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Christian Ranft
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Frage von toni m. •

Frage an Christian Ranft von toni m. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Alle europaeischen Staaten transferieren nationale Souverinitaet zur EU-Kommision, zum Teil entgegen bestehender Artikel in den Verfassungen dieser Staaten. Deutschland hat zwar keine Verfassung, aber im Grundgesetz ist ein aehnliches Prinzip verankert.. Das Ziel des "europaeischen Einigungsprozesses" ist eine Zentralregierung, was im direkten Widerspruch zur Idee des Nationalstaates steht. Man sieht am Beispiel der Ukraine dass die EU nicht nur friedliche Ziele verfolgt, sondern mit den USA kollaboriert - zum Teil gegen die Interessen der eigenen Mitgliedsstaaten. Wie stehst Du zur EU und der Abschaffung nationaler Souveraenitaet?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Die EU ist nach den Menschenrechten von 1949 das größte und erfolgreichste Friedensprojekt der Menschheitsgeschichte; die Entartung aber, die wir in ihr seit Jahrzehnten erleben müssen, ist eine Katastrophe.

Das Maß an Inkompetenz, wahrscheinlicher, aber vorsätzlicher Fehlentscheidungen zugunsten von Großkonzernen (Stichworte Privatisierung und Umverteilung von unten nach oben), dem bürokratischen Wasserkopf (Anzahl und Gehälter von EU-Beamten) sowie westlicher Hegemonie zulasten der Bürger in der EU, vor allem aber zulasten der Menschen in weniger entwickelten Ländern sprengt jede Vorstellungskraft.

Grundsätzlich unterstütze ich föderale Entwicklungen unter Beachtung der Prinzipien von Subsidiarität (politische Entscheidungen auf möglichst niedriger Ebene zu fällen), kultureller Autonomie (regionale Unabhängigkeit zum Schutz von Traditionen, kultureller Identität und Vielfalt) sowie demokratischer Legitimation (Volksabstimmungen insbesondere bei Abgabe von staatlichen Kompetenzen an eine höhere Ebene). Gerade diese Grundprinzipien einer demokratischen Föderation werden aber systematisch missachtet und verletzt.

Deutschland hat 25 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch keine Verfassung, die vom deutschen Volk legitimiert wurde.
Europas Versuch einer supranationalen Verfassung scheiterte u.a. an den Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden.
Eine Volksabstimmungen zur EU ist mit CDU/CSU oder SPD nicht denkbar. Mit unverschämter Ignoranz wird uns deutschen Bürgern die Kompetenz abgesprochen hier richtige Entscheidungen zu fällen.

Offensichtlich versagen viele Politikern daran, Chancen und Nutzen einer friedlichen Zusammenarbeit zu erkennen, zu erklären und umzusetzen. In Zeiten globaler Krisen und weltweiter Zerstörung unserer Lebensgrundlagen (Luft, Wasser, Boden,...) bedarf es dringend internationaler Kooperation und weltweit gültiger Grundsätze. Von Deutschland könnte nach 40 Jahren Trennung mittels einer vom Volk legitimierten Verfassung ein besonderes Signal ausgehen: der dritte Weg zwischen staatlicher Koordination (Lebensgrundlagen und individueller Grundsicherung) und effizienter Marktwirtschaft (Konsum- und Luxusgüter)! Ebenso kann Europa mit seiner großen kulturellen Vielfalt und der Chance, sich dennoch zu einem großen Ganzen zusammenzuschließen, für die Welt vorzeichnen, wie sich verschiedenste Länder zur Sicherheit und Wohlstand aller weltweit zusammenschließen.

Eine solche weltweite Zusammenarbeit aller Länder zum Wohl aller Menschen und des Planeten ist längst überfällig. Unsere Erde hält diesen globalen Bürgerkrieg um Rohstoffe, Land und Ideologien nicht mehr lange aus! Vor diesem Hintergrund lehne ich ein stures Festhalten an nationalstaatlicher Souveränität ab und befürworte die konsequente Zusammenarbeit und Zusammenführung von Ländern, Staaten, Nationen bis hin zu Kontinenten, damit Menschenrechte und der Schutz unserer Lebensgrundlagen endlich auf dem ganzen Planeten umgesetzt werden können.

Das Verhalten der EU, das wir stattdessen u.a. hinsichtlich des ukrainischen Bürgerkriegs beobachten müssen, zeugt von teuflischer Doppelmoral. Wie schnell waren französische Bomber in der Luft, als Gaddafi in Libyen gegen libysche Demonstranten vorging? In Libyen herrscht heute Bürgerkrieg. Und wie lange unterstützen wir jetzt schon ein teils faschistisches Regime in der Ukraine, das zulässt, wie Gewerkschafter bei lebendigem Leib verbrannt werden (Katastrophe von Odessa), und das nun schon seit Monaten mit Raketenwerfern, Artillerie und Mörsern ganze Städte bombardiert?

Unsere Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel sorgt mit ihrem Tun und noch viel öfter mit ihrem Nicht-Tun für eine Spaltung des europäischen Friedensprojekts, lässt zu, dass medial ganze Völker gegeneinander aufgehetzt werden (siehe Ansehen Deutsche<->Griechen vor und nach dem Zenit der Finanzkrise), einer Erstarkung ultranationalistischer Kräfte in ganz Europa und steuert uns geradewegs in einen militärischen Konflikt mit Russland, auf westlicher Seite geführt von den USA, umgesetzt mittels NATO. Diese Art "europäischer" Politik verachte ich zutiefst.