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Cem Özdemir
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Frage von Stefan M. •

Frage an Cem Özdemir von Stefan M. bezüglich Umwelt

Guten Tag
Ich wüßte gerne wie man plant, der erheblichen Umweltbelastung durch die niedrigen Flugpreise zu begegnen?
Ich könnte mir vorstellen, daß man nach geflogener Strecke gestaffelte Umweltabgaben zusätzlich zum Ticketpreis einführt.
Das könnte dann z.b. so aussehen, daß Flüge
- bis 1500 Meilen eine Umweltabgabe von z.b. 300 Euro
- 1500-3000 Meilen eine Umweltabgabe von z.b. 600 Euro
- ab 3000 Meilen eine Umweltabgabe von z.b. 900 Euro
bedeuten.
Diese könnte von der Airline gleich im Buchungsprozess eingezogen und dann direkt an den Staat abgeführt werden. Die dadurch eingenommenen Summen könnten direkt in staatliche Umweltprojekte (Solarparks, Windparks, Umschulungen zu nachhaltigen Arbeitsplätzen) investiert werden.
1. Dadurch würde das Flugaufkommen vermutlich deutlich zurückgehen, da die Städtetrips am Wochenende für ein Paar mit einem Mal 600 oder 1200 Euro teurer werden und man würde einem Flug endlich mal wieder einen tatsächlichen Wert geben.

2. Es wäre Geld für Investitionen in nachhaltige Projekte und Forschung da.

3. Und, für Berlin gesprochen, wäre der BER überflüssig, da die Kapazitäten von Tegel und Schönefeld mit einem Mal wieder vollkommen ausreichend wären.

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft spricht in einer Pressemitteilung vom 02.08.19 hingegen von der Entwicklung CO2 neutraler Treibstoffe (Power to Liquid). Das klingt heute jedoch noch eher nach Zukunftsmusik. Wir brauchen aber heute die Maßnahmen, wenn wir die Pariser Klimaziele noch irgendwie erreichen wollen.

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Sehr geehrter Herr M.,

vielen Dank für Ihre Nachricht und dafür, dass Sie sich Gedanken machen, wie wir ökologische Lenkungswirkungen im Flugverkehr besser gestalten können. Denn klar ist: Aktuell spiegeln die Flugpreise die ökologischen Folgekosten fürs Klima nicht einmal ansatzweise wider. Um das zu ändern, müssen wir zum einen damit beginnen, die klimaschädlichen Subventionen im Flugverkehr abzubauen, damit diejenigen belohnt werden, die sich klimafreundlicher verhalten, und nicht andersherum. Zum anderen brauchen wir aus unserer Sicht einen CO²-Preis, der eine ökologische Lenkungswirkung erzeugt, und dadurch klimafreundliche Verkehrsträger wie die Eisenbahn im Wettbewerb mit dem Flugverkehr stärkt. Das durch Abbau der Subventionen zusätzlich vorhandene Steuergeld wollen wir für dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur der Schiene verwenden, um so für bessere Alternativen zum Flugzeug zu sorgen.
Ich stimme Ihnen auch zu, dass der Weg zu klimaneutralem Flugverkehr noch ein sehr weiter ist, trotzdem müssen wir hier weiter intensiv Forschung und Entwicklung fördern. Zwar müssen und wollen wir Kurz-und Mittelstreckenflüge so gut es geht mithilfe einer ökologischen Lenkungswirkung und einer Eisenbahnoffensive (europaweit!) reduzieren, um die Klimabelastung deutlich herunterzufahren. Aber für viele Strecken werden wir auch in Zukunft nicht auf das Fliegen verzichten können. Schließlich haben wir auch ein Interesse daran, dass Menschen sich austauschen, treffen und miteinander handeln können – egal, wie weit sie voneinander entfernt leben.
Daher braucht es klimafreundliche Kraftstoffe überall dort, wo es keine gute Alternative zum Fliegen gibt, und mit dem richtigen Investitionsrahmen muss das auch keine Zukunftsmusik bleiben. Entscheidend ist aber, dass wir uns trauen, diesen Rahmen und die notwendigen Leitplanken auch tatsächlich so zu setzen, dass diejenigen profitieren, die auf klimafreundliche Technologien setzen.

Mit freundlichen Grüßen
Cem Özdemir

 

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