Inwiefern setzen Sie sich für die Hebammen in unserem Bundesland ein?
Sehr geehrte Frau Lange,seit dem 1.11.2025 ist der neue Hebammenhilfevertrag in Kraft. In den Kreißsälen haben bereits Beleghebammen gekündigt (Quelle: NDR). Auch meine Hebamme in Stade klagt darüber, dass es offensichtlich eine politische Entscheidung ist einen ganzen Berufszweig sukzessive auszurotten. Jede Frau, die ein Kind geboren hat, weiß, dass es ohne Hebammen nicht geht! Keine Ärztin und kein Arzt kann diesen Berufszweig ersetzen.
Sehr geehrte Frau H.,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre engagierten Worte. Als Mutter von drei Kindern und als Landtagsabgeordnete weiß ich sehr genau, wie unverzichtbar Hebammen für Familien sind – von der Schwangerschaft über die Geburt bis weit in die erste Zeit mit dem Kind hinein. Ihr Hinweis zeigt, wie groß die Sorge vieler Betroffener derzeit ist.
Seit dem 1. November 2025 gilt der neue Hebammenhilfevertrag. Er hat verständlicherweise zu Verunsicherung bei vielen Hebammen geführt, insbesondere bei den Beleghebammen. In Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Praxis nehme ich diese Rückmeldungen sehr ernst. Jede Hebamme, die ihre Tätigkeit aufgibt oder einschränkt, fehlt Familien in einer sensiblen Lebensphase.
Die Versorgungslage in Niedersachsen ist aktuell grundsätzlich gesichert. Während nahezu alle Menschen einen Kreißsaal innerhalb von 40 Minuten erreichen können, warnen Hebammen und Kliniken aber vor drohenden Klinikschließungen und einer Zentralisierung der Geburtshilfe. Besonders die Beleghebammen sehen ihre wirtschaftliche Existenz durch den neuen Vertrag gefährdet, was zu Kündigungen und einer Verschlechterung der Versorgung führt. Auch der Mangel an Nachsorgehebammen ist ein wachsendes Problem – etwa 10 % der Familien finden nach der Geburt keine Hebamme mehr.
Als Land setzen wir uns auf mehreren Ebenen für die Sicherung der Geburtshilfe ein:
- Der Niedersächsische Gesundheitsminister hat sich gemeinsam mit anderen Ländern an die Bundesebene gewandt, um die Schiedsstellenentscheidung zum neuen Hebammenhilfevertrag kritisch zu begleiten.
- Wir schaffen Ausbildungs- und Studienplätze: Der Studiengang Hebammenwissenschaft wurde an vier Hochschulen in Niedersachsen eingeführt.
- Der Anerkennungslehrgang der Hebammenschule in Rotenburg-Wümme erleichtert es, Fachkräfte aus dem Ausland hier vor Ort schneller zu integrieren.
Ich bedauere sehr, dass mit der Beendigung des dualen Studiengangs an der hochschule 21 in Buxtehude in 2023 ein erfolgreiches Ausbildungsmodell hier bei uns in der Region verloren gegangen ist. Diese bundespolitische Entscheidung fällt in eine Zeit, in der wir bereits deutschlandweit einen Mangel an Hebammen haben – auch in Niedersachsen spüren wir die Folgen. Aus meiner Sicht ist es ein falsches Signal, gut funktionierende Ausbildungskapazitäten abzubauen, statt sie zu erweitern und zu stärken.
Daher appelliere auch ich in Richtung Bundesregierung, die Auswirkungen des neuen Hebammenhilfevertrags auf die wirtschaftliche Situation der Hebammen, insbesondere der Beleghebammen, zu überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen. Die Sicherung der geburtshilflichen Versorgung ist eine Aufgabe, die Bund, Länder und Kommunen gemeinsam angeht. Wir dürfen nicht zulassen, dass durch fehlende Anpassungen die Versorgungssituation weiter verschlechtert wird und Familien in einer sensiblen Lebensphase auf Unterstützung verzichten müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Corinna Lange

