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Dietmar Bartsch
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Frage von Malte F. •

Frage an Dietmar Bartsch von Malte F. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Bartsch, warum verbuddelt die DB den Hauptbahnhof in
Stuttgart für mindestens 5,6 Mrd. € unter die Erde (siehe 1.), obwohl schon im November 2008 der Bundesrechnungshof von 4,925 Mrd. € für Stuttgart 21 ausging (siehe 2.), und jetzt fehlen angeblich 30 Mrd. € für die anstehende Modernisierung der Infrastruktur (siehe 3.).

Wenn jetzt Stuttgart 21 auch gebaut wird, warum werden nicht die gleichen Sicherheitsmaßstäbe wie beim Katzenberg-Tunnel angewendet,
denn "beim Katzenberg-Tunnel habe es bei sehr viel wenigeren Häusern ein umfangreiches, Jahre dauerndes Messprogramm gegeben" (siehe 4.).

Schaut man aber mal auf das Projekt neue Alpentransversale (siehe 5.), so kann zu dem Projekt in Stuttart nur sagen "Stuttgart 21 ist verkehrlicher Murks" (siehe 6.).

"Aber auch ein ganz irdischer Blick zu unseren europäischen Nachbarn zeigt,dass aus dem Ruder laufende Großprojekte kein gottgegebenes Schicksal sind."(siehe 7.)

1. www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/-/id=1622/nid=1622/did=10690352/m7yz7j/
2. www.kontextwochenzeitung.de/fileadmin/user_upload/2011/11/23112011/Bundesrechnungshof_zu_s21.pdf
3. www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-dienstleister/bahnchef-grube-sanierungsstau-bei-bruecken-bedroht-infrastruktur/9118546.html
4. www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.stuttgart-21-anwohner-fordern-messprotokolle.4ad4cf13-66dc-4832-b5e1-6198ac27cb6c.html
5. www.handelsblatt.com/technologie/forschung-medizin/forschung-innovation/gotthard-eisenbahntunnel-pharaos-alpentunnel-seite-all/7328536-all.html
6. www.faz.net/aktuell/politik/inland/stuttgart-21-der-lange-atem-des-widerstands-12706637.html
7. www.spd-mitglieder-gegen-s21.de/wp-content/themes/twentyten/Dokumente/Rede_158.MoDemo_2013-01-28_Schwab.pdf

Mit freundlichen Grüßen
Malte Fischer

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Fischer,

seit 1994 versuchen die Deutsche Bahn und die jeweiligen Bundesregierungen das Großprojekt Stuttgart 21 ("S21") durchzusetzen.
Der bisherige Kopfbahnhof soll durch einen Durchgangsbahnhof mit acht Gleisen im Untergrund ersetzt werden. Die umfangreichen Gleisanlagen im Stadtzentrum würden dabei in den Untergrund verlagert, wofür Tunnelbauten mit einer Gesamtlänge von 70 Kilometern Länge erforderlich werden. Die Kosten für S21 sollten 1994 bei umgerechnet 2 Milliarden Euro liegen. Sie stiegen seither kontinuierlich und werden seit Ende 2012 auf 6,7 Milliarden Euro veranschlagt.

Eine Antwort auf Ihre Frage nach dem Warum eines solchen Projektes dürfte vielschichtig sein: sicher geht es um materielle Interessen der Bauwirtschaft und nicht zuletzt auch darum, dass die Bundesregierung das Gesicht wahren will und alles tun wird, um zu verhindern, dass das "Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21" einen Erfolg erzielt. Denn ein solcher Erfolg hätte enorme positive Ausstrahlung auf andere Bewegungen gegen Großprojekte wie jene in Leipzig, Berlin oder Frankfurt/Main gegen Fluglärm und für den Erhalt oder die Wiederherstellung der Nachtruhe.

Wir teilen Ihre Befürchtungen, dass beim Projekt S21 das Niveau der Sicherheitsmaßstäbe insbesondere bei den Tunnelbohrungen und der Grundwasserentnahme deutlich zu niedrig ist. Angesichts der Bodenbeschaffenheit (u.a. Gipskeuper) und der besonderen Problematik der Mineralwasserquellen ist das Projekt S21 bereits deshalb abzulehnen, weil die damit eingegangenen Risiken bei bis zu 50 km Gesamtlänge an Tunneln deutlich zu groß und nicht beherrschbar sind.

Gegen S21 spricht neben den immensen Kosten und Baugrund-Risiken aber vor allem die Tatsache, dass die Kapazität des Tiefbahnhofs kleiner sein wird als diejenige des bestehenden Kopfbahnhofs. Gegen die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke spricht in erster Linie die Tatsache, dass dort bedingt durch die enorme Steigung der Neubaustrecke nur neuartige, besonders starken Personenzüge und keine herkömmlichen Güterzüge verkehren können.

In der Bevölkerung der Landeshauptstadt und im Umland gibt es eine breit verankerte Bewegung gegen S21, Der wesentliche Träger des Widerstands ist das "Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21", in dem auch die LINKE aktiv ist. Mit dem Konzept „Bahnsinniges Baden-Württemberg“ haben wir Anfang 2011 eine Alternative zu S21 entwickelt, in deren Zentrum neben der Optimierung des bestehenden Kopfbahnhofs eine Reihe wichtiger Bahnprojekte in Baden-Württemberg im Zentrum stehen.

Freundliche Grüße

Dr. Dietmar Bartsch

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