Inwiefern soll sich Deutschland am Wiederaufbau von Gaza beteiligen?Welche Beträge haben wir in der Vergangenheit schon für den Wiederaufbau von Infrastrukturschäden im Libanon u in Palästina bezahlt?
Sehr geehrter Herr Wiese,
im Gazastreifen wurden im Rahmen der Selbstverteidigung Israels dramatische Schäden angerichtet. Schon kurz nach den Hamas-Massakern vom 7. Oktober hat Ex-US-Präsident Biden Israel zu maßvollem Handeln geraten (https://www.spiegel.de/ausland/joe-biden-warnt-israel-vor-wiederholung-von-fehlern-der-usa-nach-9-11-a-551b46a8-a51f-48b6-9502-1cc77f15c089).
Wie stehen Sie zu Wiederaufbauzahlungen durch Deutschland und warum?
Wenn die Reaktion Israels gerechtfertigt ist/war (analog der Verteidigung der Ukraine), dann dürften wir ja m.E. keine Gelder an den anfänglichen Agressor zahlen (niemand würde auf die Idee kommen, den Agressor Russland für Schäden in Kursk zu unterstützen).
Wenn jedoch - trotz zahlreicher internationaler Warnungen und Mahnungen - die Reaktion Israels übermäßig und völkerrechtswidrig wäre, dürften wir m.E. auch nicht zahlen.
Welche Zahlungen haben wir in der Vergangenheit (mehrfach) für Wiederaufbau geleistet a) Libanon und b) Palästina?
V.Dank

Sehr geehrter Herr G.,
die Bilder und Berichte aus Gaza erschüttern uns alle, und das Leid der Zivilbevölkerung ist schrecklich. Es ist völlig klar, dass humanitäre Hilfe schnell und sicher zu den Menschen gelangen muss. Wir setzen uns intensiv dafür ein. Deutschland gehört seit Langem zu den größten Gebern humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit für die palästinensischen Gebiete und hat diese Unterstützung zuletzt noch einmal erhöht. Wir unterstützen konkrete Hilfsmaßnahmen wie die Luftlieferung von Nahrungsmitteln, die Schiffslieferung von medizinischen Gütern oder die Einrichtung von Versorgungskorridoren.
Gleichzeitig dürfen wir aber nicht ausblenden: Der 7. Oktober 2023 markiert den größten Massenmord an Jüdinnen und Juden seit der Shoah. Noch immer gibt es Raketenangriffe auf Israel, die nicht nur von der Hamas, sondern auch vom iranischen Regime und der Hisbollah im Libanon ausgeführt werden. Vertreter des militärischen Flügels der Hamas wiederholen bis heute ihr Ziel, Israel vernichten zu wollen.
Angesichts dieser Bedrohung hat Israel - wie jeder andere Staat auch - das Recht, seine Bürgerinnen und Bürger vor Terror zu schützen. Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson. Das ist für uns als SPD und für die Bundesregierung historisch begründet und bleibt auch heute politisch notwendig. Unsere Solidarität mit Israel ist nicht nur Ausdruck unserer besonderen Verantwortung, sondern auch ein klares Bekenntnis gegen Antisemitismus und Terror.
Unsere Solidarität mit Israel ist dabei jedoch kein Freibrief für militärisches Handeln, sondern Ausdruck historischer Verantwortung, politischer Prinzipien sowie unserer tiefen Ablehnung von Antisemitismus in jeder Form. Gleichzeitig bleibt das Leid der Zivilbevölkerung, insbesondere in Gaza, für uns Anlass zu größter Sorge und konkretem Handeln. Beides gehört zusammen: Wir müssen Haltung zeigen, helfen, wo es möglich ist, und auf eine gerechte politische Lösung hinwirken.
Der Besuch des deutschen Außenministers Wadephul und der stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Siemtje Möller in der vergangenen Woche in Israel hat auch gezeigt, dass wir uns auf allen Ebenen dafür einsetzen müssen, dass es zu einem Ende der Kampfhandlungen kommt. Es braucht die sofortige und bedingungslose Freilassung der Geiseln durch die Hamas, deren brutalen Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 ich mit aller Deutlichkeit verurteile. Die Hamas hat durch ihre Terrorherrschaft jede Legitimität verspielt. Eine politische Perspektive für Gaza kann es nur mit einer gestärkten palästinensischen Autonomiebehörde geben.
Auch Israel muss internationalem Recht gerecht werden – Siedlungsbau und Vertreibungen im Westjordanland müssen beendet werden. Und klar ist: Deutsche Rüstungsexporte zum Schutz des israelischen Staates sind zulässig, sie dürfen aber nicht für völkerrechtswidrige Einsätze genutzt werden. Unser Ziel muss eine politische Lösung bleiben, die Israel dauerhaft Sicherheit gibt – und den Palästinensern und Palästinenserinnen eine echte Perspektive auf Frieden und Selbstbestimmung. Das geht nur über eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung. Die Anerkennung eines palästinensischen Staates darf für uns dabei kein Tabu sein darf und muss nicht zwingend am Ende eines solchen Prozesses stehen. Die Zeit der Appelle ist vorbei – es braucht politischen Druck und konkrete Fortschritte. Die Luftbrücke ist wichtig, reicht aber bei weitem nicht aus.
Beste Grüße
Dirk Wiese