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Frage von Ralf C. •

Frage an Horst Seehofer von Ralf C. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Hr. Bundesminister Seehofer,

in Deutschland war in diesem Jahr die Aussaht des Gen-Mais Mon810 erlaubt, obwohl viele andere Länder der EU dies nicht erlaubten. Werden Sie im nächsten Jahr den Anbau von Gen-Mais Mon810 erlauben oder verbieten?

Warum akzeptierten Sie bei der Neuzulassung des Mon810 Ende 2007 einen Monitoring-Plan der Firma Monsanto, der selbst aus Sicht des Bundesamtes für Naturschutz unzureichend ist, da er keine fallspezifische Beobachtung vorsieht, bei den Fragebögen keine systematische Erhebung von Umweltauswirkungen beim Anbau stattfindet und aufgeführte bestehende Beobachtungsprogramme zum Teil weder darüber informiert wurden, dass sie Bestandteil des Monitoring-Plans sind, noch damit alle relevanten Artengruppen und Lebensräume berücksichtigt werden?

Wie bewerten Sie die ökologischen und gesundheitlichen Risiken, die andere Staaten wie Frankreich, Österreich oder Griechenland dazu bewogen hat, den Anbau von Mon810 zu verbieten oder auszusetzen (z.B. Auswirkung auf Nicht-Ziel-Organismen wie Flor-Fliegen und Falter, auf Bodenorganismen und Gewässer)?

Wie wollen Sie die Koexistenz von Gentechnik-freier Landwirtschaft und Freilandanbau von Gen-Pflanzen ermöglichen in Deutschland? Auskreuzung des Genmais durch Bienen und Wind, Rückstände von keimfähigen Samen in Geräten, am Wegesrand, im Laderaum von Schiffen und LKW lassen sich kaum verhindern und führen zu einer zunehmenden Verunreinigung, auch des Saatgutes.

Mit freundlichen Grüßen,
Ralf Comes

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Comes,

für Ihre Anfrage auf Abgeordnetenwatch danke ich Ihnen sehr und antworte
wie folgt:

1. Verbot der Grünen Gentechnik

Laut einer aktuellen Umfrage von Emnid verlangen 70% der Bundesbürger ein Anbauverbot für den Gen-Mais MON810. So wie die Ablehner die Möglichkeit haben müssen, gentechnikfrei zu produzieren, schützt unser Grundgesetz auch das Recht der Befürworter, die verfügbaren Technologien zu nutzen. Der Staat kann und muss zwar die Sicherheit von gv-Pflanzen überprüfen. Wenn von zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen nach menschlichem Ermessen keine Gefährdung für Menschen, Tiere, Pflanzen und Umwelt ausgeht, so kann auch von Mitbürgern, die die Gentechnik ablehnen, die Respektierung des Grundsatzes der Koexistenz eingefordert werden.

Es wird immer Landwirte geben, die die rechtmäßig in der EU zugelassenen gentechnisch veränderten Sorten anbauen wollen, um deren Vorteile zu nutzen. Niemand kann gezwungen wer-den, auf zugelassene Gentechnik zu verzichten. Jede Behörde in der EU, die das durchsetzen will, handelt rechtswidrig.

Ein generelles Verbot der Grünen Gentechnik kann auch aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen nicht ausgesprochen werden. Die Richtlinie 2001/18/EG über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt untersagt es den Mitgliedstaaten, das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen als Produkte oder in Produkten, die den Anforderungen der Richtlinie entsprechen, zu verbieten, einzuschränken oder zu behindern (Artikel 22).

2. Zur Schutzmaßnahme gegenüber MON810-Mais

Der Erlass der Schutzmaßnahme geht im Wesentlichen auf Stellungnahmen des Bundesamtes für Naturschutz zu den Wirkungen von transgenem Mais zurück. Die Experten der übrigen zuständigen deutschen Behörden hatten die vom BfN vorgetragenen Bedenken nach eingehender Untersuchung für unbegründet erklärt.

Wenn die zentrale wissenschaftliche Behörde des Bundes für den nationalen und internationalen Naturschutz im Zusammenhang mit dem Anbau von transgenem Mais der Linie MON 810 je-doch auf Erkenntnisse über Gefahren für die Umwelt hinweist, belegt dies aus Sicht des BMELV zumindest, dass nicht mit der nötigen Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass der An-bau von Mais der Linie MON810 keine Gefahr für die Umwelt bedeuten kann. Um mögliche negative Auswirkungen des Anbaus von Mais der Linie MON810 auf die Umwelt zuverlässig ausschließen zu können, wurde die eingehendere Überwachung gefordert.

Da bisher keine Belege dafür gefunden wurden, dass von MON810 tatsächlich eine Gefahr für die Umwelt ausgeht, war die Anordnung des zuständigen Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit an das betroffene Unternehmen (Monsanto), einen Beobachtungsplan vorzulegen, die gegenwärtig sinnvolle und verhältnismäßige Maßnahme.

Bei der Wahl, welche Schutzmaßnahme ergriffen werden soll, ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Je größer der potenzielle Schaden und je höher die Wahrscheinlichkeit seines Eintritts ist, desto strenger darf die angeordnete Maßnahme sein. Da keine Belege dafür vorliegen, dass von MON810 tatsächlich eine Gefahr für die Umwelt ausgeht, schien die Anordnung, einen Beobachtungsplan vorzulegen, verhältnismäßig.

Darüber hinaus werden im Rahmen der Überwachung mögliche weitergehende Auswirkungen des Anbaus von MON810 über einen längeren Zeitraum durch intensive Begleitforschung von Seiten der Ressortforschung des BMELV und des BVL verfolgt. Unter realen Anbaubedingungen sollen dabei die Umweltwirkungen von MON810 dokumentiert werden.

3. Zur Frage der Koexistenz

Die gute fachliche Praxis bei der Erzeugung gentechnisch veränderter Pflanzen ist in einer Rechtsverordnung definiert. Der GVO-Verwender muss seine Nachbarn über den geplanten An-bau informieren und seine Anbaupläne auf die Anbaupläne seiner Nachbarn abstimmen. Wenn die Nachbarn damit einverstanden sind, soll aber auch die Möglichkeit bestehen, von den gesetzlichen Vorgaben zur wirtschaftlichen Koexistenz abzuweichen. Die Vorgaben zum Umweltschutz gelten unverändert.

Die Verordnung der Bundesregierung sieht für gentechnisch veränderten Mais einen Mindestabstand von 150 Metern gegenüber konventionellen Maisfeldern und von 300 Metern gegenüber ökologischen Maisfeldern vor. Damit hat die Bundesregierung einen Abstandswert gewählt, der über dem aus Forschungsstudien ableitbaren Wert liegt. Zahlreiche Forschungsergebnisse zeigen, dass schon bei Abständen um die 50 Meter in der Ernte des Nachbarn der Kennzeichnungsschwellenwert von 0,9 % auch unter ungünstigen klimatischen Bedingungen in aller Regel nicht überschritten wird.

Mit freundlichen Grüßen

Horst Seehofer