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Christiane Blömeke
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Frage von Marie S. •

Frage an Christiane Blömeke von Marie S. bezüglich Kultur

Liebe Frau Bloemeke,

waren Sie schon einmal im Jungen Schauspielhaus Hamburg? Wissen Sie, welche kulturelle und Bildungsarbeit dort geleistet wird für Kinder, Jugendliche und Erwachsene?
Erschwingliche Kartenpreise, ein kostenloser Theaterjugendclub, zum Teil sehr kontrovers angerende Stücke, die sich mit Kinderarmut, Entscheidung, Auflehnung und damit auseinandersetzt, was die Welt im innersten zusammen hält. Es gibt Projekte, die sich im künstlerischen Rahmen um Politische Dinge drehen (utopia-Zukunftswerkstatt), es gibt einen künstlerischen Leiter dort, der immer wieder neue Initiativen schafft, junge menschen für Theater, Kultur, Politik und Bildung zu begeistern.
Dieses Haus soll geschlossen werden. Warum? Bitte sagen Sie als Begründung nicht die wirtschaftlichen Sparmaßnahmen, sondern beantworten mir die Frage, weshalb diese Sparmaßnahmen nur das Schauspielhaus trifft und das Junge Haus, welches durchweg nur gute Kritiken und Preise gewinnt.
Weshalb haben wir einen Kultursenator, der im Interview sagt, er wolle eine Politik nicht für Intendanten sondern fürs Publikum machen, das Publikum jedoch gar nicht fragt und weshalb haben wir einen Finanzsenator, der allen ernstes fragt, weshalb staatliche Häuser Subventionen brauchen, wo der König der Löwen es doch auch so schafft (1. Nur eine Show, also keine oder geringe Kostüm- und Bühnenbild-Dramturgen etc Kosten; 2. skandalöse Niedrigbezahlung der Mitarbeiter z.B. 6 die Stunde im Vorderhaus, unfreundliche Athosphäse; 3. Alles ist auf konsum und Marketing ausgerichtet, T-Shirts, becher, Flummi etc; die KARTEN kosten für Studenten mit Glück 30 Euro aufwärts). Weshalb werden Kultur, Zusammenarbeit, über 60 Stellen, Tradition (künstlerische, nicht konservative!) und tolles Theater für 1,5 Mio Unterstützung für das Polizeiorchester weggeworfen?
Was passiert da gerade, bitte erklären Sie es mir, Frau Blömeke. Ich bin sehr gespannt.

Liebe Grüße,
Marie Schwesinger

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Schwesinger,

haben Sie vielen Dank, dass Sie Ihre Bedenken und Ihre Kritik über Abgeordnetenwatch an mich gesendet haben. Es ist ein aktuelles Thema und viele Zuschriften von BürgerInnen und Bürgern, die über die Kulturpolitik in Hamburg in Sorge sind, erreichen uns derzeit. Ich möchte Ihnen nachfolgend gerne einiges zu den Einsparungen im Kulturbereich erläutern, gleichzeitig aber darauf hinweisen, dass ich nicht die Fachsprecherin für Kulturpolitik bin. Sollte Ihnen meine Antwort inhaltlich nicht ausreichen (obwohl sie sehr ausführlich ist) und Sie möchten weitere Details wissen, dann wäre es sinnvoll, wenn Sie sich mit Eva Gümbel aus meiner Fraktion in Verbindung setzen. Sie ist die zuständige Fachsprecherin für Kultur.

Der Kulturbereich hat für den schwarz-grünen Senat, aber insbesondere für uns Grüne einen hohen Stellenwert- nicht zuletzt deswegen haben wir auf einer Weiterführung einer eigenständigen Kulturbehörde bestanden.

Warum ist es dann trotzdem zu Kürzungen gekommen? Wir stehen vor der mehr als schwierigen Situation 2011 und 2012 jeweils rund 500 Mio Euro einsparen zu müssen, die in der Folge (2013/14) sogar auf die Sparsumme von 1 Mrd jährlich aufwachsen.. Grund ist hierfür nicht nur die schwierige wirtschaftliche Situation, die auch andere Bundesländer zum Sparen zwingt, sondern auch die Festsetzung der Bundesregierung ab 2020 Investitionen nicht mehr über Schulden zu finanzieren ..

500 Mio Euro jährlich- das ist eine gewaltige Summe, die nur erreicht werden kann, wenn jede Behörde Einsparungen vornimmt. Natürlich kann es dabei auch zu politischen Schwerpunktsetzungen kommen und einige Bereich müssen einen größeren Beitrag als andere leisten. Der politischen Schwerpunktsetzung hat es der Kulturbereich in Hamburg zu verdanken, dass Kultur in der ersten Sparrunde im November 2009 zum Schonbereich erklärt wurde und keinen Sparbeitrag leisten musste. Um dennoch das Einsparziel zu erreichen, wurden andere Fachbereiche mehr belastet und es kam zu Einsparungen bzw. Ausgabenbegrenzungen, die ebenfalls sehr schmerzlich waren. Beispielsweise in meinem Fachbereich die Erhöhung der KITA Gebühren oder die Reduzierung der Rechtsansprüche auf Kinderbetreuung. Ich glaube, dass hier deutlich wird, welchen hohen Stellenwert Kultur für die schwarz-grüne Regierung hat.

In dieser aktuellen Sparrunde und bei der Vorgabe 500 Mio Euro einzusparen gab es jetzt keine Möglichkeit mehr den Kulturbereich zu schonen. Dafür gab es - nach den Entscheidungen zur Begrenzung der Ausgaben im KITA Bereich im letzten Jahr- nun für die KITAs keine weiteren Einsparungen, worüber ich sehr froh bin, weil wir sonst die Familienfreundlichkeit dieser Stadt aufgekündigt hätten.

Zur Kultur:
Im Haushalt der Kultur gibt es drei große Zuwendungsempfänger: die staatlichen Bühnen, die Museen und die Bücherhallen. Alle drei mussten einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten. Die Alternative wäre gewesen auch bei den kleinen Zuwendungsempfänger zu kürzen. Wir haben uns aber politisch gegen eine dortige Kürzung ausgesprochen ,weil es dann zu einer ernsthaften Gefährdung der Stadtteilkultur gekommen wäre und viele kleinere Einrichtungen von Schließung betroffen wären. Ebenso hat sich die Kulturbehörde gegen eine Kürzung nach dem Rasenmäherprinzip entschieden (überall wird eine bestimmte Summe gekürzt), sondern die Sparverpflichtung auf die Ihnen bekannten kulturellen Einrichtungen gelegt.

Das Schauspielhaus ist mit einer Einsparsumme von 1,2 Mio Euro betroffen und die Einsparung an dieser Stelle ist uns schwer gefallen. Dennoch halte ich es -vor allem vor dem Hintergrund, dass das Schauspielhaus immer noch 16,5 Mio Euro jährlich erhält- für zumutbar. Es ist übrigens keine Entscheidung des Senats wohlmöglich das Junge Schauspielhaus zu schließen um den Kürzungen Rechnung zu tragen. Wo das Geld eingespart wird, muss das Schauspielhaus selber entscheiden. Zeitgleich möchte ich darauf hinweisen, dass wir uns als Grüne sehr stark machen werden die geplanten zusätzlichen Einnahmen aus der sogenannten Kulturtaxe auch in das Schauspielhaus zu investieren, so dass ggf die Einsparungen hier ausgeglichen werden. Keinesfalls soll mit den Einnahmen aus der Kulturtaxe nur neue Glanz- Eventkultur finanziert werden. Wir wollen, dass die Mittel auch für den Bestand eingesetzt werden. Hier sind wir noch in einem Entscheidungs- und Umsetzungsprozess.

Im Bereich der Zuwendungsempfänger Museen gibt es den Vorschlag des Senats das Altonaer Museum zu schließen und somit Kosten von rund 3,4 Mio Euro jährlich zu erreichen: das Altonaer Museum ist eines von 10 Museen, die in der Stiftung Historische Museen zusammengefasst sind. Alternativ kann man sich auch hier eine Kürzung nach dem Rasenmäherprinzip vorstellen und jedem Museum eine bestimmte Summe an Zuwendung streichen. Der Senat hat sich hier aber für die Schließung eines Standortes ausgesprochen, um so das Überleben der anderen 9 Museen zu sichern.Wir haben als Grüne diesem Verfahren so zugestimmt.
Die Wahl fiel auf das Altonaer Museum, weil es in seinem Angebot Überschneidungen mit anderen Häusern gibt. Alle drei Schwerpunktthemen des Altonaer Museums sind bereits Schwerpunktthema in anderen Museen. Aus diesem Grund wird selbstverständlich die Sammlung auch erhalten bleiben und auf die anderen Einrichtungen verteilt werden. Ich kann die Entscheidung zur Schließung des Altonaer Museums daher nachvollziehen, bin aber dafür in einen Kulturdialog einzutreten, der ggf mit den Museen noch andere Möglichkeiten auslotet das Einsparziel zu erreichen.

Dritte Säule der Zuwendungsempfänger sind die Bücherhallen. Es erstaunt mich zur Zeit, dass der Protest sich fast ausschließlich mit dem Museum oder dem Schauspielhaus beschäftigt. Aus meiner Sicht sind die Kürzungen bei den Bücherhallen - mit dem großen Aufgabenspektrum, das sie bürgernah vertreten- am schmerzlichsten und ich werde mich auf jeden Fall dafür einsetzen auch hier die Verwendung der Gelder aus der Kulturtaxe zum Ausgleich einzusetzen. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass z.Zt. noch die rechtliche Zulässigkeit der Kulturtaxe geprüft wird.

Sehr geehrte Frau Schwesinger, ich hoffe, dass ich Ihnen erläutern konnte, warum es zu Einsparungen im Kulturbereich gekommen ist und warum die drei großen Zuwendungsempfänger nun weniger Geld erhalten. Ich finde Ihren Protest berechtigt, gerade weil Sie ja auch einen persönlichen Bezug zum Schauspielhaus haben.

Gleichzeitig würde ich mich aber freuen, wenn Sie vielleicht einen Blick über das Schauspielhaus hinaus auf die Gesamtsituation der Stadt werfen. Wir kommen an den Einsparungen nicht herum- es steht in der Verantwortung dieser Regierung hier Maßnahmen zu ergreifen und aus diesem Grund sehe ich es auch als berechtigt an auch in der Kultur zu sparen. Jeder Verzicht hier nicht zu sparen, hätte Auswirkungen auf andere Bereiche. Ich muss Ihnen sagen, dass mir auch gerade die sozialen Bereiche unserer Stadt sehr wichtig sind .Hier gibt es viele Menschen, die auf staatliche Hilfe angewiesen sind- insbesondere auch viele Kinder. Doch diese Menschen haben kaum eine Lobby- jedenfalls habe ich noch nicht erlebt, dass ein Helmut Schmidt (der sich heute für den Erhalt des Altonaer Museums ausgesprochen hat) oder andere Prominente sich für den Erhalt des Blindengeldes, des Sozialtickets, den Mütterberatunsstellen oder der Hilfe zur Pflege einsetzen würden. Hier sehe ich dann auch die Aufgabe der Politik sich für diese Menschen, die keine Lobby haben, einzusetzen und so haben wir es als Grüne auch erreichen können, dass beispielsweise diese Bereiche nicht bespart werden.

Abschließend noch ein Wort zu dem von Ihnen genannten Polizeiorchester. Der Erhalt dieses Orchesters ist nicht in meinem Sinne. Ich war ausdrücklich für die Auflösung und die Verwendung der 1,5 Mio Euro an anderer Stelle. Diese Meinung teilt meine gesamte Fraktion und vor allem die zuständige Fachsprecherin mit mir. Hier hat der Bürgermeister von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht und die steht höher als jeder Beschluss der Koalition. Ich kann Ihnen in diesem Punkt der Kritik also nur beipflichten.

Freundliche Grüße

Christiane Blömeke