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Gerold Reichenbach
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Frage von Andreas F. •

Frage an Gerold Reichenbach von Andreas F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Am 24. April 2015 jährt sich zum 100. Mal der Beginn des Völkermordes an den Armeniern. Die Bundesregierung vermeidet weiter, die Massaker klar als Genozid zu benennen WARUM?.
Das nenne ich Haltung, die man bei der Bundesregierung nicht nur in dieser Frage vermisst. Die Ausrede, man müsse diplomatisch sein, ist peinlich. Diplomatie ist hier mit Feigheit zu übersetzen. Vor allem Deutschland, das beim Völkermord an den Armeniern eine höchst unrühmliche Rolle spielte, sollte sich angesichts der eigenen Geschichte nicht zurückhalten. Offenbar spielen auch wirtschaftliche Gründe eine Rolle. Man will die Chancen deutscher Unternehmen in der Türkei nicht beschädigen. Dafür nehmen Steinmeier und Merkel, wie alle anderen führenden GroKo-Politiker, in Kauf, dass sich Deutschland mal wieder international blamiert, während der französische Staatspräsident deutlich Flagge zeigt, wie auch das europäische Parlament und die Mehrheit der EU-Länder, der Papst und die USA. Ich schäme mich für diese Regierung und die sie tragenden Fraktionen im Bundestag.
Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Franiel,

vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de, in der Sie dafür plädieren, dass die Bundesregierung eine terminologisch klare Stellung zu den Verbrechen am armenischen Volk von 1915 im Osmanischen Reich einnimmt.

Am 24. April 2015, in der vorletzten Sitzungswoche, hat der Deutsche Bundestag der Ermordung über einer Million Armenierinnen und Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren gedacht. Zu diesem Anlass haben die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU/CSU einen gemeinsamen Antrag eingebracht, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, sich für die Aufarbeitung der Verbrechen an den Armeniern und die Versöhnung Armeniens und der Türkei einzusetzen. Eine Versöhnung der beiden Völker ist nur dann denkbar, wenn die Ereignisse von vor 100 Jahren grundlegend aufgeklärt und die Fakten nicht weiter bestritten werden. Eine konstruktive Aufarbeitung der Geschichte ist als Basis für eine Verständigung in Gegenwart und Zukunft unerlässlich. Vor dem geschichtlichen Hintergrund des 20. Jahrhunderts, der von der Einzigartigkeit des Holocausts stark geprägt ist, sind gerade wir in Deutschland uns bewusst, wie wichtig die Aufarbeitung der eigenen Geschichte ist. Wir haben es in der Nachkriegszeit in Deutschland erlebt, wie es politischen und gesellschaftlichen Prozessen eines Staates im Wege stehen kann, wenn man eine ehrliche Aufarbeitung der eigenen Geschichte vermeidet. Infolgedessen steht im Antrag der Koalitionsfraktionen an die Bundesregierung über die Massaker im Osmanischen Reich folgendes:

Im Auftrag des damaligen jungtürkischen Regimes begann am 24. April 1915 im osmanischen Konstantinopel die planmäßige Vertreibung und Vernichtung von über einer Million ethnischen Armeniern. Ihr Schicksal steht beispielhaft für die Geschichte der Massenvernichtungen, der ethnischen Säuberungen, der Vertreibungen, ja der Völkermorde, von denen das 20. Jahrhundert auf so schreckliche Weise gezeichnet ist.

Wie im Antrag zu lesen ist, wird es nicht vermieden, die Verbrechen als Völkermord zu benennen. Stattdessen setzten sich die Koalitionsfraktionen für diese Benennung ein. Den vollständigen Text des Antrags können Sie unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/046/1804684.pdf abrufen.

Ich hoffe, dass meine Antwort ihrem Anliegen gerecht wird.
Mit freundlichen Grüßen

Gerold Reichenbach, MdB