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Frank Henning
SPD
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Frage von Miriam D. E. •

Welche Unterstützungen im Berufsleben (Kommunikation zw. AN/AG, betriebl. Transparenz, LTA-Angebote für ASS/ADHS) und im Gesellschaftsleben streben Sie für Personen mit ASS u ADHS an?

Ich bin neurodivers (Autismus-Spektrum und ADHS im Erwachsenenalter). Ich scheitere seit Jahren an fehlender Unterstützung meiner Gesundheit (Fach- oder Rehakliniken, Fachärztezugang, gezieltes Ergotherapie-, Psychotherapie-, Jobcoachingangebot), meiner Berufsperspektive (fehlende ADHS/ASS LTA-Angebote) und an der Unterstützung für meine Integration in betriebliche Strukturen, Abläufe und der Transparenz meiner Einschränkungen im Kollegium (keine fachkundige, personelle Unterstützung bei Einarbeitung in die neue Arbeitsstelle, keine personelle Unterstützung für einen leidensgerechten Arbeitsplatz im Betrieb). Ich bin Hörakustikmeisterin ohne bestehende Sicherheit meine Arbeitsstellen über eine Probezeit hinweg zu behalten, da ich ohne gesellschaftliche Unterstützung schlecht integriert werden kann und mit stetiger Kündigungsgefahr auch als Fachkraft rechnen muss. Ebenso gab es keine personelle Unterstützung einer Fachkraft zur Gründung einer Selbstständigkeit für mich als Gründende.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau E.,

haben Sie vielen Dank für Ihre persönliche und offene Nachricht. Ihre Schilderungen machen deutlich, mit welchen Herausforderungen Menschen im Autismus-Spektrum und mit ADHS im Berufs- und Gesellschaftsleben konfrontiert sind.

Ich nehme Ihre Erfahrungen sehr ernst. Ihre Schilderungen zeigen, wie dringend Verbesserungen bei der gesundheitlichen Versorgung, bei beruflicher Integration und bei konkreter Unterstützung am Arbeitsplatz notwendig sind. Als SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag setzen wir uns für eine inklusive Gesellschaft ein, in der alle Menschen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen – unabhängig von individuellen Einschränkungen.

Gerade für neurodivergente Menschen ist eine passgenaue Unterstützung entscheidend. Diese muss verschiedene Ebenen einbeziehen – von medizinischer Versorgung über berufliche Reha- und Coachingangebote bis hin zur Begleitung in Betrieben. Im Rahmen der Eingliederungshilfe und der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) gibt es bereits bestehende Möglichkeiten, individuelle Unterstützung zu erhalten – etwa durch das Integrationsamt oder die zuständigen Reha-Träger wie die Deutsche Rentenversicherung oder die Agentur für Arbeit. Hierzu gehören unter anderem Angebote wie Jobcoaching, technische Arbeitsplatzhilfen, personelle Unterstützung bei der Einarbeitung oder auch Hilfen zur Existenzgründung.

Eine wichtige Ergänzung stellt seit einiger Zeit das Netzwerk der Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) in Niedersachsen dar. Diese Einrichtungen beraten Betriebe und öffentliche Arbeitgeber kostenfrei zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung – auch bei nicht sichtbaren Einschränkungen wie ADHS oder ASS. Die EAA unterstützen etwa bei der Schaffung leidensgerechter Arbeitsplätze, bei der Vermittlung von Jobcoaching oder bei Fragen der Förderung und Finanzierung. Auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mit ihren Betrieben Lösungen suchen, können die EAA eine hilfreiche vermittelnde Rolle spielen.

Eine weitere wichtige Anlaufstelle ist die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB). Diese bietet Menschen mit (drohender) Behinderung oder chronischer Erkrankung eine kostenfreie Beratung zu Fragen der Rehabilitation und Teilhabe – unabhängig von Leistungsträgern. Gerade bei komplexen Lebenslagen kann die EUTB helfen, einen Überblick über mögliche Ansprüche und Angebote zu gewinnen. Auch Peer-Beratung wird hier angeboten. Mehr Informationen erhalten Sie unter www.teilhabeberatung.de.

Auch im medizinischen Bereich wurden in den letzten Jahren wichtige Veränderungen angestoßen: So hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Jahr 2021 beschlossen, dass auch Erwachsene mit ADHS unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Ergotherapie haben. Dies war ein bedeutender Schritt zur besseren Versorgung, auch wenn wir wissen, dass Facharzt- und Therapieplätze weiterhin knapp sind. Wir setzen uns auf Landes- und Bundesebene dafür ein, dass diese Lücken geschlossen werden.

Als SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag machen wir uns zudem stark für den weiteren Ausbau inklusiver Strukturen – im Arbeitsleben ebenso wie im Bildungs- und Gesundheitswesen. Ziel muss es sein, dass niemand aufgrund seiner neurologischen Besonderheiten dauerhaft benachteiligt wird. Dabei setzen wir auf Zusammenarbeit mit Betroffenen, mit Fachstellen und mit Trägern vor Ort.

Ich danke Ihnen nochmals für Ihre Schilderungen, die uns zeigen, wo struktureller Verbesserungsbedarf besteht. Für Ihre Zukunft wünsche ich Ihnen alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen
Frank Henning
 

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