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Frage von Arne W. •

Frage an Ernst Bahr von Arne W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Bahr,
Sie haben jüngst dem Gesetzesentwurf zur Sperrung von Webseiten - trotz der Bedenken zahlreicher Fachleute und rund 135000 Unterschriften - mit kinderpornographischen Inhalt zugestimmt.

Inwiefern glauben Sie, dass dieses Gesetz eine wirksame Maßnahme gegen Kinderpornographie darstellt?
Wie häufig und deutlich genug bewiesen wurde, ist diese Maßnahme der Web-Sperre leicht zu umgehen und stellt nur eine einfach zu überwindende Sichthürde dar. Menschen, die im Internet gezielt nach Kinderpornographie suchen, sind definitiv affiner im Umgang mit dem Netz als der Bundesdurchschnitt, ohne weiteres landet man mit Sicherheit nicht auf Seiten solchen Inhalts.
Solche Leute werden das Verbot mit Sicherheit leicht umgehen können, ergo ist den zahlreichen Opfern vom Kindesmissbrauch kein bisschen geholfen.

Anstelle das Problem effektiv zu lösen und die Seiten zu löschen (der AK-Zensur hat exemplarisch bewiesen, dass das auch im Ausland bei einer Vielzahl von Serveranbietern mit einer simplen E-Mail möglisch ist) unterstützen Sie mit ihrer Stimme eindeutig die größten Angriffe auf das Grundgesetz, die es seit Bestehen der BRD gibt.

Das dieses Gesetzt offensichtlich nicht zum Schutz der Kinder entgegen aller Kritik "durchgeprügelt" wurde, sondern einem ganz anderen Zwecke dient liegt doch eindeutig auf der Hand.
Dafür sprechen jetzt schon die zahlreichen Vorschläge zur Ausweitung der Sperren auf Seiten anderen Inhalts ("Killerspiele", extremistische Inhalte etc.), gar chinesische Zustände werden schon gefordert (ich erinnere an dieser Stelle an Herrn Uhl, "Was die Chinesen können, sollten wir auch können. Da bin ich gern obrigkeitsstaatlich.")

Vor dem Hintergrund, dass sie in einem autoritären Staat aufgewachsen sind, wie können Sie das zulassen und sogar noch unterstützen?
Bitte klären Sie mich auf, es ist mir unbegreiflich, wie man dieses Gesetz tatsächlich als wirksam und angemessen betrachten kann...

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Witte,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Gesetzentwurf zur Sperrung von Internetseiten. Bezüglich einiger Ihrer Fragen möchte ich darauf verweisen, dass diese mir bereits von anderen Bürgern auf „abgeordnetenwatch.de“ gestellt und auch von mir beantwortet wurden. Auf die übrigen möchte ich hier gerne eingehen.

Das von Ihnen angesprochene Gesetz ist nur eine Maßnahme gegen Kinderpornografie. Mir ist bewusst, dass allein dadurch dieses abscheuliche System nicht zum Einsturz gebracht werden kann. Es finden auf anderen Ebenen aber noch viele weitere Maßnahmen dagegen statt. Da, wo eine schnelle Sperrung von im Ausland betriebenen Seiten nicht möglich ist, kann der Zugriff auf diese Seiten durch die, im Gesetz geregelten Möglichkeiten, erschwert werden. Dass es für einige Nutzer technisch nicht unmöglich ist, eine Sperre zu umgehen, macht die Sperre nicht sinnlos. Nicht jeder ist dazu in der Lage und man sollte es den potentiellen Interessenten nicht noch einfacher machen, an entsprechendes Bildmaterial zu gelangen.

Dass es sich bei dem Gesetz um einen Angriff auf das Grundgesetz handeln soll, weise ich deutlich zurück. Falls Sie sich mit Ihrer Äußerung auf Artikel 5 zur Meinungsfreiheit beziehen, möchte ich auf den dazugehörigen Absatz 2 verweisen. Der lautet: „Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“. Wenn man also Beschränkungen auferlegt, weil der Inhalt von Zeitschriften, Filmen oder eben Internetseiten volksverhetzende rechtsextreme Propaganda enthält oder Kinderpornografie, dann steht das eindeutig im Einklang mit dem Grundgesetz.

Glauben Sie mir, dass die Tatsache, auch in einer Diktatur gelebt zu haben, in mir die Überzeugung von der Unantastbarkeit der Würde des Menschen verstärkt hat.

Mit freundlichem Gruß
Ernst Bahr