiner Ansicht auf Betriebsratsmitglieder beschränkt ist.

Die Information der Schwerbehindertenvertretung sichert der Gesetzgeber aber über weitgehende Teilnahmerechte der Schwerbehindertenvertretung an den Sitzungen des Betriebsrats (§ 32 BetrVG) ab. Damit wird der Schwerbehindertenvertretung nicht ein bloßes Anwesenheits-, sondern ein umfassendes Beratungsrecht vermittelt, das eine Mitwirkung der Schwerbehindertenvertretung an der internen Willensbildung des Betriebsrats ermöglicht. Letzteres wird durch § 178 Abs. 4 S. 1 und Abs. 5 SGB IX flankiert, der das Teilnahmerecht der Schwerbehindertenvertretung auch auf Sitzungen von Betriebsratsausschüssen und den Besprechungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber nach § 74 Abs. 1 BetrVG erstreckt. Dadurch wird die Schwerbehindertenvertretung in die Lage versetzt, die Willensbildungsprozesse und die sich daraus ergebenden konkreten Beschlüsse des Betriebsrats zur Kenntnis zu nehmen und auf dieser Grundlage informiert ihre Rechte - bspw. das von Ihnen angesprochene Aussetzungsrecht - wahrzunehmen.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass § 34 BetrVG zwar ausdrücklich nur das Einsichtsrecht der Betriebsratsmitglieder anspricht, damit aber nicht grundsätzlich jedes Einsichtsrecht anderer Personen, bspw. der Schwerbehindertenvertretung, sperrt. Vielmehr kann der Betriebsrat nach pflichtgemäßem Ermessen in den Grenzen der Geheimhaltungsverpflichtung des § 79 BetrVG auch anderen Personen Einblick gewähren, soweit ein berechtigtes Interesse besteht. 

Die von Ihnen angesprochenen Unterrichtungs- und Anhörungsrechte der Schwerbehindertenvertretung aus § 178 Abs. 2 SGB IX richten sich im Übrigen gegen den Arbeitgeber und nicht gegen den Betriebsrat. Soweit die Schwerbehindertenvertretung Anhaltspunkte für eine unzureichende Unterrichtung oder Anhörung hat, kann sie dies gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Will sie auch den Betriebsrat damit befassen, so kann sie den Weg über § 178 Abs. 2 Satz 1 2.HS SGB IX beschreiten und beantragen, die Angelegenheit auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil

 

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