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Hagen Reinhold
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Frage von Bauke F. •

Frage an Hagen Reinhold von Bauke F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte*r Herr Hagen Reinhold,

das Bundesverteidigungsministerium diskutiert schon länger, die geleasten Heron-TP-Drohnen zu bewaffnen. Eine ausführliche Debatte mit völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung – wie im Regierungs-Koalitionsvertrag vorgesehen – hat dazu bisher nicht stattgefunden. Die für den 24. März 2020 angesetzte Podiumsdiskussion des Bundesverteidigungsministeriums, die nun wegen der Corona-Pandemie ausfallen musste, kann eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Aufrüstungsschritt nicht ersetzen.
Ich befürchte, dass durch die Bewaffnung der Drohnen die Hemmschwelle zu töten sinken wird. Wenn ich die Entwicklung des Drohnenkrieges insbesondere der USA beobachte, zuletzt die Tötung von Soleimani, sehe ich, wie zunehmend der Weg der Gewalt beschritten wird, anstelle die Möglichkeiten zu nutzen, Konflikte zivil zu bearbeiten. Das Völkerrecht wird durch die Möglichkeit, jederzeit und überall risikolos zu töten, immer weiter aufgeweicht. Vor welcher Instanz und vor welchen völkerrechtlichen Normen müssen sich die Beteiligten der Befehlskette noch rechtfertigen?
Ich befürchte, dass die Gefahr weiterer Kriege weltweit steigt, wenn diese Entwicklung ungebremst voranschreitet.
Der Schutz der Zivilbevölkerung, der unter anderem als Begründung für den Einsatz militärischer Drohnen angeführt wird, wird von mir bezweifelt. Es gibt eine Reihe von Untersuchungen, die zeigen, dass auch Nicht-Kombattant*innen, darunter auch Kinder massiv unter einer kontinuierlichen und ubiquitären Überwachung aus der Luft leiden, die verbunden ist mit der Gefahr, ohne Vorwarnung gezielt oder aus Versehen beschossen zu werden.
Zudem ist die Bewaffnung von militärischen Drohnen ein qualitativ entscheidender Schritt in Richtung der Automatisierung des Krieges und damit auch hin zu autonomer Kriegführung, in der Algorithmen so schnell entscheiden, dass dabei menschliche Erwägungen, Vernunft und Gewissen keinen Platz haben.
Deshalb muss die Bewaffnung der von Israel geleasten Drohnen meiner Ansicht nach ebenso abgelehnt werden wie Beteiligung Deutschlands an Drohneneinsätzen anderer Staaten über die US-Airbase Ramstein und die Beteiligung an der sogenannten Eurodrohne.
Gerade die Corona-Pandemie zeigt uns, dass wir unsere Ressourcen für zivile Zwecke einsetzen müssen.
Ich bitte Sie daher, sich an einer Debatte über die Beschaffung von Bewaffnung zu beteiligen. Nach „ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung“ führt meiner Ansicht nach kein Weg daran vorbei, sich gegen die Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr zu entscheiden.

Mit freundlichen Grüßen

B. F. v. R.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Freiherr von Rechenberg,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 9. Mai 2020 zur beabsichtigten Beschaffung von unbemannten bewaffnungsfähigen Luftfahrzeugen für die Bundeswehr. Ich begrüße Ihre Initiative und setze mich stets für eine gesellschaftliche Debatte ein.

Sie sprechen sich gegen eine Beschaffung von unbemannten bewaffnungsfähigen Luftfahrzeugen aus und machen völker- und verfassungsrechtliche, sicherheitspolitische und ethische Bedenken geltend. Aus meiner Sicht benötigen wir in Deutschland insgesamt mehr sicherheitspolitische Debatten – so auch zur Bewaffnung von Drohnen. Unsere Fachpolitiker bringen sich intensiv und aktiv bei der aktuellen Debatte ein. Bewaffnete Drohnen im Einsatz der Bundeswehr müssen dem Schutz dienen. Sogenannte „gezielte Tötungen“ sind nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Fraktion der Freien Demokraten wird sich beim Einsatz von Streitkräften immer sowohl für den bestmöglichen Schutz der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr als auch für die Einhaltung rechtlich-normativer Vorgaben einsetzen. Genaueres können Sie in unserem Antrag: „Schutz der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr durch die Beschaffung von bewaffneten Drohnen stärken“ (Drucksache: 19/15675 https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/156/1915675.pdf) finden.

Wenn der Deutsche Bundestag Auslandseinsätze der Bundeswehr mandatiert, werden immer und ohne Einschränkung alle rechtsstaatlichen und völkerrechtlichen Vorgaben berücksichtigt und umfassend in den Einsatzregeln festgeschrieben. Hieraus ergibt sich eine besondere auch ethische Verantwortung des Deutschen Bundestages und seiner Mitglieder gegenüber den Angehörigen der Bundeswehr. Die Fraktion der Freien Demokraten hat sich hierbei immer besonders dafür verwendet, dass erst nach gründlichem Abwägen über einen Auslandseinsatz der Bundeswehr entschieden wurde und hierbei immer auch der bestmögliche Schutz der eingesetzten Soldatinnen und Soldaten bei ihrer Auftragserfüllung besondere Berücksichtigung fand. Diesen Schutz erlangen die Soldaten maßgeblich durch die bestmögliche materielle Ausstattung.

Eine Erfahrung, die in den vergangenen Jahren im Rahmen der Auslandseinsätze insbesondere in Afghanistan gemacht wurde, war, dass nach Möglichkeit so früh wie möglich eine potentielle Bedrohung - am besten aus der Luft- erkannt und in letzter Konsequenz auch bekämpft wird. Diese Fähigkeit hatte die Bundeswehr bis vor einigen Jahren noch nicht, sodass sie entweder ohne diese Schutzmöglichkeiten ihre Einsätze durchführen musste oder nur unter Zuhilfenahme und Unterstützung unserer alliierten Freunde und Partner. Erst mit der Einführung einer Aufklärungsdrohne 2010 konnte die Überwachung von eigenen Kräften im Einsatz sichergestellt werden. Dabei ist die Einhaltung des humanitären Völkerrechtes uneingeschränkt Folge zu leisten.

Daher unterstützt nun die Fraktion der Freien Demokraten grundsätzlich die Beschaffung von unbemannten bewaffnungsfähigen Luftfahrzeugen, um durch Aufklärung und der dann neuen Wirkmöglichkeit den Schutz unserer eingesetzten Soldatinnen und Soldaten entscheidend verbessern zu können. Dabei ist wichtig, dass diese Beschaffung transparent aber rasch vonstatten geht, um eine erkannte Fähigkeitslücke zu schließen. Entscheidend ist, dass vor einem Auslandseinsatz dieser Luftfahrzeuge im Rahmen der Mandatierung, über die der Deutsche Bundestag entscheidet, genau und umfassend durch die Einsatzregeln geklärt ist, wann diese Systeme zum Einsatz kommen dürfen, sodass innerstaatlichen als auch völkerrechtlichen Belangen Genüge getragen wurde. Bei der seitens der Bundesregierung vorgeschlagenen Beschaffung einer bewaffungsfähigen Drohne HERON TP hat sich die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag enthalten, da aus unserer Sicht noch finanzielle, juristische und operative Fragen offen sind.

Mit freundlichen Grüßen

Hagen Reinhold