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Grietje Staffelt
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Frage von Julius D. •

Frage an Grietje Staffelt von Julius D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Mich würde interessieren wie die Grünen bzw. im speziellen Sie zum Thema, "...auf dem Weg zum Überwachungsstaat" stehen? Im Bezug auf die nun in in Nordrhein-Westfalen zugelassen Online-PC-Überwachung, von Telefonüberwachung schon garnicht mehr zu reden

Vielen Dank für ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
J. Demant

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Demant,

vielen Dank für Ihre Anfrage, wie ich zu Online-PC-Überwachung stehe.

Der Bundesgerichtshof hat Anfang Februar in Karlsruhe heimliche Online-Durchsuchungen durch die Polizei für illegal erklärt. Die Bürgerrechte sind mit dieser Entscheidung vorerst gesichert, private Daten auf einem Computer können nicht einfach heimlich von der Polizei durchsucht werden. Nun geht das Ringen um Privatsphäre versus Sicherheit in die nächste Runde.

Schnell hat der Innenminister Schäuble versucht, rechtliche Grundlagen für bereits praktizierte Methoden zu schaffen. Einig ist sich die Koalition in dieser Frage jedoch nicht. Während Frau Zypries die Auffassung vertritt, die gültige Rechtslage sei ausreichend, um gegebenenfalls zu durchsuchen, ist Herr Schäuble der Ansicht, man müsse eine Gesetzesänderung auf den Weg bringen.

Mit dem geplanten Gesetz soll aber die heimliche Durchsuchung von Festplatten legalisiert werden. Bei Hausdurchsuchungen sind dagegen die Sicherheitsbehörden verpflichtet, im Beisammensein des Betroffenen oder zumindest von Zeugen den Computer zu beschlagnahmen. Nach Plänen Schäubles soll nun Behörden die Möglichkeit haben, sich ähnlich wie einem „Hacker“ in den Computer des Betroffenen einzuloggen und die Festplatte via Online-Verbindung zu durchsuchen – ohne Zeugen.

Auf den Festplatten befinden sich aber oft private Dokumente wie Tagebücher, Fotos und Videos. Tatsache ist auch, dass Computer sich häufig in Privatwohnungen befinden und diese unter dem Schutzbereich des Art. 13 GG, die Unverletzlichkeit der Wohnung, fallen.

Ein neues Gesetz zeugt von ungerechtfertigtem Aktionismus, Kriminalität lässt sich nicht einfach mit der Ausweitung von Ermittlungsbefugnissen bekämpfen. Zudem bleiben bei einem solchen Vorgehen die Bürgerrechte auf der Strecke. Auch wenn die Bürgerinnen und Bürger durch Terrorismus und Kriminalität beunruhigt sind, kann Sicherheit nicht bedeuten, dass jeglicher Überwachung einfach Tür, Tor und Leitung geöffnet werden.

Zu der Gesetzesänderung in Nordrhein-Westfalen: Im Landtag in NRW wurde am 20. Dezember 2006 eine Änderung des Verfassungsschutzgesetzes des Bundeslandes mit den Stimmen der CDU und FDP eine verabschiedet. Die Grüne Fraktion und die SPD haben dagegen gestimmt. Durch das neue Gesetz werden die bisherigen Befugnisse des Verfassungsschutzes erweitert. Diese Änderung schafft nun eine rechtliche Grundlage der bereits praktizierten Methoden und ermöglicht den Behörden die unerkannte Überwachung von privaten Computern. Das Bundeskriminalamt hatte bereits zuvor in einigen Fällen die Festplatten von Beschuldigten online durchsucht. Diese Vorgehensweise wurde jedoch von dem Ermittlungsrichter Ulrich Hebenstreit am Bundesgerichthof in einem Beschluss vom 25. November für illegal erklärt. Ebenso hält das neue Gesetz im NRW nach unserer Auffassung dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit nicht stand. Die Eingriffe in die Grundrechte sind unverhältnismäßig. Die Metamorphose des Rechtstaates in einem Überwachungsstaat widerspricht den Grundsätzen grüner Politik.

Mit freundlichen Grüßen

Grietje Bettin