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Eva-Maria Voigt-Küppers
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Frage von Gregor K. •

Frage an Eva-Maria Voigt-Küppers von Gregor K. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Voigt-Küppers,

erstmal vielen Dank dafür, dass Sie für die SPD bei abgeordnetenwatch.de mitgemacht haben. Das zeigt mir, im Gegensatz zu einer anderen grossen Partei, wie wichtig es Ihnen ist, die Meinungen und Ziele den Wählern vor Ort zu erklären. Ich würde gerne nochmal das Thema Schulden in Würselen aufgreifen, welches in letzter Zeit gar nicht mehr zur Sprache kommt. Mir ist das Thema sehr wichtig, da mit weniger Schulden auch anstehende Projekte besser umgesetzt werden können/könnten. Ich fand die Ignoranz einiger Politiker in den letzten Jahren zu dem Thema unmöglich, was z.B. die Schuldenuhr angeht oder die Einladung eines Bürgermeisterkollegen aus Langenfeld. Wer solche Hilfe nicht annimmt, hat es für mich nicht verdient, sich mit dem Thema als verantwortlicher Politiker auseinanderzusetzen und zu verantworten.

Wie beurteilen Sie den Schuldenstand in Würselen und wie würden Sie das Thema angehen, um diese in Zukunft deutlich zu reduzieren oder falls möglich, komplett abzubauen? Es scheinen ja Orte zu geben, die das auch schaffen.... Ich wäre Ihnen für ein kurzes Statement dankbar.

Vielen Dank für Ihre Mühe.

Mit freundlichem Gruß

Gregor Kaliakoudas

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kaliakoudas,

vielen Dank für Ihre Frage. Mir ist der Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern, die ich vertreten darf, enorm wichtig. Nur durch stetigen Kontakt und Dialog mit den Menschen in meinem Wahlkreis erfahre ich die Anliegen, Sorgen und Nöte und kann diese in die Landtagsarbeit einbringen. Daher ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, sich auch bei Internetangeboten wie abgeordnetenwatch.de oder facebook.com zu beteiligen und Fragen so schnell wie möglich zu beantworten. Darüber hinaus stehen meine Mitarbeiterin und ich Ihnen natürlich auch gerne persönlich während meiner Bürgersprechstunde oder nach Vereinbarung zur Verfügung. Näheres dazu entnehmen Sie bitte meiner Website: http://www.natuerlich-eva.de/service

Nun aber zu Ihrer eigentlichen Frage:

Die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen ächzen unter der hohen Last, die sie finanziell durch von Bund und Land übertragene Aufgabe zu stemmen haben. Die rot-grüne Landesregierung von Hannelore Kraft hat dieses Problem, das neben der Stadt Würselen fast alle anderen Kommunen in NRW haben erkannt und gemeinsam mit dem Landtag gegengesteuert. Als Sofortmaßnahmen haben wir den Betrag von ca. 3 Mrd. jährlich, den die Kommunen zur Sanierung des Landeshaushaltes unter der Regierung Rüttgers aufbringen mussten, den Städten und Gemeinden sofort zurückgegeben. Den verfassungswidrig zu hohen Anteil bei den Kosten der Deutschen Einheit, den die schwarz-gelbe Vorgängerregierung den Städten aufgebürdet hatte, haben wir zurückgenommen. Mit der Erhöhung der Grunderwerbssteuer und des kommunalen Anteils an dieser Steuer haben wir den Kommunen überdies zu mehr Einnahmen verholfen. Das spielt insbesondere in einer Stadt wie Würselen, in der viele Flächen sowohl für Wohn- als auch für Gewerbezwecke den Eigentümer wechseln auch eine große Rolle. Der Geldbetrag, den das Land an die Bürgermeister zur Erledigung ihrer Aufgaben im kommunalen Finanzausgleich zahlt (Gemeindefinanzierungsgesetz - GFG), steigt seit der Regierungsübernahme durch Hannelore Kraft kontinuierlich an, zuletzt auf über 8,5 Mrd. Euro jährlich. Das ist der größte Beitrag, den das Land jemals an seine Städte und Gemeinden überwiesen hat. Schließlich erhalten die Städte jährlich ca. 150 Mio. Euro zusätzlich zur Finanzierung des dritten beitragsfreien Kindergartenjahres. Auch sollen nach dem Willen von Hannelore Kraft die Finanzierung der Kitas kurz- und mittelfristig stärker durch das Land geschehen, um den Städten Kosten für Aufgaben, die sie nicht selbst beschlossen haben, zu reduzieren.

Die Stadt Würselen hat bei den "Fixkosten" seit vielen Jahren deutlich mehr laufende jährliche Ausgaben als Einnahmen. Bei den Investitionen sind dagegen die Schulden seit vielen Jahren rückläufig. Das hat im Ergebnis dazu geführt, dass das Vermögen der Stadt Würselen bald durch die Schulden aufgezehrt ist. In dieser Lage sind neben der Stadt Würselen landesweit 33 weitere Städte und Gemeinden.

Für diese finanziell besonders schwachen Kommunen hat der Landtag im vergangenen Dezember mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP das Stärkungspaktgesetz beschlossen. Seitdem erhält die Stadt Würselen für zehn Jahre je ca. 3,6 Mio. Euro zusätzlich vom Land. Im Gegenzug ist die Stadt verpflichtet, eigene Sparanstrengungen zu unternehmen, um bis zum Jahr 2016 nicht mehr Geld auszugeben als sie einnimmt.

Das kann nach meiner Auffassung nur dann gelingen, wenn in Würselen auf der einen Seite die Einnahmen der Stadt verbessert und auf der anderen Seite Ausgaben reduziert werden.

Ich glaube, dass die Stadt Würselen eine Menge Wachstumspotential sowohl im Bereich des Wohnens als auch des Gewerbes hat. Wenn es uns gelingt, diese Potentiale vollständig zu nutzen, dann winken Steuermehreinnahmen, weil mehr Einwohner ihre Einkünfte in Würselen versteuern und mehr Betriebe Gewerbesteuern abführen. Es muss aber auch gelingen, diejenigen, die Kosten bei der Stadt verursachen stärker an der Refinanzierung zu beteiligen.

Auf der Ausgabenseite hilft nur, kritisch zu hinterfragen, welche Aufgaben die Stadt noch erfüllen kann und will und in welchem Umfang die Aufgaben erledigt werden sollen. Ich will ganz ehrlich sein: Das führt in der Regel nur dann zu Einsparungen, wenn das Personal, das mit einer Aufgabe betraut war, auch eingespart werden kann. Da wir als Land dafür einstehen, dass keine betriebsbedingten Kündigungen im öffentlichen Sektor ausgesprochen werden, ist das also ein Sparprojekt, das Zeit benötigt.

Ein dritter Weg ist, gezielte Investitionen zu tätigen. So konnten in Würselen dank der Investitionen aus dem Konjunkturpaket II bereits Energiekosten in erheblichem Maße reduziert werden. Bitte entschuldigen Sie, dass ich im Moment dazu keinen konkreten Betrag nennen kann, den müsste ich in der Stadtverwaltung erfragen. Außerdem sind in Würselen 7 zusätzliche Kräfte im Jugendamt eingestellt worden. Diese haben zunächst Personalkosten verursacht. Auf der anderen Seite konnten wir 1 Mio. Euro bei den Kosten für Unterbringung in Jugendheimen sparen. Das zeigt, dass Investitionen in Vorbeugung relativ schnell Kosten senken helfen, weil Vorbeugung immer billiger ist als Reparatur.

Gerne will ich auch noch auf die beiden kommunalpolitischen "alten Hüte" eingehen, die sie angesprochen haben. Ich gehe wegen Ihrer Frage davon aus, dass Sie wissen, dass ich bereits seit vielen Jahren in Würselen kommunalpolitisch Verantwortung übernehme.

Gerne hätte die SPD-Fraktion und auch ich in Würselen eine Schuldenuhr installiert. Das Problem bei der Schuldenuhr ist folgendes: Die Schulden im investiven Bereich gehen seit vielen Jahren in Würselen dauerhaft zurück. Auf der anderen Seite steigen tendenziell die "Dispo-Kredite" auf den städtischen Konten stetig. Der Dispo-Kredit der Stadt schwankt aber ständig. Wenn die Stadt zum Beispiel Gewerbesteuer einnimmt oder wenn Sie Gebühren im größeren Umfange abrechnet, dann geht der Dispo-Kredit stark zurück. Das ist auf der Schuldenuhr nicht darstellbar. Nach den Auskünften, die wir beim Bund der Steuerzahler eingeholt haben, gibt es keine Schuldenuhr, die diese Schwankungen und damit den tatsächlichen Schuldenstand technisch darstellen kann. Hätten wir uns auf die investiven Schulden, die darstellbar gewesen wären, beschränkt, dann wäre die Uhr rückwärts gelaufen, was aus unserer Sicht ein falsches Zeichen gewesen wäre.

Wir haben eine andere Lösung gefunden: In etwa alle zwei Wochen informiert der Kämmerer über den tatsächlichen Stand aller Verbindlichkeiten der Stadt, sowohl der investiven Schulden als auch des Dispo-Kredits. Diese Informationen können über das Ratsinformationssystem der Stadt ( http://ratsinfo.wuerselen.de/bi ) weltweit und von jedem Bürger jederzeit abgerufen werden. Das ist aus meiner Sicht ein sehr transparentes Verfahren. So ist der tatsächliche Schuldenstand zwar nicht sekündlich aber immerhin in einem Rhythmus von zwei Wochen abzulesen.

Natürlich vergleichen wir in Würselen auch, was andere Städte machen, um ihre Schulden einzudämmen und abzubauen. Dazu gibt uns unter anderem die Gemeindeprüfungsanstalt jährlich Hinweise. Wir beziehen aber auch andere unabhängige vergleichende Analysen in die Ratsarbeit mit ein. Erlauben Sie mir jedoch darauf hinzuweisen, dass die Situation der Stadt Langenfeld in keiner Weise mit der der Stadt Würselen vergleichbar ist. So liegt Langenfeld im Speckgürtel von Düsseldorf und Köln und hat seit mehr als zehn Jahren nur steigende Einnahmen vorzuweisen. Die Soziallasten, die in Würselen mit 20 Mio. ein Viertel des Haushaltsvolumens jährlich ausmachen, sind in Langenfeld deutlich geringer. Insofern sind die Beispiele, die der ehemalige Bürgermeister der Stadt Langenfeld in seinem Buch anführt, nicht ohne weiteres auf Würselen zu übertragen. Die Stadt Langenfeld hatte vergleichsweise geringe Probleme und konnte sich daher auch mit vergleichsweise einfachen Lösungen sanieren.

Ich bin sicher, dass der Rat der Stadt Würselen bis zum 30. Juni jedoch ein Programm beschließt, das dazu führt, dass die Stadt Würselen bereits im Jahr 2016 ohne zusätzliche neue Schulden auskommt.

Sollten Sie weitere Fragen haben stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,

Ihre Eva-Maria Voigt-Küppers