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Harald Weinberg
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Frage von Ursula N. •

Frage an Harald Weinberg von Ursula N. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Weinberg,

im März 2019 wurde das Thema Duogynon bei einem Fachgespräch im Bundestag diskutiert. Duogynon war ein hormoneller Schwangerschaftstest der Fa. Schering (nun Rechtsnachfolger Bayer). Dieser steht bis heute im Verdacht schwere Missbildungen beim ungeborenen Leben verursacht zu haben. Seit 2010 haben sich 631 Menschen beim Netzwerk Duogynon gemeldet. Die Menschen berichteten von Missbildungen bei Neugeborenen, Totgeburten und unerwünschten Abgängen. Beim BfArM sind aktuell 517 solcher Fälle registriert.

In kurzen Worten möchte ich Ihnen den aktuellen Stand beschreiben. Unter dem folgenden Link können Sie ggf. weitere Informationen einsehen: https://www.magentacloud.de/share/llby5x7-vh#$/

In den letzten Jahren lief in England eine Untersuchungskommission zu Duogynon/Primodos. Diese kam zu dem Schluss, dass das Medikament schon 1967 hätte vom Markt genommen werden müssen. Zudem wurde weitere Fehler der Behörden aufgezeigt. Die sogenannte Cumberledgekommission kritisierte auch den letzten Untersuchungsbericht (EWG) aus dem Jahre 2017 und machte nun mehrere Vorschläge. So sollte sich die englische Regierung bei den Betroffenen entschuldigen und eine Regelung für Entschädigungszahlungen finden. Daraufhin hat sich der englische Gesundheitsminister bei den Betroffenen entschuldigt. Theresa May forderte die Regierung auf nun Ausgleichszahlungen an die Betroffenen zu überdenken. Boris Johnson will sich mit den Primodosvertretern treffen. Auf SKY wurde die Doku „Bitter Pill“ ausgestrahlt. In dieser Doku wird der aktuelle Sachstand detailliert aufgezeigt und es ist der Medikamentenskandal in England. Diesen beeindruckenden Film und die Ergebnisse der Kommission finden Sie unter dem angegebenen Link. Wenn Sie irgendwie Zeit haben, dann sehen Sie sich bitte den Film an.

Was passierte in Deutschland? In Deutschland wurde seit Jahren auf das Ergebnis in England gewartet. Bislang fanden keine Gespräche mit Bayer, dem BfArM oder dem BMG statt. Auch ein Richter forderte Bayer bereits 2010 zu einer Mediation auf. Die Firma verweigerte allerdings die Aufklärung und nutzte die Einrede der Verjährung, um vor Gericht zu gewinnen. Vor einigen Jahren konnten wir im Landesarchiv in Berlin alte Scheringunterlagen einsehen. Dort gab es viele Hinweise auf ein Fehlverhalten von Schering und den deutschen Behörden (siehe Link). Den aktuellen Stand in Deutschland bildet ein BR Kontroversbericht ab und ein Artikel der Augsburger Allgemeinen (siehe Link). Mehr Informationen kann Ihnen der Berichterstatter ihrer Fraktion, Herr Pilsinger (CSU) geben.

Es gab keine Notwendigkeit schwangere Frauen einer solchen Gefahr auszusetzen. Zudem hätte nach dem Conterganskandal ein Medikament, das im Verdacht steht Missbildungen auszulösen, sofort vom Markt genommen werden müssen. Duogynon war so hoch dosiert, als würde man in etwa zwei Monatsrationen hormoneller Antibabypillen als Einmalgabe einnehmen. Wir fordern eine Anerkennung der Schädigungen und eine Übernahme der Verantwortung. Unterstützen Sie uns bitte!

Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Danke und herzliche Grüße
Ursula Nerdinger

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau N.,

das Leid der durch das Bayer/Schering-Präparat Duogynon ist mir sehr wohl bekannt. So hat sich die Bundestagsfraktion DIE LINKE schon seit vielen Jahren dafür eingesetzt haben, dass die Duogynon-Geschädigten Aufklärung, eine Entschuldigung der Bundesregierung und von Bayer sowie eine Entschädigung erhalten. 2017 hat sich die damalige gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag Kathrin Vogler für die e-Petition vom 03.04.2017 zur "Einrichtung eines Entschädigungsfonds für Duogynon-Geschädigte" eingesetzt (vgl. https://www.kathrin-vogler.de/themen/gesundheit/patientenrechte/details/news/petition-fuer-entschaedigungsfonds-fuer-duogynon-geschaedigte/) und bereits 2016 mit einer Kleinen Anfrage das Thema in den Bundestag gebracht (Bundestags-Drucksache 18/7927).

Meine Fraktionskollegin Sylvia Gabelmann hat vor anderthalb Jahren in den Räumen des Bundestages gemeinsam mit den Abgeordneten Kerstin Kassner und Kersten Steinke, die für DIE LINKE im Petitionsausschuss aktiv sind, eine Pressekonferenz und öffentliche Übergabe von 900 Unterschriften der Petition für einen Entschädigungsfonds für Duogynon-Geschädigte organisiert ( https://sylvia-gabelmann.de/2019/03/14/900-unterschriften-fuer-duogynon-opfer/). Mehrere Abgeordnete der LINKEN haben ebenfalls im März 2019 am Fachgespräch mit Marie Lyon etc. teilgenommen und stehen mit dem Netzwerk Duogynon e.V. regelmäßig in Kontakt.

Auf der BAYER-Hauptversammlung 2019 hat Sylvia Gabelmann in ihrer Rede Duogynon ausführlich thematisiert und die Unterstützung der Bundesregierung sowie von Bayer eingefordert, damit die Betroffenen und ihre Familien wenigstens etwas Gerechtigkeit erfahren: In Form einer vollständigen Aufklärung und natürlich auch von Entschädigungen - zum Beispiel über ein Stiftungsmodell. Vom Vorstand wollte sie zudem wissen, ob dieser bereit sei, mit den Opfern und deren Angehörigen zu reden und ihnen die Aufklärung erleichtern, und ob sich BAYER mit der Bundesregierung zusammensetzen und die Bereitschaft erklären würde, sich finanziell an einer möglichen Entschädigungslösung zu beteiligen. (Den gesamten Text ihrer Rede finden Sie hier: https://sylvia-gabelmann.de/2019/04/29/rede-auf-der-bayer-hauptversammlung/)

Insbesondere nach den Entwicklungen in England wird es allerhöchste Zeit, dass sich auch in Deutschland etwas für die Geschädigten und ihre Familien nun endlich etwas bewegt. Darum setzen wir uns jetzt erst recht mit aller Kraft dafür ein, dass es zu einer Aufklärung, Entschuldigung von Bundesregierung und der Herstellerfirma Bayer sowie zu Entschädigungsleistungen kommt.

Alles Gute und viel Kraft wünsche ich Ihnen - und vor allem Erfolg für Ihr Anliegen!

Mit freundlichen Grüßen
Harald Weinberg