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Franz-Josef Jung
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Frage von Daniel J. •

Frage an Franz-Josef Jung von Daniel J. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Jung,

wie vielfach auf Bildern und Videos im Internet zu sehen ( zB http://g8-tv.org/clip.php?clipId=1721 ) wird die Bundeswehr zur Sicherung des G8-Gipfels im Inland eingesetzt; sicherlich können Sie mir erklären, auf welcher Rechtsgrundlage dies geschehen ist?

Mit freundlichem Gruß

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Jänecke,

Ihre Frage vom 8. Juni 2007 möchte ich wie folgt beantworten.

1.) Verfassungsrechtliche Grundlage für die Hilfsleistungen der Streitkräfte ist alleine Art. 35 Abs. 1 GG. Danach leisten sich alle Behörden des Bundes und der Länder gegenseitig Amtshilfe. Auch die Streitkräfte fallen in den Anwendungsbereich dieser Regelung. Sie sind zur Hilfeleistung berechtigt, aber auch verpflichtet, wenn sie angefordert werden und wenn sie dazu in der Lage sind.

Ob die Hilfe tatsächlich erforderlich ist, obliegt – abgesehen von Fällen offensichtlichen Missbrauchs - nicht der Beurteilung der Streitkräfte, sondern der Beurteilung desjenigen, der die Hilfe anfordert, hier also dem Land Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen seiner polizeilichen Gefahrenprognose.

Liegt eine entsprechende Anforderung des Landes vor, wird das Spektrum von zulässigen Hilfsmaßnahmen auf der Grundlage von Art. 35 Abs. 1 GG allerdings für die Streitkräfte durch Art 87a Abs.2 GG begrenzt. Danach dürfen die Streitkräfte mit ihren Fähigkeiten außer zur Verteidigung nur eingesetzt werden, „soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zulässt“. Eine solche ausdrückliche Verfassungsbestimmung kommt für die während des G 8 Gipfels durch die Streitkräfte erbrachten Hilfeleistungen nicht in Betracht. Dies gilt insbesondere für Art. 35 Abs. 2 GG. Danach ist der Einsatz der Streitkräfte zur Unterstützung der Polizeikräfte nur auf Anforderung eines Landes bei einem besonders schweren Unglücksfall zwar zulässig. Ein solcher Unglücksfall hat jedoch zu keinem Zeitpunkt vorgelegen und stand auch nicht unmittelbar bevor. Andererseits stellt Art. 35 Abs. 1 GG keine Bestimmung des Grundgesetzes dar, die den Einsatz der Streitkräfte „ausdrücklich zulässt“. Dies hat zur Folge, dass die Amtshilfe der Streitkräfte auf der Grundlage des Art. 35 Abs. 1 GG die Schwelle zum Einsatz im Sinne von Art. 87a Abs. 2 GG nicht überschreiten darf. Andernfalls würde die Grundentscheidung der Verfassung aus Art. 87a Abs. 2 GG umgangen, wonach ein Streitkräfteeinsatz zu anderen Zwecken als dem der Verteidigung eine ausdrückliche Verfassungsbestimmung voraussetzt.

Für den verfassungsrechtlichen Maßstab bei der Bewertung der Hilfsmaßnahmen beim G 8-Gipfel bedeutet dies: Die Streitkräfte durften lediglich auf der Grundlage des Art. 35 Abs.1 GG agieren und nur technisch-logistische Hilfeleistungen unterhalb der Schwelle zu einem Einsatz im Sinne des Art.87a Abs.2 GG erbringen. Diese Schwelle wird jedenfalls da überschritten, wo die Streitkräfte hoheitliche Aufgaben unter Inanspruchnahme von Zwangs- und Eingriffsbefugnissen wahrnehmen. Diese Schwelle wird dagegen nicht überschritten, wenn Streitkräfte im Rahmen der Amtshilfehandlungen nicht in Grundrechte von Bürgern eingreifen. Der Einsatz von Waffen jeglicher Art und die Anwendung hoheitsrechtlicher Befugnisse durch die Streitkräfte sind auf der Grundlage des Art. 35 Abs. 1 GG mithin ausgeschlossen. Die Verwendung von anderem militärischen Gerät im Rahmen der technischen Amtshilfe ist dagegen möglich, solange damit kein Eingriff in Grundrechte verbunden ist – beispielsweise wenn ein Pionierpanzer bei Hochwasser Räumungsarbeiten durchführt.

2.) Von den Hilfsleistungen zu unterscheiden sind diejenigen Maßnahmen, die der Eigensicherung der Streitkräfte im Rahmen ihres verfassungsmäßigen Auftrages dienen, insbesondere die Bewachung von Liegenschaften, die zu Verteidigungszwecken genutzt werden. Grundlage dafür ist Art. 87a Abs. 1 GG, ggf. in Verbindung mit dem UZwGBw (Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte sowie zivile Wachpersonen).

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Franz Josef Jung