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Erwin Köhler
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Rebekka B. •

Würden Sie sich als mein Abgeordneter bei der Landesregierung für die Prüfung eines AfD-Verbot einsetzen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau B.,

vielen herzlichen Dank für Ihre Zuschrift und die Frage. Grundsätzlich teile ich Ihre Sorgen, was die stetige Radikalisierung der AfD betrifft. Die aktuellen Umfrageergebnisse, der letzte Parteitag der AfD zur Aufstellung ihrer Kandidat*innen zur Europawahl und Wahlen auf kommunaler Ebene bei denen die AfD Kandidat*innen hohe Zustimmung bekommen haben sind äußerst bedenklich.

Für mich ist klar, dass diese Partei sich außerhalb des demokratischen Spektrums bewegt und eine massive Belastung für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung darstellt. Sowohl mir aber auch der grünen Landtagsfraktion ist es ein zentrales Anliegen, die AfD im politischen Wettbewerb zu stellen und zu bekämpfen, um zu verhindern, dass sie jemals in irgendeine Form von Regierungsverantwortung in Land kommt. Auch hier im Wahlkreis gibt es besorgniserregende Entwicklungen was die Zustimmung anbetrifft.

Wir sind uns der Gefahren, die von der AfD ausgehen, bewusst. Zum momentanen Zeitpunkt halte ich jedoch die Einleitung eines Parteiverbotsverfahren nicht für angebracht.

Unsere Verfassungsordnung macht ein Parteiverbot möglich und es ist auch richtig und wichtig, dass es ein derartiges Verfahren gibt. Mit der Möglichkeit eines Parteiverbots kann sich unsere demokratische Grundordnung gegen entsprechende Angriffe wehren. Gleichzeitig hat die jüngere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen der gescheiterten NPD-Verbotsverfahren nochmals aufgezeigt, dass dieses scharfe Schwert nur unter strengsten Voraussetzungen und somit als ultima ratio eingesetzt werden darf. Denn ein Parteiverbot ist ein starker Eingriff in den Kernbereich unserer demokratischen Verfassungsordnung, in der Parteien als zentrale Akteure vorgesehen sind.

Deshalb sollte ein Verbotsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn die zu Recht strengen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts tatsächlich erfüllt werden und damit die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Verfahren vorliegen. Dafür ist eine umfassende und sehr sorgfältige Prüfung von Nöten. Aus meiner Sicht ist hier die Vorarbeit und Bewertung durch die Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder zentral. Derzeit wird die AfD auf Ebene des Bundes sowie auf Ebene ihres baden-württembergischen Landesverbandes durch die zuständigen Verfassungsschutzämter lediglich als Verdachtsfall eingestuft. Die Verfassungsschutzämter sind noch im laufenden Prüfungsverfahren.

Erst auf der Grundlage einer Bewertung durch die Verfassungsschutzämter kann eine politische Entscheidung durch die antragsberechtigten Verfassungsorgane (Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung) getroffen werden, ein gegen die AfD gerichtetes Parteienverbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht einzuleiten.

Unsere Demokratie lebt von engagierten Bürger*innen. Deswegen möchte ich mich bei Ihnen bedanken, dass Sie die aktuellen Entwicklungen kritisch beobachten und sich klar für die demokratische, freiheitliche Grundordnung positionieren und ich möchte noch einmal unterstreichen, dass wir das Anliegen des Kampfs gegen den Rechtsextremismus teilen. Das Schwert des Parteienverbotsverfahrens sollte nur gezogen werden, wenn die vom Bundesverfassungsgericht angelegten Kriterien erwartbar erfüllt werden. Aktuell setzen wir auf die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz und darauf, die AfD im politischen Wettbewerb zu stellen und immer wieder deutlich zu machen, dass es sich dabei nicht um eine „normale“ Partei innerhalb des demokratischen Verfassungsbogens handelt.

Viele Grüße und zögern Sie nicht, mein Büro oder mich bei Rückfragen und Anliegen zu kontaktieren.

Viele Grüße
Erwin Köhler MdL

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