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Hans-Joachim Viehl
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Frage von Arne H. •

Frage an Hans-Joachim Viehl von Arne H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Hallo Herr Viehl,

warum soll ich eine Partei wählen, die mit alten Rezepten hausieren geht, die Angst des kleinen Mannes schürt sowie zwei Spitzenkandidaten aufweist, die bekannt dafür sind, bei Problemfällen die Flinte ins Korn zu werfen? Wenn ich Populismus will, kann ich auch dem Micheal-Glos-Fanclub beitreten.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Hübner,

es sind gerade solche vorurteilsgeprägte Fragen wie Ihre, die mich täglich darin bestätigen den Kampf um die Köpfe weiter zu führen, und ein wenig dazu beizutragen die neoliberalen Hetzparolen zu entlarven.

Beim ersten Teil Ihrer Frage vermutete ich zunächst sie sei an die Partei der Frau Merkel gerichtet (wegen der alten Rezepte und dem Schüren von Ängsten). Im weiteren Teil ihrer Frage wurde mir dann klar, immerhin sind auch mir die Hetzkampagnen der BILD- Zeitung bekannt, dass sie tatsächlich die Linkspartei als Adressat Ihrer, als Frage getarnten, Vorwürfe meinten.

Nichts ist stärker als die Idee, deren Zeit gekommen ist. Und nichts ist stärker als die Wahrheit. Sie ist ein wunderbares Mittel gegen Vorurteile.

Beginnen wir mit den „alten Rezepten“:

Ich kann nicht erkennen, dass die Ideen der CDU/CSU, der FDP, der SPD und der Grünen auch nur irgendwie neu wären. Im Gegenteil, sie sind alter Tobak. Seit 23 Jahren, seit dem Lambsdorf-Papier, wird dieses Land mit den neoliberalen Rezepten behandelt. Die angerührte Rezeptur der radikalen Steuersenkungen für Unternehmen und Spitzenverdiener, der erhöhten Zuzahlungen für Kranke, der Nullrunden für Rentner, der Aushöhlung von Arbeitnehmerrechten und der Beschädigung der Menschenwürde durch Hartz IV, stammt aus den Hexenbüchern des Feudalkapitalismus vergangener Jahrhunderte.

Unsere Idee einer sozial gerechten solidarischen Gesellschaft ist dagegen die moderne Antwort auf die veränderten Lebensbedingungen der Menschen. Zudem äußerst erfolgreich, wie das Beispiel der skandinavischen Länder zeigt..

Was den Vorwurf, wir würden „die Angst des kleinen Mannes schüren“ betrifft:

Diese Angst bei den einfachen Menschen ist vorhanden. Sie ist täglich bittere Realität. Es ist die Angst der Alten vor Krankheit, weil sie sich weder Praxisgebühr, noch Medikamentenzuzahlungen leisten können. Es ist die Angst der Jungen keinen Ausbildungsplatz zu bekommen. Es ist die Angst der Arbeitslosen vor dem sozialen Abstieg und der Entwürdigung durch Hartz IV. Es ist die Angst der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsplatzverlust. Es ist die Angst der Familien vor der Zukunft. Es ist die Angst der Migranten vor rassistischer Ausgrenzung. Andere ignorieren diese Ängste. Dafür ist kein Platz in einer Gesellschaft der Ellenbogen und grenzenlosen Profite.

Sie werden dieser Angst nicht bei Antipasti und Rotwein beim teuren Italiener in der Frankfurter Fressgasse erfahren, aber nur ein paar Schritte weiter, bei der Obdachlosenspeisung am Liebfrauenberg, bei den kirchlichen Arbeitsloseninitiativen und den Pflegeheimen der Alten. Ausgeblendet in der neoliberalen Sichtweise.

Wir, die Linkspartei, sind da anders. Wir benennen die Angst der Menschen. Wir werden das so lange tun, bis sich die Verhältnisse in diesem Land geändert haben.

Nun zu unseren Spitzenkandidaten, die angeblich „bei Problemfällen die Flinte ins Korn werfen“:

Oskar Lafontaine und Gregor Gysi sind tatsächlich Spitzenkandidaten, denn im Gegensatz zum Angebot der politischen Konkurrenz haben wir hier zwei politische Querdenker aufgestellt, die endlich vernünftige Alternativen aufzeigen.

Oskar Lafontaine, der im Übrigen länger politische Verantwortung an herausragender Stellen in der Bundesrepublik trug, als das gesamte Kabinett Schröder/Fischer zusammen, trat 1999 aus ehrlicher politischer Überzeugung und ihn logischer moralischer Konsequenz von seinem Bundestagsmandat zurück. Der Verrat der sozialen Wahlversprechen durch Schröder, dessen Kurs hin zur Mitte, bzw. ganz rechts, sowie der völkerrechtswidrige Angriffskrieg gegen Jugoslawien mit deutscher Beteiligung, waren völlig konträr zu den Positionen Lafontaines. Er tat deshalb das Einzige und Saubere, was ein Politiker mit Rückrat in einem solchen Falle tun sollte, er verweigerte dieser Politik Schröders die Gefolgschaft und trat zurück.

Gregor Gysi übernahm 1989 das Amt des PDS-Parteivorsitzenden. Ein Amt, das Willy Brandt einmal „als den schwierigsten Job Deutschlands“ bezeichnete. Er hat alle Rufmordkampagnen und Anfeindungen ertragen, was er aber nicht mitragen wollte, war ein Abweichen von seinen eigenen politischen Idealen.. Weil er sich als Berliner Senator mit dem Flugmeilenbonus ein paar Privilegien verschafft hatte, zog er die Konsequenz und trat zurück.

Lieber Herr Hübner, haben wir das Recht solche Geradlinigkeit zu kritisieren. Hätten nur alle anderen Politiker in unserem Lande diese moralischen Ansprüche, es wäre vieles besser in unserem Lande.

Noch eines zum Vorwurf des „Populismus“:

Das Wort populistisch kommt von populos – Volk. Da uns, wie bereits erwähnt, die Bedürfnisse der Menschen nicht egal sind, machen wir Politik für die Bürger und sind dabei gern populistisch.

Nach dieser Aufklärungsarbeit habe ich Ihnen hoffentlich den Beitritt zum „Michael-Glos-Fanclub“ erspart und Ihre Sichtweise ein wenig korrigieren können.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Joachim Viehl