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Daniela De Ridder
SPD
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Frage von Erwin A. •

Frage an Daniela De Ridder von Erwin A. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

UN - Migrationspakt

Sehr geehrte Frau Dr. De Ridder,

wieso will die Bundesregierung einen Vertrag unterschreiben, der nicht verbindlich ist, für den es keine Vorlage, keine Abstimmung und keinen Beschluss im Bundestag gibt? Wirklich demokratisch ist das nicht und öffnet Tür und Tor für Radikale, links wie rechts. Die Volksparteien schaffen sich so ja selber ab. Wieso kann man nicht vor Ort helfen? Laut Spiegel online wollen noch ca. 65 Mio. afrikanische Bürger nach Europa. Bei solchen Zahlen wird es problematisch mit der Integration. Deswegen unterschreiben Einwanderungsländer wie USA und Australien diesen Vertrag nicht.

In Erwartung auf Ihre Antwort verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Frau/Herr A.,

Haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage zum Global Compact for Migration und das mir damit entgegengebrachte Vertrauen.

Mit dem so genannten UN-Migrationspakt will die Weltgemeinschaft eines der drängendsten politischen Themen dieser Zeit anpacken und einen Baustein zur Lösung des Themas Migration liefern. Deutschland würde von dem Pakt erheblich profitieren, doch eine Hetzkampagne vernebelt derzeit den klaren Blick auf die Fakten.

Gegen die ungeregelten Wanderungsbewegungen der letzten Jahre soll künftig ein Regelwerk gestellt werden. Dabei stellt der Global Compact for Migration eine Selbstverpflichtung dar.

Im Juli dieses Jahres haben sich die Vereinten Nationen (UN) auf einen „Globalen Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration“ geeinigt. Es handelt sich um ein internationales Abkommen, das Migration stärker steuern und die Rechte von MigrantInnen schützen soll. Es geht dabei nicht um Flüchtlinge. Umgangssprachlich wird auch vom UN-Migrationspakt gesprochen. Das Dokument soll am 10. und 11. Dezember 2018 auf einer Konferenz in Marokko angenommen werden.
Als SPD-Bundestagsfraktion unterstützen wir den UN-Migrationspakt. Die Bundesregierung hat an seiner Konzeption mitgewirkt.

Wir können die Probleme, die sich mit weltweiter Migration verbinden, nur international gemeinsam lösen. Damit Fluchtursachen und nicht etwa Flüchtlinge bekämpfen bedarf es einer wertebasierten geregelten internationalen Organisation. Nationale Regelungen allein helfen hier nicht weiter. Und deshalb haben sich die Staaten in den Vereinten Nationen vor zwei Jahren gemeinsam auf den Weg gemacht, einen solchen internationalen Pakt zu erarbeiten. Die Ziele, die Grundsätze dieses Paktes finden sich jetzt genau in dem Text wieder. Es geht nicht darum, Tor und Tür zu öffnen, sondern es geht darum, Migration besser zu regulieren. Das ist der Kern dieser Vereinbarung.

Der Migrationspakt soll sämtliche Dimensionen der weltweiten Migration umfassend behandeln. Seine wichtigsten Ziele:
• Strukturelle Faktoren, die Menschen dazu veranlassen, ihre Herkunftsländer zu verlassen, sollen reduziert werden – zum Beispiel durch Programme zur Armutsbekämpfung und zur Anpassung an klimatische Veränderungen.
• Um irreguläre Migration zu vermeiden, sollen Menschenschmuggel und Schlepperwesen stärker bekämpft und Grenzkontrollen besser koordiniert werden. Gleichzeitig sollen die Mitgliedstaaten mehr Wege für reguläre Migration schaffen – zum Beispiel durch Arbeitsmarktabkommen oder Erleichterungen bei der Visavergabe.
• In den Zielländern sollen MigrantInnenn sicheren Zugang zu Grundleistungen haben und die Chance erhalten, am politischen und gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.
• Verbesserte Möglichkeiten der Rückkehr in die Heimatländer.

Es geht also vor allem darum, Migration effektiv und zum Nutzen von Herkunfts-, Transit- und Zielländern zu steuern und irreguläre Migration zu vermeiden. Dazu soll der Globale Pakt (Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration) den internationalen Rahmen setzen.

Wichtig ist dabei: Die UN sagen ausdrücklich den Ländern, die von großen Migrationsbewegungen betroffen sind, Unterstützung zu.

Die AfD, rechtsextreme und fremdenfeindliche Gruppierungen stellen das Abkommen jedoch als Bedrohung dar. Dies erlebe ich sehr häufig im Auswärtigen Ausschuss, dessen stellvertretende Vorsitzende ich bin. Die AfD-Abgeordneten nutzen es als Mobilisierungsinstrument. Eine Hetzkampagne setzt auf Halb- und Unwahrheiten, um bewusst Panik zu erzeugen. Diesen Kritikern geht es nicht um die sachliche Auseinandersetzung, sondern um rechtspopulistische Rhetorik, die zur Stimmungsmache eingesetzt wird. So behaupten sie zum Beispiel, dass der Pakt zu einer massenhaften Zuwanderung nach Deutschland führt. Sie behaupten, mit dem Pakt würden die nationale Souveränität unseres Landes und unser Selbstbestimmungsrecht ausgehebelt.

Ein Blick in den Text zeigt allerdings das Gegenteil: „Der Globale Pakt bekräftigt das souveräne Recht der Staaten, ihre nationale Migrationspolitik selbst zu bestimmen (...).“ Die Staaten können also weiterhin darüber entscheiden, wie sie die Einreise, den Aufenthalt und die Arbeitsbedingungen von Einwanderern gestalten möchten. Es entstehen keine weiteren verpflichtenden Kosten für Deutschland.

Auch an der deutschen Rechtslage ändert sich nichts. Die meisten Regelungen sind bereits im europäischen Recht enthalten und daher schon heute in Deutschland gültig. Der Pakt ist kein Vertrag und darum rechtlich nicht bindend – selbst wenn im Text von Verpflichtungen die Rede ist. Diese ist im Sinne einer Selbstverpflichtung formuliert, was ich sehr begrüße. Es soll daher ein Gremium geben, das von 2022 an alle vier Jahre tagen, die Umsetzung überprüfen und seine Ergebnisse in einem Bericht veröffentlichen wird.

Der Grund, warum die AfD eine Kampagne gegen den Globalen Pakt für Migration fährt, ist simpel: Sie glaubt, je größer die Furcht vor MigrantInnen, je größer der politische Vorteil für die AfD. Die AfD nutzt die Ausgrenzung von MigrantInnen und das Schüren von Ängsten und Vorurteilen und hofft so auf weitere WählerInnen. Das ist verantwortungslos, ja schäbig.

Der Migrationspakt ist ein Meilenstein in der internationalen Zusammenarbeit und eine Chance, globale Herausforderungen auch gemeinsam zu meistern. Diese Möglichkeit müssen wir unbedingt ergreifen. Für die SPD-Bundestagsfraktion ist klar: Der Pakt für eine geordnete und sichere Migration liegt in unserem deutschen Interesse. Migration ist für uns angesichts unserer demographischen Entwicklung unverzichtbar. Deshalb wird Deutschland im Dezember diesem Pakt zustimmen.

Und zur Klarstellung: Die in den letzten Wochen hochgekochte Debatte innerhalb von CDU/CSU ist mehr als irritierend. Die gesamte Bundesregierung war von Anfang an in die Arbeit am Migrationspakt eingebunden.

Darüber hinaus wurde der Text auch nicht am Bundestag vorbei verhandelt. Die Idee, einen CDU-Parteitag entscheiden zu lassen, ob und wenn ja, wann die Bundesregierung dem Pakt zustimmt, ist wohl eher dem Profilierungsinteresse eines möglichen Nachfolgers an der CDU-Parteispitze geschuldet. Das Kalkül, auf diese Weise WählerInnen der AfD wieder ins eigene politische Lager zurückzugewinnen, wird nicht aufgehen, davon bin ich überzeugt und hoffe, dass auch unser Koalitionspartner die Realität in Deutschland erkennt: Eine arbeitsmarktorientierte Zuwanderung und eine intelligente Integrationspolitik sind in unserem Land von großer Bedeutung.
Daher gilt es, sich von den rechtspopulistischen Bewegungen in Europa und den USA in dieser Frage klar abzugrenzen: Weder die Milleniumsziele der UN für die ärmsten Länder der Welt, noch das Klimaabkommen von Paris haben eine solch abstruse Debatte ausgelöst. Das ist erschreckend und für die SPD-Bundestagsfraktion Ansporn, selbstbewusst dagegen zu halten.

Bitte lassen Sie sich nicht von Hass und Hetze irritieren; bitte verfolgen Sie die Debatte, die dann im Bundestag stattfindet, mit großer Aufmerksamkeit – auch ich selber werde zum Thema Migration sprechen. Die SPD – das werden Sie in der Debatte hören – verpflichtet sich nicht nur der internationalen Solidarität mit Menschen auf Flucht oder jenen, die bei uns aufgrund von politischen, religiösen oder anderen Verfolgungsgründen um Asyl ersuchen – sie hat auch die für den Arbeitsmarkt notwendige Migration im Blick.

Sollten Sie dazu weitere Fragen haben oder Informationen benötigen, scheuen Sie sich bitte nicht, sich jederzeit wieder an mich oder mein Team zu wenden. Gerne können Sie auch meinen Newsletter auf meiner Homepage www.daniela-de-ridder.de abonnieren, in dem ich regelmäßig über meine Arbeit in Berlin und im Wahlkreis berichte. Besuchen Sie mich ebenso auf Facebook unter dem Link fb.me/dr.danieladeridder für weitere Informationen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre

Dr. Daniela De Ridder, MdB

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