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Hubertus Heil
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Frage von Wilhelm S. •

Hallo Warum wird das Rentenalter nicht gemeinsam mit der EU gemacht

Hallo

Warum Herr Heil werden die Renten in der EU nicht gleich behandelt ???
Sonst müssen wir uns immer nach der EU richten, hier nicht????
Hätte gerne eine plausible Erklärung,
Und warum wird Regelmäßig aus den Rententöpfen, die uns gehören Geld Zweckentfremdet...
Wäre schön eine Antwort zu bekommen

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Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Auf EU-Ebene gibt es Regelungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (inklusive der Rentenversicherung), aber nicht der Harmonisierung. Die entsprechenden Koordinierungs-Verordnungen verfolgen das Ziel, insbesondere Wanderarbeitnehmerinnen und Wanderarbeitnehmer, die im Laufe ihres Berufslebens den Rechtsvorschriften verschiedener Mitgliedstaaten unterlagen, vor dem Verlust erworbener Ansprüche auf Leistungen der sozialen Sicherheit zu schützen. Die Festsetzung eines einheitlichen Renteneintrittsalters ist im Rahmen der Koordinierung jedoch nicht möglich, da jeder Mitgliedstaat für sein eigenes System der sozialen Sicherheit zuständig bleibt.

Im Übrigen ist es wichtig zu betonen, dass keine finanziellen Mittel der Rentenversicherung zweckentfremdet werden, auch wenn dies immer wieder behauptet wird. Die Rentenversicherung erbringt nur Leistungen, die zu ihrem gesetzlich geregelten Leistungskatalog gehören. Die oft angesprochenen nicht beitragsgedeckten („versicherungsfremden“) Leistungen lassen sich nicht exakt beziffern, denn es existiert in Wissenschaft und Praxis keine eindeutige und konsensfähige Abgrenzung dieser Leistungen. Damit lässt sich auch deren Volumen nicht eindeutig bestimmen.

Es lassen sich jedoch mit Hilfe von Modellrechnungen Orientierungsgrößen abschätzen. Im Jahr 2004 wurde auf Anfrage des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages der „Bericht der Bundesregierung zur Entwicklung der nicht beitragsgedeckten Leistungen und der Bundesleistungen an die Renten-versicherung“ vorgelegt (Drucksache 1799 des Haushaltsausschusses aus der 15. Wahlperiode). Der Bericht enthält Orientierungsgrößen zur voraussichtlichen Höhe der nicht beitragsgedeckten Leistungen auf Grundlage einer engen und einer weiter gefassten Abgrenzung. Diese Modellrechnungen sind auch vor dem Hintergrund der veränderten Rechtslage nach wie vor aussagekräftig. Zentrale Aussage des Berichts ist, dass angesichts aller Bundesleistungen sowie der geschilderten Abgrenzungsschwierigkeiten davon ausgegangen werden kann, dass durch die Bundesmittel die versicherungsfremden Leistungen in etwa abgedeckt sein dürften. Diese Aussage hat weiterhin Bestand.

Die Leistungen des Bundes haben nicht allein das Ziel einer „Erstattung“ nicht beitragsgedeckter Leistungen, sondern sind multifunktional. Der Bund beteiligt sich in erheblichem Umfang an der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung und gewährleistet mit der allgemeinen Sicherungsfunktion der Bundeszuschüsse die Funktions- und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung.

Abgrenzungsfragen und methodische Aspekte sind somit beim Thema nicht beitragsgedeckte Leistungen zentral. Sicherlich kann man unterschiedlicher Auffassung sein, ob sich durch neue gesetzliche Maßnahmen der Umfang der nicht beitragsgedeckten Leistungen verändert hat und diese ausreichend finanziert sind. Andererseits ist der Umfang nicht beitragsgedeckter Leistungen in den vergangenen Jahren erheblich zurückgegangen, sei es durch gesetzliche Änderungen oder durch Zeitablauf (z. B. Rückgang der Kriegsfolgelasten).

Der Umfang der nicht beitragsgedeckten Leistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung ist daher immer auch Ergebnis einer gesetzgeberischen Entscheidung darüber, wie umfangreich das Ziel des sozialen Ausgleichs definiert wird. Unterschiedliche Auffassungen über die Frage, was unter den sozialen Ausgleich fällt und was als „versicherungsfremd“ angesehen wird, wird es immer geben.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil

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